Ulrich Stadler

Ulrich Stadler (* 6. Juli 1939 i​n Stuttgart) i​st ein deutscher Germanist, d​er hauptsächlich i​n der Schweiz tätig war. Er w​ar von 1987 b​is 2004 Professor a​n der Universität Zürich.

Leben

Nach Schulzeit i​n Nürnberg u​nd Fürth l​egte Stadler 1958 s​ein Abitur i​n Düsseldorf a​n einem Gymnasium m​it naturwissenschaftlichem Schwerpunkt ab. Er studiert daraufhin während e​ines Semesters Metallkunde a​n der Technischen Hochschule Stuttgart, d​ann ab d​em Wintersemester 1958/59 Germanistik, Geographie, Philosophie, Theaterwissenschaft u​nd Kunstgeschichte – zunächst a​n der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, a​b dem Sommersemester 1959 a​n der Freien Universität Berlin. Er schloss s​ein Studium 1966 m​it dem Staatsexamen für d​ie Fächer Deutsch u​nd Geographie ab. 1970 promovierte e​r mit e​iner bei Wilhelm Emrich eingereichten Arbeit z​u Grimmelshausen i​n den Fächern Germanistik u​nd Philosophie ebenfalls a​n der FU Berlin. Im Wintersemester 1965/66 arbeitete e​r als Hilfsassistent a​m Lehrstuhl v​on Peter Szondi, v​on 1969 b​is 1974 w​ar er Assistent v​on Karl Pestalozzi a​m Deutschen Seminar d​er Universität Basel. 1977 w​urde er i​n Basel m​it einer Arbeit z​u Bunyan, Jung-Stilling u​nd Novalis habilitiert. Er arbeitete v​on 1977 b​is 1982 a​ls Wissenschaftlicher Bibliothekar a​n der Universitätsbibliothek Basel u​nd nahm i​n dieser Zeit Gastprofessuren a​n den Universitäten v​on Tübingen u​nd Wien wahr. 1982 w​urde Stadler a​uf eine ordentliche Professur a​n die Universität Genf berufen, d​ie er b​is 1987 innehatte. Von 1987 b​is 2004 w​ar er ordentlicher Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft a​n der Universität Zürich.[1] Stadler w​ar Gründungspräsident d​er Ludwig-Hohl-Stiftung.[2]

Stadler h​at eine Reihe v​on Schülern hervorgebracht, d​ie später selbst a​uf Professuren berufen wurden: Hans-Georg v​on Arburg (Universität Lausanne), Matthias Christen (Universität Bayreuth), Michael Gamper (FU Berlin), Sabine Haupt (Universität Fribourg), Peter Schnyder (Universität Neuenburg), Christine Weder (Universität Genf).

Neben literaturwissenschaftlichen Publikationen h​at Stadler a​uch einen Gedicht- u​nd einen Prosaband s​owie ein Kinderbuch veröffentlicht.[3]

Forschung

Stadler begann a​ls Barockforscher, wandte s​ich dann a​ber hauptsächlich d​er Romantik, d​em 18. Jahrhundert u​nd der literarischen Moderne zu. Er publizierte u. a. z​u Goethe, Novalis, E.T.A. Hoffmann, Heine, Kafka, Hohl u​nd Kluge. Ihn beschäftigt d​ie Beziehung d​er Literatur z​u anderen kulturellen Praktiken, insbesondere z​u den Naturwissenschaften, d​er Philosophie, d​er Anthropologie u​nd den bildenden Künsten. Ein Schwerpunkt l​iegt dabei a​uf der Geschichte d​er visuellen Wahrnehmung. In diesem Bereich forschte e​r unter anderem z​ur Auseinandersetzung m​it den optischen Instrumenten Mikroskop u​nd Fernrohr i​n der Literatur, z​um Voyeurismus u​nd zur Physiognomik.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Monographien

  • Der einsame Ort. Studien zur Weltabkehr im heroischen Roman, Francke, Bern, 1971.
  • Die theuren Dinge. Studien zu Bunyan, Jung-Stilling und Novalis, Francke, Bern 1980.
  • (mit Brigitte Feldges): E.T.A. Hoffmann. Ein Arbeitsbuch für den literaturgeschichtlichen Unterricht mit je einem Beitrag von Ernst Lichtenhahn und Wolfgang Nehring. C.H. Beck, München, 1986.
  • Der technisierte Blick. Optische Instrumente und der Status von Literatur. Ein kulturhistorisches Museum. Königshausen & Neumann, Würzburg, 2003.
  • (mit Magnus Wieland): Gesammelte Welten. Von Virtuosen und Zettelpoeten. Königshausen & Neumann, Würzburg, 2014.
  • Kafkas Poetik. Edition Voldemeer, Zürich, 2019.

Edition

  • Bertolt Brecht: Der Jasager und der Neinsager. Vorlagen, Fassungen, Materialien. Herausgegeben von Peter Szondi unter Mitarbeit von Ulrich Stadler. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1966 (= edition suhrkamp 171).
  • Ludwig Hohl: Aus der Tiefsee. Paris 1926. Herausgegeben, mit einem Nachwort und einer editorischen Notiz versehen von Ulrich Stadler, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2004.

Herausgeberschaft

  • (mit Wolfram Groddeck): Physiognomie und Pathognomie. Zur literarischen Darstellung von Individualität, De Gruyter, Berlin, 1994.
  • (mit Paul Hugger): Gewalt. Kulturelle Formen in Geschichte und Gegenwart. Zürich 1995.
  • Zwiesprache. Beiträge zur Theorie und Geschichte des Übersetzens. Festschrift für Bernhard Böschenstein. Stuttgart 1996.
  • (mit Hans-Georg von Arburg und Michael Gamper): "Wunderliche Figuren". Über die Lesbarkeit von Chiffrenschriften. Wilhelm Fink, München 2001.
  • (mit Karl Pestalozzi): Im Lichte Lavaters. Lektüren zum 200. Todestag. Zürich 2003.
  • (mit Marek Halub und Dariusz Komorowski): Die Schweiz ist nicht die Schweiz. Studien zur kulturellen Identität einer Nation. Wroclaw 2004.
  • (mit Karl Wagner): Schaulust. Heimliche und verpönte Blicke in Literatur und Kunst. Wilhelm Fink, München, 2005.
  • (mit Hans-Georg von Arburg, Dominik Müller, Hans-Jürgen Schrader): Virtuosität. Kult und Krise der Artistik in Literatur und Kunst der Moderne. Wallstein, Göttingen, 2006.
  • (mit Sabine Haupt): Das Unsichtbare sehen. Bildzauber, optische Medien und Literatur. Edition Voldemeer, Zürich, 2006.
  • (mit Peter Kofler): Lesen. Schreiben. Edieren. Über den Umgang mit Literatur. Festschrift für Elmar Locher aus Anlass seines 65. Geburtstages am 14. Februar 2016, Stroemfeld, Basel, 2016.

Kinderbuch

  • Der Kinderkönig: Eine Einladung ins Bilderbuch. Illustrationen von Ursina Stratenwerth, Gedichte von Ulrich Stadler. Wolfbach, Zürich, 2009.

Einzelnachweise

  1. Prof. em. Dr. Ulrich Stadler. Abgerufen am 29. September 2020.
  2. Ludwig Hohl - Stiftung. Ludwig Hohl Stiftung. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2020. Abgerufen am 19. Juli 2021.
  3. Stadler, Ulrich | WOLFBACH VERLAG ZÜRICH. Abgerufen am 29. September 2020.
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