Train Communication Network
Beim Train Communication Network (TCN) handelt es sich um ein System zweier Feldbusse, das hierarchisch aufgebaut ist. Es wurde für Eisenbahnfahrzeuge entwickelt, um die analoge Fernsteuerung zu ersetzen, und um die Betriebszustände der einzelnen Fahrzeuge erfassen zu können.
Das TCN darf nicht mit der in Deutschland üblicherweise angewendeten zeitmultiplexen Wendezugsteuerung bei Triebfahrzeugen verwechselt werden (ZDS oder ZWS). Während eine zeitmultiplexe Wendezugsteuerung nur sehr wenige Daten (bis 12 Byte) austauschen kann, so kann mit TCN eine wesentlich größere Datenmenge übertragen werden. TCN wird zur Übertragung von verschiedenen Datenarten verwendet, so können Prozesssignale bis 32 Byte Größe in Zeitintervallen ab 1 ms übertragen werden. Längere Nachrichten bis 4 GByte (eine theoretische Grenze, normal sind 10 Byte – ca. 10 kByte) können als nicht-Echtzeit-Daten ebenfalls übertragen werden.
Entstehungsgeschichte
In Eisenbahnfahrzeugen wurden immer mehr rechnergesteuerte Komponenten eingesetzt. Das sind unter anderen die Heizung mit Klimaanlage, der Bordnetzumrichter und die geschlossenen Toilettenanlagen. Diese waren anfänglich nicht miteinander verknüpft, so dass Störungen vom Zugbegleitpersonal meist nur an Kontrolllampen abgelesen werden konnten. Auch in der Werkstatt konnte die genaue Störungsursache meist nur an der Steuerung selber abgelesen werden, wofür aber Apparatekästen geöffnet werden mussten. Aus diesem Grund wurde der Wunsch nach einem fahrzeugweiten Diagnosesystem geäußert. Daraus entstand der Fahrzeugbus. Als logischer Schritt kann dann die Ausweitung dieses Diagnosesystems angesehen werden, so dass von einer zentralen Stelle auf einem Störungsbildschirm Informationen zu allen anderen Fahrzeugen aufgerufen werden können. Auch die schon lange gewünschte seitenselektive Türsteuerung und Überwachung wird durch den Zugbus ermöglicht. Auch die Mehrfachsteuerung von Fahrzeugen wird über den Zugbus abgewickelt.
Aufbau
Das TCN ist zweistufig aufgebaut und besteht aus einem Zugbus WTB (Wire Train Bus) und einen Fahrzeugbus MVB (Multifunction Vehicle Bus). Der WTB ist ein Feldbus der zur Kommunikation der einzelnen Fahrzeugen innerhalb einer ganzen Zugkomposition dient. Der MVB dient zur internen Kommunikation innerhalb eines Fahrzeuges oder einer Gruppe festgekuppelter Fahrzeuge. Dementsprechend ist der WTB ohne Repeater auf maximal 32 Knoten (Gateways) und eine maximal Länge von 860 Meter (22 UIC-Wagen)[1] begrenzt. An den MVB hingegen können bis zu 128 Geräte (Adressraum) angeschlossen werden, jedoch ist dessen Kabellänge ohne Repeater auf 200 Meter begrenzt.[2] Pro Repeater kann der MVB um jeweils 200 verlängert, bzw. an ein weiteres Leitungssegment angeschlossen werden. Die Anzahl der Repeater ist durch deren Verzögerungszeit begrenzt. Beide Ebenen sind durch Knoten in den einzelnen Fahrzeugen verbunden.
Für TCN sind zwei unterschiedliche Datenarten definiert worden: Prozessdaten (PD) und Messagedaten (MD). PD sind kurze zeitkritische Daten (bis 32 Bytes auf MVB und 128 Byte auf WTB), die in regelmäßigen Intervallen gesendet werden. Die Intervalllänge beträgt zwischen 1 ms und 1024 ms. MD sind längere Nachrichten, die nicht zyklisch, sondern auf Anforderung übertragen werden. Sie werden auf dem Bus ggf. segmentiert und immer quittiert. Sie sind im Prinzip mit TCP vergleichbar.
Anwendung
Das TCN wird bei vielen heutigen Triebfahrzeugen eingesetzt. Für den Zugbus wird meist die 18-polige UIC-Leitung verwendet. Diese trifft allerdings nur auf Fahrzeuge zu, die nicht in einer festen Zugkomposition laufen. In Triebzügen werden meist spezielle Leitungen verwendet.
Die InterCityExpress ICE T, ICE TD und ICE 3 der Deutschen Bahn sind Triebzüge mit TCN (der ICE 1 hat kein auf zwei Bussen basierendes TCN, sondern einen gemeinsamen Bus).
Bei den Schweizerischen Bundesbahnen wurde dieses Prinzip des TCN erstmals in größerem Umfang bei den ab 1997 angeschafften Pendelzügen mit den Re 460, sowie den dazugehörenden IC2000 und EW-IV-Pendelzügen eingesetzt.
Bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) kommt der Zugbus gemäß UIC-Merkblatt 556 in fast allen modernen Triebfahrzeug-Baureihen (1014, 1016, 1116, 1216, 1142, 1144, 2016, 2070), sowie allen Wendezug-Steuerwagen (80-33, 80-73, RailJet) zur Anwendung. Alle diese Fahrzeuge sind damit auch im Hinblick auf die Fernsteuerung kompatibel. Auch die Nahverkehrstriebwagen der "Talent"-Familie (4023, 4024, 4124) verwenden den Zugbus.
Siehe auch
- Train Real Time Data Protocol als Teil des TCN
Literatur
- IEC 61375-1:2012 Electronic railway equipment - Train communication network (TCN) - Part 1: General architecture
Weblinks
- Hubert Kirrmann (ABB Corporate Research), Pierre A. Zuber (DaimlerChrysler Rail Systems): The IEC/IEEE Train Communication Network. (PDF) In: IEEE Micro. March-April 2001, Januar, S. 81-92. 0272-1732/01.
- The IEC / IEEE / UIC Train Communication Network for time-critical and safe on-board communication (en, powerpoint; 3,7 MB) Bombardier Transportation. 10. Juni 2002. Abgerufen am 7. Oktober 2011.
Einzelnachweise
- Hubert Kirrmann: Train Communication Network IEC 61375-4 Wire Train Bus. (Powerpoint; 1,0 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), 20. Januar 1999, archiviert vom Original am 16. Juni 2011; abgerufen am 7. Oktober 2011 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Bernhard Tellenbach: Vom Fahrgastinformations- zum Infotainmentsystem. 2005, abgerufen am 24. September 2019.