Trichinen
Trichinen (Trichinella) sind eine Gattung winziger Fadenwürmer mit parasitischer Lebensweise. Säugetiere, damit auch Menschen, und Vögel dienen als Zwischen- und Endwirt. Hauptüberträger auf den Menschen sind Schweine bzw. deren roh, z. B. als Mett verzehrtes oder ungenügend gegartes Fleisch. Durch Kochen, Pökeln oder Einfrieren werden Trichinen abgetötet, jedoch nicht durch Räuchern.
Trichinen | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Larve aus der Kapsel befreit | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Trichinella | ||||||||||||
Railliet, 1895 | ||||||||||||
Arten | ||||||||||||
|
Das durch Trichinen hervorgerufene Krankheitsbild wird als Trichinellose bezeichnet, wobei der Mensch gewöhnlich ein Fehlwirt ist, da er nicht von potentiellen Endwirten gefressen wird und so nicht zur weiteren Fortpflanzung der Trichinen beiträgt. Akute Infektionen des Menschen mit Trichinella spiralis sind in Deutschland meldepflichtig. Die Trichinenuntersuchung ist eine Pflichtuntersuchung von Fleisch für den menschlichen Verzehr. Mittels MALDI-TOF ist eine Schnellanalytik möglich.[1]
Verbreitung
Die Trichinen sind außer in der Antarktis weltweit durch mehrere Arten in Wild- und Haustieren verbreitet.[2] Als Hauptwirt gelten in Europa, Nordamerika, Asien und Afrika Schweine (Sus scrofa), sowohl Wildschweine als auch Hausschweine. Sie tragen hauptsächlich die Arten Trichinella spiralis, Trichinella nativa, Trichinella nelsoni, Trichinella britovi und Trichinella pseudospir.[3] 1999 wurde Trichinella papuae in Schweinen auf Papua New Guinea nachgewiesen.[4]
In Nordeuropa treten Trichinen vorwiegend im „silvatischen Zyklus“ auf, bei dem Füchse durch Verspeisen infizierter Nager die Würmer verbreiten.[3] Dieser Verbreitungsmechanismus spielt jedoch keine Rolle für die Infektion von Menschen in Finnland.[5] In nördlicheren Gebieten können auch Bären, Schlittenhunde und Robben als Zwischenwirt dienen. Ein „urbaner Zyklus“ ist ebenfalls ausgeprägt, bei diesem werden die Erreger überwiegend durch Ratten und Schweine verbreitet. Auch für andere Regionen wurden spezifische Verbreitungsmechanismen beschrieben, so für Argentinien.[6]
Merkmale
Die adulten Tiere erreichen eine Länge von bis zu 4 mm (Weibchen) bzw. 1,5 mm (Männchen). Deutlich kann man das verdickte Hinterende erkennen, das den Darm beherbergt. Die Larven entwickeln sich im Muskelgewebe und bilden dort einen „Ammenzellnährkomplex“, eine Kapsel, die reichlich mit Blutgefäßen versorgt wird und dadurch die Larve am Leben erhält. Sie erreicht eine Größe von rund einem Millimeter und ist hoch infektiös. Es existieren jedoch auch Varianten, die keine Kapsel bilden, wie z. B. Trichinella pseudospiralis.
Lebenszyklus
Bei Trichinen dient zunächst jeder Wirt als Zwischenwirt, da die Larven zuerst im Darm zu Würmern heranreifen. Im Fleisch infizierter Tiere eingekapselte Larven werden bei dessen Verzehr aufgenommen. Die Kapseln werden im Dünndarm aufgelöst und so die Larven freigesetzt. Die Würmer bohren sich in das Dünndarmepithel ein und entwickeln sich innerhalb von 30 Stunden zum adulten Tier, danach findet die Paarung statt. Im Dünndarm bringen die Weibchen lebendgebärend bis zu 1500 Larven zur Welt. Die Larven bohren sich anschließend durch den Dünndarm und erreichen so die Lymphe oder den Blutstrom. Sie treiben durch den Körper und lassen sich vor allem im quergestreiften, gut durchbluteten Muskelgewebe nieder. Befallen werden auch Zwerchfell, Augen und Zunge. Dort, wo sich eine Larve niederlässt, beginnt die Bildung eines Ammenzellnährkomplexes, der infektiös bleibt, solange der Parasit lebt. Ab dem fünften Monat findet im menschlichen Gewebe eine Verkalkung statt, die Ammenzelle und Larve absterben lässt, wobei die encystierten Muskeltrichinen vermutlich aber noch 5 bis 10 Jahre lebensfähig bleiben.
Wirkung auf den Menschen
Im Darm befindliche adulte Trichinen führen beim Menschen in der Regel zu Schwindel, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Verbreiten sich dann die Larven im Körper, treten weitere Symptome wie Schwäche, Fieber und Ödeme im Gesichtsbereich als Folge einer Myositis auf. Diese Symptome sind temporär und können bis zu einem Jahr anhalten. Danach verschwinden sie zumeist wieder und bleiben folgenlos. Ein tödlicher Verlauf kommt vor allem bei stärkerem Befall der Herzmuskulatur (parasitäre Myokarditis) vor.[7]
Wortherkunft
Von griech. trichonos aus Haaren hergestellt.[8]
Meldepflicht
In Deutschland ist der Nachweis der Erreger Trichinella spiralis nach § 7 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich zu melden, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. Meldepflichtig sind die Leitungen der Labore usw. (§ 8 IfSG).
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Anne Mayer-Scholl, J. Murugaiyan, J. Neumann, P. Bahn, S. Reckinger, Karsten Nöckler: Rapid identification of the foodborne pathogen Trichinella spp. by matrix–assisted laser desorption/ionization mass spectrometry. In: PLoS One. 11/2016, S. e0152062. doi:10.1371/journal.pone.0152062.
- Edoardo Pozio: World distribution of Trichinella spp. infections in animals and humans. In: Veterinary Parasitology, Band 149, Nr. 1–2, 21. Oktober 2007, S. 3–21, doi:10.1016/j.vetpar.2007.07.002.
- Christian M. O. Kapel: Sylvatic and domestic Trichinella spp. in wild boars; infectivity, muscle larvae distribution, and antibody response. In: Journal of Parasitology, Band 87, Nr. 2, 2001, S. 309–314, doi:10.1645/0022-3395(2001)087[0309:SADTSI]2.0.CO;2
- E. Pozio, I. L. Owen, G. La Rosa, L. Sacchi, P. Rossi, S. Corona: Trichinella papuae n. sp. (Nematoda), a new non-encapsulated species from domestic and sylvatic swine of Papua New Guinea. In: International Journal for Parasitology, Band 29, Nr. 11, 1999, S. 1825–1839, doi:10.1016/S0020-7519(99)00135-6.
- Niina Airas, Seppo Saari, Taina Mikkonen, Anna-Maija Virtala, Jani Pellikka, Antti Oksanen, Marja Isomursu, Seija-Sisko Kilpelä, Chae W. Lim, Antti Sukura: Sylvatic Trichinella spp. infection in Finland. In: The Journal of Parasitology, Band 96, Nr. 1, S. 67–76, doi:10.1645/GE-2202.1.
- S. J. Krivokapich et al.: Epidemiological survey of Trichinella infection in domestic, synanthropic and sylvatic animals from Argentina. In: Journal of Helminthology, Band 80, Nr. 3, 2006, S. 267–269, doi:10.1079/JOH2006338.
- Ursus-Nikolaus Riede: Taschenatlas der allgemeinen Pathologie : pathologische Prinzipien - assoziierte Krankheiten - Folgezustände. Thieme, Stuttgart u. a. 1998, ISBN 3-13-115451-9.
- Trichine. In: Wahrig Herkunftswörterbuch. auf: wissen.de, abgerufen am 22. Mai 2014.
Quellen
- Trichinellenvorkommen beim Wildschwein in Deutschland und Möglichkeiten der Intervention. (PDF-Datei; 201 kB). Bericht des BfR, 6. Juli 2007.
- J. Dönges: Parasitologie. Mit besonderer Berücksichtigung humanpathogener Formen. Thieme, Stuttgart 1988, ISBN 3-13-579902-6.
- H. Mehlhorn, G. Piekarski: Grundriss der Parasitenkunde. 6. Auflage. Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1158-0.
- I. Remde: Untersuchungen zum Vorkommen der Zoonoseerreger Echinococcus multilocularis und Trichinella spp. beim Schwarzwild (Sus scrofa scrofa) im Wartburgkreis. Dissertation. FU Berlin, 2008.