The Genographic Project
Das Genographic-Projekt wurde im April 2005 von der US-amerikanischen National Geographic Society und IBM in Kooperation mit der University of Arizona and Family Tree DNA gestartet und ist eine auf fünf Jahre angelegte anthropologische Studie mit dem Ziel, die historischen Wanderungsbewegungen der Menschheit zu kartieren. Dazu sollen DNA-Proben von über 100.000 Menschen auf allen fünf Kontinenten gesammelt werden.
Einzigartig an diesem Projekt ist, dass auch die Öffentlichkeit daran teilnehmen kann. Für 100 US-Dollar (Preis 2009, zzgl. Zoll und Versandkosten) kann man sich ein Selbsttest-Paket in die ganze Welt liefern lassen und einen selbst entnommenen Abstrich der Mundschleimhaut an National Geographic schicken. Nach der Analyse wird das Ergebnis anonym in einer Internet-Datenbank veröffentlicht. Man nutzt genetische Marker auf der mitochondrialen DNA (HVR1) um den Verwandtschaftsgrad in maternaler Linie zu bestimmen und auf dem Y-Chromosom (12 Microsatelliten Marker und Haplogruppen-SNPs) um den Verwandtschaftsgrad in paternaler Linie zu bestimmen. Jeder Teilnehmer der Studie kann somit seine eigene genetische Herkunft und die Verwandtschaft in maternaler und paternaler Linie erfahren. Bis April 2009 hatten bereits mehr als 300.000 interessierte Menschen teilgenommen und am 30. August 2009 zeigte der National Geographic Channel unter dem Titel The Human Family Tree (etwa Der Stammbaum des Menschen) eine Dokumentation, die unter Verwendung der bis jetzt vorliegenden Ergebnisse entstand.
Das 40-Millionen-Dollar-Projekt ist eine privat finanzierte Kooperation von National Geographic, IBM und der Waitt Family Foundation. Alle Überschüsse aus dem Verkauf der Selbsttest-Pakete sollen einem Fonds für Projekte zum Kulturschutz zugutekommen, die von Ureinwohnern vorgeschlagen werden.
Prominente Mitglieder sind Spencer Wells (Projektleiter, Wissenschaftler von National Geographic), Himla Soodyall (Wissenschaftler), Ajay Royyuru (Leiter der Bioinformatik, IBM).
Anmerkungen und Kritik
Das Genographic-Projekt wird oft mit dem fehlgeschlagenen Human Genome Diversity Project (HGDP)[1] aus den 1990er Jahren verglichen, welches nach einem Streit über die Verwaltung der DNA-Informationen scheiterte. Die Leiter des neuen Projekts wollen ihre Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und versprechen eine umfassende Beratung der Ureinwohner. Einige der führenden Mitglieder des Genographic-Projekt waren auch Mitglieder des HGDP. Der Vorsitzende des Beirates beispielsweise, Luigi Cavalli-Sforza, ist der Genetiker, der das HGDP ursprünglich vorschlug.
Kurz nach der Bekanntgabe des Genographic-Projekt im April 2005 protestierte das Indigenous Peoples Council on Biocolonialism (‚Rat der Ureinwohner gegen Biokolonialisierung‘) gegen das Projekt, seine Verbindungen zum HGDP und rief zum Boykott von IBM, Gateway Computers und National Geographic auf. IPCB-Ratsmitglied Marla Big Boy, ein Stammesangehöriger der Lakota, sagte dazu: „Unsere Schöpfungsgeschichten und Sprachen transportieren die Informationen über unsere Genealogie und unsere Vorfahren. Wir brauchen keine genetischen Tests, um zu wissen, wo wir herkommen“. (Orig.: „Our creation stories and languages carry information about our genealogy and ancestors. We don’t need genetic testing to tell us where we come from.“)[2]
Die Diskussion der Ergebnisse und Annahmen auf Basis dieser Studie ist vergleichbar mit Kritik und Zustimmung bei Professor Bryan Sykes, einem Vorreiter der Nutzung mitochondrialer DNA bei der Analyse von maternalen Verwandtschaftsverhältnissen. Sykes dokumentierte seine wissenschaftliche Arbeit in seinem Buch Die sieben Töchter Evas, welches neben den beweisbaren Inhalten, auch Ausführungen und Annahmen in unterhaltsamer und wissenschaftlich nicht belegbarer Form enthält.
Einzelnachweise
Weblinks
- Offizielle Homepage (englisch)
- CNN-Artikel vom 14. April 2005 (englisch).