Johann David Köhler
Johann David Köhler (auch Köler; * 18. Januar 1684 in Colditz; † 10. März 1755 in Göttingen) war ein deutscher Historiker, Numismatiker und Heraldiker.
Leben
Köhler wurde als Sohn des evangelisch-lutherischen Diakons Johann Christoph Köhler (1653–1695) und dessen Ehefrau Rosina († 1695) in Sachsen geboren. Nach beider Tod zog er zu seinem Onkel Christian Lehmann, Superintendent in Annaberg, wo er zunächst von Hauslehrern unterrichtet wurde. 1697 bezog er die Fürstenschule in Meißen und erwarb dort die Voraussetzungen, um ein Studium zu beginnen. Am 28. April 1703 ging er an die Universität Wittenberg, wo er ein Studium der Theologie beginnen wollte. Jedoch kam er mit den Vertretern der lutherischen Orthodoxie nicht klar, so dass er ein Studium der Philologie und Geschichte verfolgte. Unter der Leitung von Konrad Samuel Schurzfleisch widmete er sich dem klassischen Altertum und erwarb am 17. Oktober 1704 den akademischen Grad eines Magisters der Philosophie.
Im Großen Nordischen Krieg wurde auch Wittenberg in diesen involviert. Daher sah er sich genötigt, seine bisherige Heimat zu verlassen und fasste den Entschluss, an die Universität Straßburg zu gehen. Auf dem Weg dorthin bereiste er auch andere Universitätsstädte. So besuchte er unter anderem die Universität Altdorf, wo er sich 1707 das Recht erwarb, Vorlesungen zu halten. Durch den Kontakt mit Daniel Wilhelm Moller machte er sich mit der Numismatik vertraut und ihm wurde eine außerordentliche Professur in Altdorf angeboten, die er jedoch nicht annahm.
Stattdessen arbeitete er 1707/1709 als Informator und Übersetzer bei dem schwedischen Gesandten Henning von Stralenheim in Breslau und der von ihm geleiteten schwedischen Kommission zur Durchsetzung der Altranstädter Konvention und übernahm die Bearbeitung der in lateinischer Sprache geführten Korrespondenz mit dem kaiserlichen Hof in Wien. Über Regensburg gelangte er mit Stralenheim nach Zweibrücken, wo er sich mit Genealogie beschäftigte. 1710 erhielt Köhler einen Ruf auf die Professur der Logik an der Altdorfer Hochschule, die er im Mai 1711 antrat. 1714 wechselte er auf die Professur der Geschichte und entfaltete in dieser Position eine umfangreiche literarische Tätigkeit. Ab 1726 war er auswärtiges Mitglied der Königlich Preußischen Sozietät der Wissenschaften. Nachdem er mehrere Berufungen an verschiedene Universitäten ausgeschlagen hatte, folgte er 1735 einem Ersuchen der neu gegründeten Universität Göttingen als Professor der Geschichte, wo er bis zu seinem Tod 20 Jahre mit der Hochschule verbunden blieb.
Am 14. Januar 1737 wurde Johann David Köler mit dem Beinamen Herodotus als Mitglied (Matrikel-Nr. 467) in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen.
Johann David Köhler hat vor allem als Historiker Spuren in den Hilfswissenschaften der Geschichte hinterlassen. So stand er in Verbindung mit dem Melker Benediktinermönch Hieronymus Pez und war korrespondierendes Mitglied der Societas incognitorum im mährischen Olmütz. Als sein Hauptwerk wurde das auf dem Gebiet der Numismatik liegende, 22 Bände umfassende Werk „Historische Münzbelustigungen“ bekannt. Zudem hat er eine Vielzahl von Programmen und Aufsätzen verfasst, die sich meist mit der deutschen Geschichte beschäftigen. Auch war er als Herausgeber von Marquard Frehers „Directorium historicum“ und der „Noticia Procerum“ von Jacob Wilhelm Imhoff (1651–1728) sowie von Werken anderer Autoren in Erscheinung getreten. Außerdem hat er den in Vergessenheit geratenen Erfinder des europäischen Buchdrucks mit beweglichen Lettern, Johannes Gutenberg in einer auf Quellenstudium beruhenden „Ehrenrettung“ in seiner Bedeutung für die Erfindung rehabilitiert.
Köhler war zweimal verheiratet. Seine Ehefrau aus erster Ehe von 1711 starb bereits 2½ Jahre nach der Hochzeit bei der Geburt des ersten Kindes, welches am Tag darauf ebenfalls verstarb. Mit seiner zweiten Frau Sophia Christina geb. Leonhardt hatte er 14 Kinder. Sein Sohn Johann Tobias Köhler (1720–1768) trat ebenfalls in seine Fußstapfen und wurde Professor in Göttingen.
Er war ab 1734 Mitarbeiter an der Neuausgabe des Johann Siebmacher. Sein Beitrag waren das Vorwort zum Buch und drei Supplemente.[1]
Schriften (Auswahl)
- Schlesische Kern-Chronicke/ Oder Kurtze jedoch gründliche Geographisch- Historisch und Politische Nachricht von dem Hertzogthum Schlesien. Johann Leonhard Buggel, Nürnberg 1710, (Digitalisat).
- Der Schlesischen Kern-Chronicke Anderer Theil/ Oder Fortgesetzte und mehr-ausgeführte Nachricht Von Schlesischen geist- und weltlichen/ alten und neuen Geschichten/ Privilegien/ Rechten/ Freyheiten/ Clöstern/ wunderthätigen Gnaden-Bildern der Mutter GOttes/ vornehmen gelehrten und berühmten Leuten/ Bibliothecken/ weiterer Execution der Alt-Ranstädtischen Convention, und andern dergleichen &c. Johann Leonhard Buggel, Frankfurt am Main u. a. 1711, (Digitalisat).
- Historia genealogica dominorum et comitum de Wolfstein. Riegel, Frankfurt am Main u. a. 1726, (Digitalisat).
- Bequemer Schul- und Reisen-Atlas Aller zu Erlernung der Alten / Mittlern und Neuen Geographie dienlichen Universal- und Particular-Charten. Christoph Weigel, Nürnberg 1719, (Digitalisat).
- Anleitung zu der verbesserten Neuen Geographie/ vornemlich zum Gebrauch Der Weigelischen Land-Charten. Christoph Weigel, Nürnberg 1724, (Digitalisat).
- Im Jahr 1729 wöchentlich herausgegebener historischer Münz-Belustigung. Erster Theil. Christoph Weigels Witwe, Nürnberg 1729, (Digitalisat).
- Johann David Köhlers, p.p. jm Jahr 1741. wöchentlich heraus gegebener historischer Münz-Belustigung dreyzehender Theil, darinnen allerhand merkwürdige und rare Thaler, Ducaten, Schaustücken, und andere sonderbahre Gold- und Silber-Münzen von mancherley Alter, zusammen LXIII. Stücke, richtig in Kupfer gestochen, beschrieben, und aus der Historie umständlich erkläret werden. Nebst einer dienlichen Nachricht von den Hannibalschen und Rochischen Medaillen, statt der Vorrede (Digitalisat)
- Johann David Köhlers, p.p. jm Jahr 1742. wöchentlich heraus gegebener historischer Münz-Belustigung vierzehender Theil, darinnen Thaler, Ducaten, Schaustücken und andere sonderbahre Gold- und Silber-Münzen von mancherley Alter, zusammen LXIII. Stücke, richtig in Kupfer gestochen, beschrieben, und aus der Historie umständlich erkläret werden. Nebst der eilften Fortsetzung des Entwurffs von einer vollständigen Thaler-Collection, in der Vorrede (Digitalisat)
- Kurtze und gründliche Anleitung zu der Alten und Mittlern Geographie. Christoph Weigels Witwe, Nürnberg 1730, (Digitalisat).
- Hochverdiente und aus bewährten Urkunden wohlbeglaubte Ehren-Rettung Johann Guttenbergs. Fritsch, Leipzig 1741, (Digitalisat).
Literatur
- Johann Gabriel Doppelmayr: Historische Nachricht Von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern. Peter Conrad Monath, Nürnberg, 1730, S. 278.
- Friedrich von Hagen: Nürnberger Verleger kartographischer Produkte vom späten 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Michael Diefenbacher, Markus Heinz, Ruth Bach-Damaskinos: „auserlesene und allerneueste Landkarten“. Der Verlag Homann in Nürnberg 1702–1848 (= Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg. 14). Tümmels, Nürnberg 2002, ISBN 3-925002-84-7, S. 48–61, hier S. 52.
- Detlev Hölscher: Johann David Köhler, 1684–1755. Porträt eines bedeutenden Numismatikers des 18. Jahrhunderts. In: Münzen Revue. Jg. 26, H. 6, 1994, ISSN 0254-461X, S. 728–737.
- Johann Daniel Ferdinand Neigebaur: Geschichte der kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher während des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens. Friedrich Frommann, Jena 1860, S. 215.
- Thomas Nicklas: Johann David Köhler (1684–1755), Historiker. In: Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte. Reihe 7, A: Fränkische Lebensbilder. Bd. 16, 1996, ISSN 0435-8198, S. 79–93.
- Thomas Nicklas: Der Historiker Johann David Köhler (1684–1755) und die Geschichte des gräflichen Hauses Wolfstein. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. 135, 1995, S. 77–83, (Digitalisat (PDF; 1,5 MB)).
- Heinrich Wilhelm Rotermund: Fortsetzung und Ergänzungen zu Christian Gottlieb Joechers Allgemeinem Gelehrten-Lexiko. Band 3. Jöntzen, Delmenhorst 1810, Sp. 623–624.
- Franz Xaver von Wegele: Köhler, Johann David. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 442 f.
- Georg Andreas Will: Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon. Teil 2: H – M. Lorenz Schüpfel, Nürnberg u. a. 1755, S. 304–314.
Weblinks
- Mitgliedseintrag von Johann David Köler bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina
- Literatur von und über Johann David Köhler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Johann David Köhler in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Astronomie in Nürnberg
- Forschungsprojekt Historische Tabellenwerke
- Köhler-Haus in Colditz (PDF-Datei; 772 kB)
- Biographie und Porträtdarstellungen
- Johann David Köhler und der Beginn der wissenschaftlichen numismatischen Zeitschrift
Einzelnachweise
- Gert Oswald: Lexikon der Heraldik. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1984, ISBN 3-411-02149-7.