Villa Kamecke
Die Villa Kamecke, auch Loge Royal York genannt, war eine zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Andreas Schlüter errichtete barocke Villa an der Dorotheenstraße in Berlin. Nach schwersten Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden die Reste 1950 beseitigt.
Das Bauwerk
Das Gartenhaus für Ernst Bogislav von Kameke hatte Andreas Schlüter entworfen und es 1711/1712 in dessen privatem Lustgarten in der Dorotheenstadt in der Letzten Straße erbaut. Schlüters letztes Berliner Bauwerk mit reichem Figuren- und Fassadenschmuck von eigener Hand galt als „ein Meisterwerk des späten norddeutschen Hochbarocks“.[1] Das zeitgenössisch als Lust-Hauß bezeichnete flachdachige Gebäude von elf Achsen war eingeschossig mit niedrigem Attikageschoss und hatte einen zweigeschossig geschwungen – zur Straße vorspringenden – dreiachsigen Mittelbau. Auf dessen Dach standen zur Straße und zum Garten jeweils vier Statuen. Zum Garten hin öffnete sich ein durch die beiden Stockwerke des Mittelbaus führender Saal.[2]
Lage und Eigentümer
Das Lusthaus befand sich zurückgesetzt von der Straße auf einem Grundstück gegenüber der Dorotheenstädtischen Kirche. Hinter der Villa erstreckte sich ein parkartig gestalteter Garten mit künstlichem Hügel, Fontäne und einem „Salon von hohen Kastanien und Ulmen“, der zum Spreeufer abfiel, wo er mit einer „prächtigen Balustrade mit Putten“ endete.[3] Das östlich von der Neustädtischen Kirchstraße begrenzte Grundstück war eines der westlichsten nahe der Berliner Festungsmauer. Zuerst Werftgelände, war es 1695 in den Besitz Daniel Ludolf von Danckelmans gekommen, dessen Erben es 1711 an Kamecke verkauften. Von Kameckes Erben erwarb Johann Ernst Gotzkowsky 1746 die Villa. Nach mehrfachem Eigentümerwechsel war sie von 1779 Sitz der Loge Royal York bis zu deren Auflösung im Jahre 1935.
Die Nutzungsänderungen des wohl schon vor Gotzkowskys Zeit zu einem städtischen Wohnhaus gewordenen Gartenhauses hatten einschneidende Umbauten seines Innern zur Folge. Die Abgabe eines Streifens entlang der Neustädtischen Kirchstraße zwecks Bebauung verkleinerte das Grundstück erheblich und die Durchlegung des Reichstagufers im 19. Jahrhundert schnitt es von der Spree endgültig ab. Nach beiderseitigen Anbauten in den Jahren 1881–1883 durch die Architekten Ende & Böckmann stand die Villa Kamecke nicht mehr frei.
Der Untergang der Villa Kamecke
Im Zweiten Weltkrieg brannte das Innere infolge eines alliierten Bombenangriffs im November 1943 aus. Erhalten blieben die Außenmauern mit dem gesamten Fassadenschmuck Schlüters. Im August 1945 standen nur noch die Gartenfassade und die Mauern des Saals.[4] Die vor der Sprengung der Ruine im Jahre 1950 vom Dach des Mittelbaus abgenommenen vier Figuren sind seit 1953 in der Kameckehalle im Bode-Museum ausgestellt.[5] Einige andere plastische Überreste kamen ins Märkische Museum.[6] Das Grundstück der Villa ist in die Fläche des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung integriert und überbaut.[7]
Weblinks
- historische Aufnahmen im Bildarchiv Foto Marburg
- Katharina Dudey: Wo wann was – Video, 2010
- Abbildung der Straßenseite in einer Dokumentation der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: →
- Abbildung des Grundrisses in einer Dokumentation der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg: →
Einzelnachweise
- Götz Eckardt(Hrsg.): Schicksale deutscher Baudenkmale im zweiten Weltkrieg. Eine Dokumentation der Schäden und Totalverluste auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik. Band 1. Berlin – Hauptstadt der DDR, Bezirke Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Potsdam, Frankfurt/Oder, Cottbus, Magdeburg, Henschel Verlag, Berlin 1980, S. 36 (mit Abbildung).
- Ausführliche Beschreibung des Baus bei Richard Borrmann: Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin. Mit einer geschichtlichen Einleitung von P. Clausewitz, Verlag von Julius Springer, Berlin 1893, S. 344–346.
- Zur Geschichte des Gartens siehe Folkwin Wendland: Berlins Gärten und Parke von der Gründung der Stadt bis zum ausgehenden neunzehnten Jahrhundert, Propyläen, Berlin 1979, ISBN 3-549-06645-7, S. 72–75. Dort auch die Zitate und die zeitgenössische Bezeichnung Lust-Hauß.
- Nach einem Bericht Hans Scharouns, in Faksimile bei Bernd Maether: Die Vernichtung des Berliner Stadtschlosses. Eine Dokumentation, Berlin Verlag Arno Spitz, Berlin 2000, ISBN 3-8305-0117-X, S. 151.
- Hans-Ulrich Engel und Hans-Joachim Schlott-Kotschote (Hrsg.): Fontane damals und heute. Eine Auswahl aus den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ mit ergänzenden Berichten, der bisher nicht veröffentlichten Einleitung zu einer „Geschichte des Ländchens Friesack“ und einem Verzeichnis der vom Standpunkt der Denkmalpflege bedeutenden Kirchen und Herrenhäuser der ehemaligen Provinz Brandenburg und Berlins nach dem Stand vom 1. April 1958, Verlag für internationalen Kulturaustausch, Berlin-Zehlendorf 1958, S. 236.
- Darunter befinden sich zwei eiserne Vasen aus dem Garten, siehe dazu Walter Stengel: Blumen. Quellen-Studien zur Berliner Kulturgeschichte, Märkisches Museum, Berlin 1952, S. 5.
- Geschichte des Ortes und des Gebäudes. Der Gebäudekomplex des Presse- und Informationsamtes, bmub.bund.de, abgerufen am 2. März 2016.