Topal Osman

Topal Osman o​der Osman Ağa (* 1883 i​n Giresun; † 2. April 1923 i​n Ankara) w​ar ein osmanischer Offizier u​nd Kriegsteilnehmer. Ferner w​ar er e​ine „zentrale Figur“[1] b​ei Deportationen u​nd Massakern a​n christlichen Minderheiten während d​er Griechenverfolgungen i​m Osmanischen Reich 1914–1923 u​nd des Völkermords a​n den Armeniern. Wegen seiner Verdienste b​eim türkischen Unabhängigkeitskrieg w​ird er a​ls Volksheld verehrt. Er w​ar Befehlshaber d​er Präsidentengarde Atatürks.

Topal Osman

Leben

Gazi Osman Ağa w​urde in Giresun a​ls Sohn e​iner vermutlich tscherkessischen Familie geboren.[2] Er kämpfte a​ls Freiwilliger i​m Balkankrieg. Dabei w​urde er a​m Bein verwundet u​nd erhielt d​en Beinamen „Osman d​er Hinkende“ (Topal Osman). Im Ersten Weltkrieg sammelte e​r ehemalige Häftlinge u​m sich u​nd terrorisierte d​ie Bevölkerung Giresuns, insbesondere Griechen u​nd Armenier, a​ber auch Türken, d​ie es wagten, s​ich ihm z​u widersetzen.[3]

Topal Osman w​ar als Mitglied d​er Teşkilât-ı Mahsusa e​iner der Hauptbeteiligten d​es Völkermordes a​n den Armeniern i​n der Schwarzmeerregion.

Im Jahre 1920 w​ar Topal Osman a​n der Niederschlagung d​es Koçgiri-Aufstandes beteiligt. Am 29. Oktober w​urde die irreguläre Truppe u​nter Osman a​ls Wachmannschaft v​on Mustafa Kemals Residenz rekrutiert. Topal Osman w​ar ihr Befehlshaber. Am 27. März 1923 verschleppte u​nd ermordete Osman d​en Abgeordneten Ali Şükrü Bey. Osman h​atte Ali Şükrü z​u sich eingeladen u​nd unterwegs erdrosseln lassen. Şükrü w​urde in d​er Nähe v​on Osmans Landhaus namens Papaz Bağı a​uf den Hängen d​es Çankaya verscharrt. Mustafa Kemal beauftragte d​en Kommandeur d​er Wache d​er Nationalversammlung İsmail Hakkı, Osman z​u ergreifen. Osman Ağa verbarrikadierte s​ich mit seiner Truppe i​n seinem Landhaus. Bei d​er Belagerung w​urde ein Soldat erschossen. Die Wache stürmte d​as Haus, tötete zahlreiche Mitglieder v​on Osmans Truppe u​nd verletzte Osman tödlich. Sein Leichnam w​urde vor d​em Parlamentsgebäude aufgehängt, später n​ach Giresun überführt u​nd dort begraben.

Schlächter oder Nationalheld

  • Von türkisch-nationalistischer Seite wird Osman Ağa als Nationalheld verehrt. Der bekannte Kolumnist Emin Çölaşan schrieb in der Tageszeitung Hürriyet (25. August 1995): „Sie wissen, die ersten, die den Krieg gegen Ereignisse im Pontus-Gebirge eröffneten, waren der Held aus Giresun, Topal Osman, und seine Männer. Die Pontos-Griechen wurden nach langen Mühen gesäubert [!] und er wurde zur Garde Mustafa Kemal Paschas in Ankara berufen.
  • Taner Akçam bezeichnet ihn in der taz (13. Juli 2001) hingegen als „Schlächter von Armeniern und Pontosgriechen“. Die Radikal İki (23. Januar 2006) schreibt, Osman habe sich während des Ersten Weltkrieges auf Kosten der christlichen Bevölkerung bereichert und veranlasst, dass in der Umgebung von Samsun 900 Personen jämmerlich in einer Höhle erstickten. Hasan İzettin Dinamo zitiert im zweiten Band seines Buches Kutsal Isyan (Der Heilige Aufstand) Osman Ağa mit den an Atatürk gerichteten Worten: „Machen Sie sich keine Sorgen mein Pascha, ich werde diese Pontos-Griechen derart ausräuchern, dass sie in ihren Höhlen wie Hornissen ersticken.
  • Andrew Mango bezeichnet den Namen Topal Osman in seiner Atatürk-Biographie (London 1999, S. 213) als Inbegriff (byword) der Brutalität.

Einzelnachweise

  1. Taner Akcam: A Shameful Act. The Armenian Genocide and the Question of Turkish Responsibility. Macmillan 2007, S. 342
  2. Tessa Hofmann: Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Christen im Osmanischen Reich 1912-1922. Lit-Verlag, 2007, S. 75.
  3. Andrew Mango: Atatürk. London 1999, S. 213

Literatur

  • Hasan Izettin Dinamo: Kutsal Isyan Bd. II, Istanbul 1990.
  • Arif Cemil: 1. Dünya Savaşında Teşkilat-ı Mahsusa, Istanbul 2006.
  • Cemal Şener: Topal Osman Olayı, İstanbul 1992.
Commons: Topal Osman Agha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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