Vaterländischer Bauverein
Der Vaterländische Bauverein ist eine 1902 in Berlin gegründete Wohnungsbaugenossenschaft. Besonderheit ist die christliche Prägung in den Anfangsjahren. Die Genossenschaft hat das Baudenkmal Deutsche Höfe in der Hussitenstraße im Brunnenviertel im Ortsteil Gesundbrunnen errichtet.
Vaterländischer Bauverein | |
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Rechtsform | Genossenschaft |
Gründung | 29. Juli 1902 |
Sitz | Berlin, Deutschland |
Leitung | Sina Fiedler (geschäftsführender Vorstand) Christian Garbrecht-Zabel (Aufsichtsratsvorsitzender) |
Mitarbeiterzahl | 15 |
Umsatz | 14,1 Mio. Euro |
Branche | Wohnungswirtschaft |
Website | www.vbveg.de |
Stand: 31. Dezember 2012 |
Geschichte
Gründung
Am 29. Juli 1902 gründeten 69 Mitglieder die Genossenschaft. Markant war die Verwurzelung des Bauvereins im kirchlichen Milieu. „Impulsgeber der Initiative waren Menschen des Evangelischen Arbeitervereins und des Berliner Kartells der christlichen Gewerkschaften.“[1] Insbesondere der Evangelische Männer- und Jünglingsverein der Versöhnungsgemeinde stieß das Projekt an. Treibende Kräfte waren die christlich-sozialen Theologen Ernst Böhme und Reinhard Mumm (von 1915 bis 1932 Aufsichtsratsvorsitzender). Im ersten fünfköpfigen Vorstand befand sich ein Pfarrer und unter den 15 Aufsichtsräten ein weiterer Pfarrer und ein Superintendent.
Die Kaisertreue als zweites markantes Merkmal drückte sich in der Formulierung „Volk und Vaterland liebender Männer“ aus.[2] Ausdrücklich erwähnt die Grundsteinlegungs-Urkunde neben soziale Aspekten, dass durch das Miteigentum vermittels der Genossenschaft der „Widerstand gegen manche Gefahr unserer Zeit“ gefestigt werden soll. Bemerkenswert, dass damals bereits an den Bau eines „Kinderhortes“ gedacht wurde.
Das Eintrittsgeld betrug 200 Mark, das in Raten zu 50 Pfennig pro Woche abgezahlt werden konnte.[3]
Ziel war die „Erbauung von gesunden, zweckmäßig eingerichteten und preiswerten Wohnungen für Arbeiter und Beamte“.[4] Letztere stellten die Mehrheit. So waren 1905 unter den 650 Mitgliedern 140 Postbeamte, weitere 79 Staatsbeamte und noch einmal sechs städtische Beamte. In der Kategorie Arbeiter wurden 85 Mitglieder gezählt.
Deutsche Höfe
Erstes Projekt der Genossenschaft war eine Wohnanlage mit sechs Höfen zwischen Hussitenstraße und Strelitzer Straße. Die Höfe spiegelten Epochen der Architekturgeschichte wider. Zu den Förderern gehörten auch einflussreiche konservative Politiker wie Arthur Graf von Posadowsky. Der Kaufpreis des Grundstückes betrug 386.500 Mark. 200 Wohnungen wurden errichtet. Die Baukosten wurden mit 1.287.000 Mark veranschlagt, wobei der „größte Teil freundlicherweise von öffentlichen Kassen“ kam. In der Grundsteinlegungs-Urkunde wird hervorgehoben, dass jede Wohnung „in sich abgeschlossen“ sein soll und mit „Balkon, Loggia und sonstigem Zubehör“ ausgestattet werden. Baustart war am 1. März 1903, für die Fertigstellung war der 1. Oktober 1904 vorgesehen.
Die Reihenfolge der Höfe von Ost nach West in der Hussitenstraße beginnend hießen Rolandgarten im Stil der Romanik des 12. Jahrhunderts, Hohenzollerngarten mit gotischen Baustil, Elisabethgarten mit Anlehnung an kurfürstliche Residenzen des 16. Jahrhunderts, Friedrich-Wilhelm-Garten im Stil der Renaissance, Friedrichsgarten mit Barockelementen und Wilhelmshof mit dem Stil des kaiserlichen Berlins.
Grob geschätzt zerstörten die Bomben des Zweiten Weltkriegs ein Drittel der Anlage (vor allem die Fassaden in der Hussitenstraße), ein weiteres Drittel fiel der „Sanierung“ der 1960er Jahre zum Opfer. Erhalten geblieben ist ein etwas weniger als Drittel.
Phasen der Neubautätigkeit
Phase 1: Bis zum Ersten Weltkrieg errichtete die Genossenschaft in 12 Jahren 490 Wohnungen. Darunter das Posadowsky-Haus in der Wollankstraße 75–80. Phase 2: Von 1927 bis 1929 folgte ein Großprojekt mit 172 Wohnungen in Frohnau. Dem Muster einer Gartenstadt folgend wurden elf von 22 geplanten Landhäuser auf der Barbarossahöhe errichtet. Eine Bestandsaufnahme 1945 zählte 602 Wohnungen. Phase 3: In den 1950er Jahren errichtete der Vaterländische Bauverein mit Hilfe des Ersten Wohnungsbauförderungsgesetzes 328 neue Wohnungen geschaffen. Anfang der 1960er Jahre betrug der Bestand 993 Wohnungen.[5] Phase 4: Mit Fördergeldern des Zweiten Wohnungsbauförderungsgesetzes konnte der Vaterländische Bauverein von den 1960er Jahren bis 1990 seinen Wohnungsbestand verdoppeln.
Christliche und nationale Prägung
Zu ersten Auseinandersetzung um die christliche Prägung der Genossenschaft kam es nach dem Ersten Weltkrieg. Der Vorstand notierte in den 1920er Jahren: „Die Sinnenverwirrung drohte eine Zeit lang die christlich-nationale Grundlage des Bauvereins zu zerstören“.[6] Etwas zu verblassen scheint der christliche Bezug in den Grundsteinlegungs-Urkunden der 1950er Jahre. Die Formel „mit Gottes Hilfe“ oder „im Geiste seiner Gründer“ fehlt in den Urkunden.
Mit einer neuen Satzung im Jahre 1974 entfiel die Beschränkung auf Mitglieder mit deutscher Staatsbürgerschaft. In der aktuellen Satzung und Mitgliederzeitschriften finden sich keine religiösen Bezüge mehr.
Wirtschaftliche Situation
Laut Geschäftsbericht besitzt der Vaterländische Bauverein 2048 Wohnungen. Der überwiegende Teil befindet sich im Gesundbrunnen. Die Erlöse betrugen 14 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote liegt bei 50 Prozent.[7] In Zukunft will die Genossenschaft nicht in Neubau, sondern in Instandhaltung und Modernisierung investieren.
Literatur
- Norbert Friedrich: Der Berliner Vaterländische Bauverein von 1902. Eine kirchlich-soziale Antwort auf die Wohnungsnot in Deutschland. In: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 61, 1997, S. 172–186.
- 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Herausgegeben vom Vaterländischen Bauverein, Berlin 2002.
Weblinks
Einzelnachweise
- Vaterländischer Bauverein (Hrsg.): 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 10.
- 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 12.
- Vaterländischer Bauverein (Hrsg.): 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 11.
- Vaterländischer Bauverein (Hrsg.): 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 12.
- Vaterländischer Bauverein (Hrsg.): 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 52.
- Vaterländischer Bauverein (Hrsg.): 100 Jahre Vaterländischer Bauverein eG. 1902–2002. Berlin 2002, S. 33.
- Geschäftsbericht. In: vbveg.de. Abgerufen am 22. Februar 2021.