Venier
Die Venier (auch im Plural als Venieri oder weiblich als Veniera bezeichnet) sind eine venezianische Patrizierfamilie. Sie spielte eine bedeutende Rolle in den venezianischen Kolonien und stellte drei Dogen von Venedig. Die Familie wird daher zu jenen 16 Geschlechtern gezählt, die als die „herzoglichen Häuser“ (case nuove ducali) bezeichnet werden (siehe: Patriziat von Venedig), obgleich sie diesen Rang nicht erblich, sondern nur in der jeweiligen Person des Wahlherzogs besaßen. 1857 wurde die Familie in den österreichischen Grafenstand erhoben.
Geschichte
Die Familie ist eine der ältesten der Stadt Venedig. Einer Überlieferung zufolge stammt die Familie ursprünglich aus Vicenza.[1] Die bei alten italienischen Familien nicht selten anzutreffende (meist in der Renaissance entstandene) und auf die Antike zurückgreifende Abstammungslegende sieht in ihr Nachfahren der gens aurelia.[2] Die Venier treten jedoch spätestens im 11. Jahrhundert urkundlich in Erscheinung und gehörten zu den „neuen Familien“, den case nuove (siehe: Patriziat von Venedig). Ihre Hauskirche war seit dem 11. Jahrhundert San Zan Degolà.
Nach dem Vierten Kreuzzug erhielten sie die Herrschaft über die griechischen Inseln Kythira und Paros und, zusammen mit den Geschlechtern derer von Martinengo und Lion, die Burgen von Zemunik Donji in Dalmatien und Sanguinetto in Venetien.[3] Die Gemeinde Vinjerac (Italienisch: Castel Venier) in Dalmatien war seit 1409 als Eigentum der Familie urkundlich belegt und nach ihr benannt.
Ein Zweig der Familie zog nach Kreta, welches unter der Herrschaft der Republik Venedig stand. Teile der Familie beteiligten sich am Aufstand der venezianischen Siedler auf Kreta (1363–1366), dessen Anführer Tito Venier wurde. Die meisten Venier in Venedig blieben jedoch treu und weiterhin im Dienste der Republik. Aus ihrem Kreis stammten drei Dogen und militärische Persönlichkeiten, sie betätigten sich auch im kulturellen Bereich.[4]
Nach dem Sturz der Republik Venedig wurde im nachfolgenden Königreich Lombardo-Venetien der Adelsstand mit Allerhöchstem Beschluss vom österreichischen Kaiser „bestätigt“ (allerdings hatte es in der Republik keinen Adelsstand, sondern ein Patriziat gegeben, dessen Angehörige Nobilhòmini genannt wurden). Das Diplom des österreichischen Grafenstandes wurde am 13. Juni 1857 erteilt. Als eines von 64 gräflichen Geschlechtern hatte die Familie einen erblichen Sitz im Herrenhaus, dem Oberhaus des Reichsrates.
Wappen
Das Stammwappen ist fünfmal von Rot und Silber geteilt. Auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Helmdecken eine gold gestickte Dogenmütze.
Bedeutende Persönlichkeiten
Die Venier stellten drei Dogen von Venedig:
- Antonio Venier († 1400)
- Francesco Venier (1489–1556)
- Sebastiano Venier (1496–1578)
sowie 18 Prokuratoren und eine Reihe von Admirälen.
- Lorenzo Venier (1510–1550) war Dichter, ebenso wie sein Sohn:
- Maffio Venier (1550–1586) war Erzbischof von Korfu, Zakynthos und Kefalonia (1583–86) und betätigte sich als Dichter
- Cecilia Venier-Baffo (1525–1583), Tochter eines Gouverneurs von Paros, wurde zur Geliebten des Sultans Selim II. und als Mutter des späteren Sultans Murad III. unter ihrem osmanischen Namen Nurbanu zur Valide Sultan (Sultansmutter) und damit zu einer der mächtigsten Frauen ihrer Zeit.
- Lydia Venieri (* 1962), moderne Künstlerin, stammt aus der griechischen Linie der Familie[5]
- Grabmal des Dogen Antonio Venier († 1400)
- Doge Francesco Venier (1489–1556), von Tizian
- Sebastiano Venier (1496–1578) im Dogenornat
Besitztümer
Die Familie besaß in Venedig und der weiteren Region mehrere Besitztümer, darunter der Palazzo Venier dei Leoni, der Palazzo Venier Manfrin und der Palazzo Venier Contarini in Venedig.
Die Kirche von San Zan Degolà in Venedig reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Der Bau wurde durch eine Stiftung der Familie gefördert, die in der Nähe einen Palast hatte.[6][7]
- Palazzo Venier Contarini
- Palazzo Priuli Venier Manfrin
- Haus des Sebastiano Venier
- Die Palazzetti Venier
Literatur
- F. Heyer von Rosenfeld: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, IV. Band, 3. Abteilung; Der Adel des Königreichs Dalmatien; Nürnberg 1878, S. 86, Tafel 52
- G. von Csergheö: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, IV. Band, 15. Abteilung, 1. Teil; Der Adel von Ungarn samt den Nebenländern der St.Stephanskrone; Nürnberg 1893, S. 709, Tafel 485
Einzelnachweise
- [John Temple Leader:] Libro dei nobili veneti ora per la prima volta messo in luce S. 86.
- Giuseppe Tassini, Curiosità Veneziane vol. 2, note integrative e revisione a cura di Marina Crivellari Bizio, Franco Filippi, Andrea Perego, Venezia, Filippi Editore [1863], 2009. ISBN 978-88-6495-063-1
- https://www.treccani.it/enciclopedia/venier/
- https://www.treccani.it/enciclopedia/venier/
- https://www.venieri.com/
- [John Temple Leader:] Libro dei nobili veneti ora per la prima volta messo in luce S. 86
- Giuseppe Tassini, Curiosità Veneziane vol. 2, note integrative e revisione a cura di Marina Crivellari Bizio, Franco Filippi, Andrea Perego. Venezia, Filippi Editore [1863], 2009. ISBN 978-88-6495-063-1