Vikariatsmünzen Johann Georgs II. (Sachsen)
Vikariatsmünzen Johann Georgs II. sind Gedenkmünzen, die der Kurfürst von Sachsen als Reichsvikar nach dem Tod Kaiser Ferdinands III. (1637–1657) in den Jahren 1657 und 1658 prägen ließ. Die Vikariatsmünzen Johann Georgs II. (1656–1680) sind 1-Dukaten-Stücke bis zum 20-fachen Dukaten und 1⁄8 Reichstaler bis zum vierfachen breiten Reichstaler. Außerdem sind auch Dicktaler und halbe Dicktaler bekannt.[1]
Münzgeschichtliche Zusammenhänge
Für die Zeit vom Tod des Kaisers bis zur Krönung seines Nachfolgers hatte die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. aus dem Jahr 1356 das Reichsvikariat zwei Kurfürsten zugesprochen.[2] In dieses teilten sich die Kurfürsten von Sachsen und die rheinischen Pfalzgrafen. In den Jahren 1612 bis 1792 wurden in acht Vikariatsfällen sächsische Vikariatsmünzen geprägt.[3]
Nach dem Tod des Kaisers Ferdinand III. am 2. April 1657 übernahm der sächsische Kurfürst Johann Georg II. das ihm zustehende Amt des Reichsverwesers, bis unter seiner persönlichen Mitwirkung Erzherzog Leopold, König von Ungarn und Böhmen, am 18. Juli 1658 in Frankfurt am Main zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt wurde. Die Kaiserkrönung Leopolds erfolgte am 1. August 1658 im Kaiserdom St. Bartholomäus. Danach erlosch das Amt des Reichsverwesers wieder.[4]
Die zu diesem Anlass geprägten Vikariatsmünzen Johann Georg II. sind ähnlich denen seines Vaters Johann Georgs I. (1611–1656) ausgeführt. Statt der Inschrift Pro Lege et Grege (für Gesetz und Volk) wurde Deo et Patriae (für Gott und Vaterland) verwendet.
Von den 1657 geprägten Münzen gibt es zwei Fassungen, die sich durch den Beginn der Umschrift DEO ET PATRIAE unterscheiden. Sie beginnt entweder beim Hinterteil oder am Kopf des Reitpferdes.[5][6] Die erste Fassung mit der am Pferdeschwanz beginnenden Umschrift war für die orthodoxen Theologen untragbar und musste auf die zweite geändert werden.[7]
Der Polyhistor Wilhelm Ernst Tentzel bezeichnet in seiner Saxonia Numiismatica die erste Fassung der Taler als sonderlich,
„weil das Wort DEO hinter dem Pferde stehet; welches denen Wiederwärtigen unserer Religion zulästern und zuspotten Anlaß gegeben / so gar / das der Auctor des offt- gedachten Frantzösischen Catalogi sie als ärgerlich genug beschreibet. Man hat sie aber unserer seits gleich geändert / und nicht allein die Thaler / sondern auch die grösseren und kleineren Vicariat-Münzen also eingerichtet /daß DEO vor dem Pferde stehet.“[8]
Auch Johann David Köhler erklärt, dass man sich wegen „dieser Stellung sehr geärgert“ hat und stellt die beiden Sorten in seiner Münzbelustigung zum Vergleich nebeneinander:[9]
Die Stempeländerung aller Vikariatsmünzen erfolgte noch im Todesjahr Ferdinands III. Die als ärgerlich empfundenen Vikariatsmünzen sind daher seltener.
Anmerkung: Johann Georg II. übernahm das Reichsvikariat neben dem Kurfürsten von Bayern, Ferdinand Maria, der das Amt des Reichsverwesers für Süddeutschland ausübte. Johann Georg hatte in den Streitigkeiten zwischen den Kurfürsten von Bayern und der Pfalz, Ferdinand Maria von Bayern als den berechtigten Mitverweser anerkannt.[10] Es war aber noch nicht geklärt, wer zur Ausübung des Vikariats für Süddeutschland berechtigt ist. Der bayerische Kurfürst hatte den alten Platz des Kurfürsten von der Pfalz eingenommen. Der mit der achten Kur abgefundene Pfälzer konnte auf seine in der Goldenen Bulle verbrieften Rechte verweisen. Karl Ludwig von der Pfalz und Ferdinand Maria von Bayern ließen ebenso wie Johann Georg II. als Reichsvikare Vikariatsmünzen prägen.[11]
Münzbeschreibung
Die Vikariatsmünzen in Gold und Silber erhielten, von geringen Unterschieden im Detail abgesehen, ein einheitliches Münzbild. Die Münzbeschreibung ist auf den nebenstehenden Vikariatstaler von 1658 bezogen.
Der Vikariatstaler ist ein Reichstaler des Kurfürsten Johann Georgs II. mit dem Münzmeisterzeichen Eichel am Stiel des Dresdner Münzmeisters Constantin Rothe. Die Stempel schnitt der Eisenschneider Johann Caspar Höckner, der von 1654 bis 1671 in Dresden tätig war. Der Vikariatstaler gehört zur zweiten Sorte mit DEO... vor dem Kopf des Pferdes.
Der silberne Taler stammt wie alle anderen Vikariatsmünzen Johann Georgs aus der Münzstätte Dresden, hat einen Durchmesser von 45 mm (Breiter Taler) und wiegt 29,08 g.
Vorderseite
Die Vorderseite zeigt den Kurfürst zu Pferd im Kurornat mit geschultertem Kurschwert auf einer Blumenwiese. Unten befindet sich das gespaltene ovale Wappen von Kursachsen.
- Umschrift: DEO ET – PATRIӔ 1658
- Übersetzung: Für Gott und Vaterland.
Rückseite
Die Rückseite zeigt 12 Zeilen Text und das Münzmeisterzeichen Eichel am Stiel. Der Kurfürst ist mit seinem vollständigen Titel angegeben. (Text nach Walther Haupt[12])
- Inschrift: D(ei) • G(ratia) • / IOHAN(nes) • GEORG(ius) • II • / DUX • SAX(oniae) • I(uliaci) • C(liviae) • & MONT(ium) • / S(acri) • R(omani) • IMP(erii) • ARCHIM(arschallus) • ELECT(or) / ATQ(ue) • POST • EXCESS(um) • DIV(i) • IMP(eratoris) / FERDIN(andi) • III • AUG(usti) • VICARI(us) / LANDG(rafius) • THUR(ingiae) • MAR(chio) • MIS : / NIÆ • SUP(erioris) • & INF(erioris) • LUSATIÆ / BURGG(rafius) • MAGD(eburgensis) . COM(es) • DE / MARC(a) • & RAVENSB(erg) • / DOM(inus) • IN RAVEN : / STEIN •
- Übersetzung: Von Gottes Gnaden Johann Georg II. Herzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, des Heiligen Römischen Reiches Erzmarschall, Kurfürst und nach dem Hinscheiden des verewigten erhabenen Kaisers Ferdinand III., Reichsverweser, Landgraf von Thüringen, Markgraf von Meißen, der Ober- und Niederlausitz, Burggraf von Magdeburg, Graf von Mark und Ravensberg, Herr in Ravenstein.
Siehe auch
- Sächsische Münzgeschichte
- Vikariatsmünzen (Sachsen)
- Vikariatsmünzen (Pfalz und Bayern)
- Taler auf die Verleihung des Hosenbandordens und auf das St. Georgenfest Johann Georgs II.
- Wechseltaler Johann Georgs II.
- Erbländischer Taler Johann Georgs II.
- Schautaler zur Grundsteinlegung der Kapelle im Schloss Moritzburg bei Dresden Johann Georgs II.
Literatur
- Walther Haupt: Sächsische Münzkunde. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1974
- Julius Erbstein, Albert Erbstein: Erörterungen auf dem Gebiete der sächsischen Münz- und Medaillen-Geschichte bei Verzeichnung der Hofrath Engelhardt’schen Sammlung, Dresden 1888
- Heinz Fengler, Gerd Gierow, Willy Unger: transpress Lexikon Numismatik, Berlin 1976
- Friedrich von Schrötter, N. Bauer, K. Regling, A. Suhle, R. Vasmer, J. Wilcke: Wörterbuch der Münzkunde, Berlin 1970 (Nachdruck der Originalausgabe von 1930)
- Helmut Kahnt: Das große Münzlexikon von A bis Z., Regenstauf 2005
- Lienhard Buck: Die Münzen des Kurfürstentums Sachsen 1763 bis 1806, Berlin 1981, S. 200
- Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica oder Medaillen-Cabinett von Gedächtnismünzen und Schaupfennigen welche die Chur- und Fürsten der albertinischen Linie haben prägen und verfertigen lassen, Dresden, Frankfurt, Gotha 1714. 2. Buch, 3. Teil (Reprint Transpress Verlag, Berlin 1981), S. 532 bis 537
- Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica oder Medaillen-Cabinett von Gedächtnismünzen und Schaupfennigen welche die Chur- und Fürsten der albertinischen Linie haben prägen und verfertigen lassen, Dresden, Frankfurt, Gotha 1714. 3. Buch (Reprint Transpress Verlag, Berlin 1981), Tab. 53. p. 533
Einzelnachweise
- Walther Haupt: Sächsische Münzkunde (1974), S. 167; 239
- Lienhard Buck: Die Münzen des Kurfürstentums Sachsen 1763 bis 1806 (1981) S. 200
- Walther Haupt: Sächsische Münzkunde (1974), S. 167
- Julius Erbstein, Albert Erbstein: Erörterungen auf dem Gebiete der sächsischen Münz- und Medaillen-Geschichte (1888), S. 200.
- coinarchives: Vikariatstaler mit DEO am Schwanz des Pferdes
- Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica, Dresden, Frankfurt, Gotha (1714), 3. Buch, Tab. 53. p. 533
- Walther Haupt: Sächsische Münzkunde (1974), S. 167: Änderungsgrund
- Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica, Dresden, Frankfurt, Gotha (1714). 2. Buch, 3. Teil S. 533/534
- Johann David Köhler: Münzbelustigung, Band 2, 13. Stück, S. 97 (1730)
- Julius Erbstein, Albert Erbstein: Erörterungen auf dem Gebiete der sächsischen Münz- und Medaillen-Geschichte (1888), S. 200
- acsearch: Auch Karl Ludwig von der Pfalz ließ Vikariatsmünzen prägen.
- Walther Haupt: Sächsische Münzkunde (1974) S. 265