Troodon
Troodon ist eine Gattung theropoder Dinosaurier aus der späten Oberkreide von Nordamerika und Asien.
Troodon | ||||||||||||
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Skelettrekonstruktion von Troodon | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Oberkreide (spätes Campanium)[1] | ||||||||||||
76,4 bis 72 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Troodon | ||||||||||||
Leidy, 1856 |
Bisher ist eine einzige Art beschrieben, die Typusart T. formosus. Die Art Stenonychosaurus inequalis galt seit 1987 als Synonym von Troodon formosus. Eine Rehabilitierung wird aktuell diskutiert.
Als Erstfund gilt ein Zahn, der im Jahr 1856 entdeckt wurde und den Namen Troodon („Wunden reißender Zahn“) für das Tier ergab. Nach dem ersten Fund war man bei späteren Funden (1979/1980) überrascht, dass dieser zum Gebiss eines vogelähnlichen Dinosauriers gehörte.
Merkmale
Es handelt sich um einen Dinosaurier mit großen Augenhöhlen, was darauf hinweist, dass er nachtaktiv gewesen sein könnte. Zudem waren die Augen teilweise nach vorne gerichtet, was höchstwahrscheinlich bereits ein stereoskopisches Sehen ermöglichte. Einige Wissenschaftler halten Troodon formosus für die am weitesten entwickelte Dinosaurierart und vermuten eine ähnliche Intelligenz wie bei den heutigen Vögeln. Der Dinosaurier besaß ein verhältnismäßig großes Gehirn (0,1 % des Körpergewichts) sowie große Nasenöffnungen, die auf einen ausgeprägten Geruchssinn hindeuten.
Die Körperlänge betrug etwa 2,5 bis 3 Meter und das geschätzte Gewicht etwa 35 bis 45 kg. Die Arme hatten drei zum Greifen geeignete Finger, die Beine drei Zehen, wobei eine Zehe wie bei Deinonychus eine sichelförmige Kralle trug.
Entdeckungsgeschichte
Erster Fund
Der Holotyp bestand aus einem einzigen Zahn und wurde 1856 von Joseph Leidy in Santonium gefunden – allerdings noch als Troödon – beschrieben. Die offizielle Bezeichnung wurde 1876 von Sauvage geprägt.[2] Leidy fand den Zahn in der Judith-River-Gruppe, hielt ihn jedoch für den einer Eidechse. 1877 wurde Troodon aber als Dinosaurier identifiziert.[3] Aufgrund des spärlichen Fossilienbestandes sollte mehrere Jahrzehnte lang die Klassifikation Troodons heftig diskutiert werden.
Synonyme
In den frühen 1930er Jahren wurden im Dinosaur Provincial Park in Alberta zwei fragmentarisch erhaltene Dinosaurier-Skelette gefunden. Das erste von beiden, bestehend aus einem Mittelfußknochen, Fragmenten der Handknochen und einigen Schwanzwirbeln wurde von Charles M. Sternberg als Stenonychosaurus inequalis beschrieben und der Familie der Coeluridae zugeordnet. Auch das zweite Skelett wurde einer neuen Art – in diesem Fall einer Eidechse – zugeschrieben: Anhand eines nur teilweise erhaltenen Unterkiefers beschrieb Charles W. Gilmore 1932 Polyodontosaurus grandis. Sternberg stellte dann 1951 als Erster die These auf, P. grandis sei synonym zu Troodon, während er gleichzeitig eine enge Verwandtschaft zwischen ebendiesem und dem von ihm beschriebenen S. inequalis vermutete.[4]
Auch aufgrund der Identifizierung eines weiteren vollständigeren Dinosaurier-Skeletts als Stenonychosaurus durch Dale Russell[5] blieb die Art bis in die 1980er Jahre hinein wissenschaftlich anerkannt und wurde infolge neuerer Untersuchungen nun der Gruppe der Saurornithoididae zugeordnet. 1987 jedoch zeigte Phil Currie, dass die zuvor als Hauptunterschied zwischen Saurornithoididae und Troodontidae angeführte Kiefer- und Zahnstruktur nicht auf der Zugehörigkeit zu verschiedenen Arten, sondern lediglich auf verschiedenen Altersstufen der Tiere beruhte. Daher synonymisierte er sowohl Stenonychosaurus, als auch Polyodontosaurus und Pectinodon bakkeri mit Troodon, wobei der Name des Letzteren nach den Regeln der Nomenklatur beibehalten wurde, da dieser zuerst beschrieben wurde. Des Weiteren synonymisierte er die Gruppe der Saurornithoididae mit den Troodontidae.[6] Die infolgedessen 1988 von Gregory S. Paul vorgeschlagene Neudefinition von Saurornithoides mongoliensis als Troodon mongoliensis[7] fand in der Forschungswelt jedoch kaum Anklang. Curries Untersuchungen führten zudem dazu, dass relativ kurzfristig sämtliche in Nordamerika gefundenen und auf die Oberkreide datierten Troodontiden-Überreste Troodon formosus formlos zugeordnet wurden.
Revision des universalen Gattungsmodells
Dieses Vorgehen stieß auf Kritik einiger Forscher (darunter Currie selbst). Angeführt wurde, dass Troodontiden-Funde, die nicht aus der Judith-River-Gruppe stammten, durchaus einer anderen Art angehören könnten. So wurden etwa die Bezeichnung Troodon bakkeri für die Funde in der Lance-Formation, bzw. Troodon inequalis für die im Dinosaur Park (jeweils in Anlehnung an die zuvor dort gefundenen und später synonymisierten Pectinodon bakkeri und Stenonychosaurus inequalis) vorgeschlagen.[8]
2011 folgten Lindsay Zanno et alt. Nicholas Longrich, der 2008 postuliert hatte, dass Pectinodon bakkeri durchaus als eigenständige Gattung anzusehen sei,[9] und plädierten zudem dafür, Troodon formosus als Nomen dubium zu führen. Als Begründung gaben sie an, dass der 1856 gefundene Zahn allein als Holotyp unzureichend sei, da sich verschiedene Troodon-Arten nur aufgrund der Zahnmorphologie nicht voneinander unterscheiden ließen.[10]
2017 griffen Evans et alt. diese Forderung auf und empfahlen darüber hinaus, dass fossiles Material von Troodontiden aus dem Dinosaur Park in Gänze Stenonychosaurus zugeschrieben werden sollte.[11] Im selben Jahr gingen Aaron J. van der Reest und Currie noch einen Schritt weiter: Aus den deutlichen Größenunterschieden, sowie Abweichungen bei Schädel- und Beckenknochen zwischen Troodontiden-Überresten des oberen und unteren Teils des Dinosaur Park schlossen die Autoren, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Arten handeln müsse. Während sie die größeren Exemplare des oberen Teils neu als Latenivenatrix mcmasterae beschrieben, plädierten sie ebenfalls für eine Rehabilitierung von Stenonychosaurus inequalis als Bezeichnung für die im unteren Teil gefundenen kleineren Individuen.[12] Wenngleich vor allem die Wiedereinführung von S. inequalis umstritten ist,[13] bleibt die Tatsache, dass letztlich nur der 1856 gefundene Zahn mit Sicherheit Troodon formosus zugeschrieben werden kann.
Systematik
Die Einordnung Troodons bildete seit seiner Entdeckung einen aktiven Streitpunkt in der Forschung. Nachdem Leidy den von ihm gefundenen Zahn einer Eidechse zuschrieb, meinte Franz von Nopcsa 1901, es müsse sich um einen Megalosauriden handeln.[14] Gilmore stellte 1924 die These auf, der Zahn würde zum herbivoren Stegoceras gehören, sodass Stegoceras lediglich ein synonym von Troodon sei.[15] Sternberg wies diese Klassifizierung 1945 jedoch zurück und identifizierte Troodon als Theropoden.[16]
Heute wird Troodon als einer der am weitesten entwickelten Vertreter der Troodontidae angesehen.
Paläobiologie
In Alaska gefundene Troodon-Zähne sind erheblich größer als vergleichbare Funde aus anderen Gegenden Nordamerikas. Es wird daher geschätzt, dass das sogenannte „Alaska-Troodon“ gut doppelt so groß wie ein durchschnittlicher Vertreter seiner Gattung werden konnte, was auch hier auf die Gültigkeit der Bergmannschen Regel hindeutet. Zudem kam dem „Alaska-Troodon“ aufgrund des Fehlens größerer Raubtiere in der kreidezeitlichen Arktis wohl die Rolle des Spitzenprädators zu, während Populationen an anderer Stelle vor allem mit Vertretern der Tyrannosaurier im Konkurrenzkampf um Beute standen.[17]
Außerdem legt eine Studie nahe, dass die Zahnstruktur von Troodon auf eine eher weiche Ernährung hindeutet. Knochen brechen, aber auch das Fressen harter Pflanzenteile sei wohl kaum möglich gewesen.[18]
Es wird angenommen, dass die Spezies jeweils zwei Eier gleichzeitig täglich oder über längere Perioden verteilt legte und diese durch Körper- und Erdwärme ausbrütete.
Literatur
- David J. Varricchio, Frankie Jackson, John J. Borkowski, John R. Horner: Nest and egg clutches of the dinosaur Troodon formosus and the evolution of avian reproductive traits. In: Nature. Bd. 385, Nr. 6613, 16. Januar 1997, S. 247–250, doi:10.1038/385247a0.
Weblinks
Einzelnachweise
- Alan H. Turner, Diego Pol, Julia A. Clarke, Gregory M. Erickson, Mark A. Norell: A Basal Dromaeosaurid and Size Evolution Preceding Avian Flight. In: Science. Bd. 317, Nr. 5843, 2007, S. 1378–1381, doi:10.1126/science.1144066, PMID 17823350.
- H.-E. Sauvage, 1876, "Notes sur les reptiles fossiles", Bulletin de la Société Géologique de France, 3e série 4: 435–444
- Edward Drinker Cope: Report on the geology of the region of the Judith River, Montana, and on vertebrate fossils obtained on or near the Missouri River. In: Bulletin of the United States Geological and Geographical Survey. 3, Nr. 3, 1877, S. 565–597.
- C.M. Sternberg: The lizard Chamops from the Wapiti Formation of Northern Alberta: Polyodontosaurus grandis is not a lizard. In: Annual Report of the National Museum of Canada Bulletin. 123, 1951, S. 256–258.
- D.A. Russell: A new specimen of Stenonychosaurus from the Oldman Formation (Cretaceous) of Alberta. In: Canadian Journal of Earth Sciences. 6, Nr. 4, 1969, S. 595–612. bibcode:1969CaJES...6..595R. doi:10.1139/e69-059.
- P. Currie: Theropods of the Judith River Formation. In: Occasional Paper of the Tyrrell Museum of Palaeontology. 3, 1987, S. 52–60.
- G.S. Paul: Predatory Dinosaurs of the World. Simon and Schuster, New York 1988, ISBN 978-0-671-61946-6, S. 398–399.
- P. Currie. (2005). "Theropods, including birds." in Currie and Koppelhus (eds). Dinosaur Provincial Park, a spectacular ecosystem revealed, Part Two, Flora and Fauna from the park. Indiana University Press, Bloomington. Pp 367–397.
- N. Longrich: A new, large ornithomimid from the Cretaceous Dinosaur Park Formation of Alberta, Canada: implications for the study of dissociated dinosaur remains. In: Palaeontology. Band 51, Nr. 4, 2008, S. 983–997.
- Lindsay E. Zanno, David J. Varricchio, Patrick M. O'Connor, Alan L. Titus, Michael J. Knell: A new troodontid theropod, Talos sampsoni gen. et sp. nov., from the Upper Cretaceous Western Interior Basin of North America. In: PLoS ONE. 6, Nr. 9, 2011, S. e24487. doi:10.1371/journal.pone.0024487. PMID 21949721. PMC 3176273 (freier Volltext).
- D. C. Evans, T.M. Cullen, D.W. Larson, A. Rego: A new species of troodontid theropod (Dinosauria: Maniraptora) from the Horseshoe Canyon Formation (Maastrichtian) of Alberta, Canada. In: Canadian Journal of Earth Sciences. 54, Nr. 8, 2017, S. 813–826. bibcode:2017CaJES..54..813E. doi:10.1139/cjes-2017-0034.
- Aaron J. van der Reest, P. Currie: Troodontids (Theropoda) from the Dinosaur Park Formation, Alberta, with a description of a unique new taxon: implications for deinonychosaur diversity in North America. In: Canadian Journal of Earth Sciences. 54, Nr. 9, 2017, S. 919–935. bibcode:2017CaJES..54..919V. doi:10.1139/cjes-2017-0031.
- D.J. Varricchio, M. Kundrát, J. Hogan: An Intermediate Incubation Period and Primitive Brooding in a Theropod Dinosaur. In: Scientific Reports. 8, Nr. 1, 2018, S. 12454. doi:10.1038/s41598-018-30085-6. PMID 30127534. PMC 6102251 (freier Volltext).
- Franz von Nopcsa: Synopsis un Abstammung der Dinosaurier. In: Foldtani Kozlony. 31, Budapest, 1901, S. 247–288.
- Gilmore, C. W., 1924. On Troodon validus, an orthopodous dinosaur from the Belly River Cretaceous of Alberta, Canada. Department of Geology, University of Alberta Bulletin 1:1–43
- Charles M. Sternberg: Pachycephalosauridae proposed for domeheaded dinosaurs, Stegoceras lambei n. sp., described. In: Journal of Paleontology. 19, 1945, S. 534–538.
- Der Dino-Planet (2/3)
- Anthony R. Fiorillo: On the Occurrence of Exceptionally Large Teeth of Troodon (Dinosauria: Saurischia) from the Late Cretaceous of Northern Alaska In: Palaios, Nr. 23, 2008, S. 322–328