Trauerredner
Trauerredner halten im Rahmen einer nicht-religiösen Trauerfeier, die von einem Bestattungsinstitut organisiert wird, die Trauerrede. Als sogenannte freie Redner[1] gestalten sie den Ablauf.[2] Die Berufsbezeichnung variiert je nach der Region, in der sie tätig sind. Gängig sind z. B. Beerdigungs-, Bestattungs- oder Grabredner, Redner oder Sprecher, auch mit dem Zusatz frei oder weltlich.
In der Regel dürfen Trauerredner nicht in der Kirche auftreten. Mit der Bestattung auf dem kommunalen Friedhof oder im Bestattungsinstitut übernehmen sie die sonst übliche Rolle der Geistlichen und treten zunehmend an deren Stelle.[3]
Geschichte
Trauerredner haben ihren Ursprung in den freireligiösen und freigeistigen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. Die Aufklärung hatte für die Emanzipation des Denkens wesentliche Voraussetzungen geschaffen, die in Deutschland schließlich mit der Weimarer Verfassung 1920 auf die Trennung von Kirche und Staat hinausliefen. Weitere Faktoren waren die atheistische Kremationsbewegung von 1789, in der Franzosenzeit die Anlage kommunaler konfessionsloser Friedhöfe, die erste Konstruktion einer modernen Leichenverbrennungsanlage durch den Industriellen Friedrich Siemens, die Inbetriebnahme des ersten Krematoriums 1878 in Gotha und der Konfessionsstreit der mitgliederstarken Feuerbestattungsvereine[4] mit den christlichen Kirchen wegen der Feuerbestattung. Bis 1954 verbot die evangelische Kirche ihren Geistlichen die Mitwirkung an Kremationsfeiern, die katholische Kirche tat dies bis 1963.
Freie Redner gestalten nicht nur Trauerfeiern, sondern auch andere Feierlichkeiten innerhalb des Lebenskreises.
Aufgrund des hohen Anteils an Konfessionslosen in der Bevölkerung gibt es heute die meisten Trauerredner in Ostdeutschland[5] und in den Ballungsräumen der Großstädte. Nach Statistiken der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Katholischen Bischofskonferenz (DBK) wurde im Jahr 2019 fast die Hälfte der Verstorbenen in Deutschland ohne kirchliche Begleitung bestattet; der Anteil kirchlicher Bestattungen im Jahr 2019 betrug 52,2 Prozent, im Jahr 2000 noch 71,5 Prozent.[6]
Beruflicher Status
Trauerredner sind in der Regel freiberuflich tätig, doch es gibt ebenfalls Bestatter, die als Inhaber oder deren Mitarbeiter diese Aufgabe wahrnehmen. Die Trauerredner erhalten ihr Mandat, eine Trauerfeier zu übernehmen, von den Angehörigen. Sie sprechen weder im Auftrag einer Religions- noch einer Weltanschauungsgemeinschaft oder einer sonstigen Institution.
Berufsständische Organisation
Der Berufsstand umfasst nach deren eigenen Angaben etwa fünfhundert Personen in Deutschland, ferner Trauerredner in Österreich und in der Schweiz sowie in den Niederlanden. Trauerredner werden meistens von Bestattungsinstituten vermittelt und arbeiten eng mit dem Bestattungsgewerbe zusammen. Sie haben sich 1996 als Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerfeier und 1989 als Fachverband für weltliche Trauer- und Bestattungskultur organisiert.
Auswahl eines Trauerredners
Maßgeblich für die Wahl einer weltlichen Trauerfeier sind der Wunsch des Verstorbenen zu seinen Lebzeiten und/oder die eigenen Vorstellungen der Hinterbliebenen von der bevorstehenden Trauerfeier. Dabei bedeutet „weltlich“, dass keine dogmatische oder kirchliche Sinndeutung des Lebens und Todes eines Menschen vorgenommen wird. Religiöse Symbole oder Weltanschauungen aus dem Leben des Verstorbenen können dabei durchaus einen eigenen Stellenwert in der Trauerfeier einnehmen.
Film
- Das letzte Wort mit Anke Engelke in der Hauptrolle als Trauerrednerin Karla Fazius.[7]
Literatur
- Marianne Kramer-Abebe: Aufbruch zu neuen Ritualen. Eine Annäherung an die Praxis freiberuflicher Ritualbegleiter und Ritualbegleiterinnen. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 39. Band, Göttingen 2000, S. 35–64.
- Michael Nüchtern, Stefan Schütze: Bestattungskultur in Bewegung. Hrsg. von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW-Texte Nr. 200), Berlin 2008.
- Birgit Aurelia Janetzky: TrauerReden. Leitfaden für Traueransprachen. Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 2013, ISBN 978-3-936057-39-3.
- Teresa Schweighofer: Das Leben deuten. Eine praktisch-theologische Studie zu Freier Ritualbegleitung, Würzburg 2019, ISBN 978-3-429-05405-2 .
Einzelnachweise
- Klaus Dirschauer: Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten. Donat Verlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-943425-08-6, S. 16.
- Andreas Finke: Freie Theologen, freie Redner, freie Ritendesigner. Der neue Markt kirchenferner Riten. Materialdienst der EZW. Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen, 67. Jg., Berlin 2004, S. 123–134. Ders.: Ham'se denn ne' Nummer vom Pfarrer? Bestattungen im Osten Deutschlands. In: Zeitschrift für Gottesdienst, 6. Jg., Heft 3/2008, S. 10ff.
- Jan Hermelink: Die weltliche Bestattung und ihre kirchliche Konkurrenz. Überlegungen zur Kasualpraxis in Ostdeutschland. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, 39. Jg., Göttingen 2000, S. 65–86. Ders.: Christlich, weltlich oder von allem ein wenig. In: Praktische Theologie, 37. Jg., 2002, S. 206–209.
- Barbara Happe: Der Tod gehört mir. Die Vielfalt der heutigen Bestattungskultur und ihre Ursprünge. Reimer Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-496-02856-7, S. 76–95
- Alles hat am Ende sich gelohnt. Material für weltliche Trauerfeiern. Hrsg. vom Zentralhaus für Kulturarbeit der DDR, Leipzig 1972.
- Anteil kirchlicher Bestattungen weiter rückläufig Aeternitas e.V., 2021. Abgerufen am 11. Februar 2022.
- Ulrike Klode: Elf Gründe, warum "Das letzte Wort" richtig gut ist. In: DWDL.de. 26. September 2020, abgerufen am 29. September 2020.