Tätowiermaschine
Eine Tätowiermaschine ist ein elektrisch betriebenes technisches Gerät zur Herstellung von Tätowierungen, mittels Einbringung von Tätowierfarben in die menschliche Haut und das Standardwerkzeug eines neuzeitlichen Tätowierers.
Geschichte
Das Grundmodell einer Tätowiermaschine war ein Gerät, das Thomas A. Edison 1877 in den USA mit der Bezeichnung Stencil-Pens patentieren ließ.[1] Ursprünglich wurde das Gerät für das Gravieren von Gegenständen entwickelt. Später entdeckte Samuel O’Reilly, dass die Maschine von Edison nach Umbau die Möglichkeit bot, Tinte unter die Haut zu stechen. Erstmals im Jahre 1891 ließ sich Samuel O’Reilly eine Tätowiermaschine, eine Tattoo-Gun, patentieren. Der New Yorker Tätowierer Charlie Wagner meldete im Jahr 1904 ein Patent auf eine Tätowiermaschine an. Da O’Reilly bei Wagner in die Lehre ging, wird mitunter darüber gestritten, wer von den beiden als Erfinder der elektrischen Tätowiermaschine gilt.[2] Der Tätowierer Christian Warlich verwendete als erster in Deutschland eine elektrische Tätowiermaschine.[3]
Eine weitere Tätowiermaschine arbeitet mit einem Elektromotor. Diese Rotarymaschine wurde in Deutschland von 1964 bis 1975 von Horst Streckenbach[4] und in modifizierter Version[5] ab 1976 von Manfred Kohrs[6][7] konstruiert und angefertigt.[8] Ferner sind noch pneumatische Maschinen auf dem Markt.
Technik
Magnetspulenmaschine
Bei einer Magnetspulenmaschine wird z. B. mit Hilfe zweier Spulen ein Magnetfeld erzeugt, das eine Anzahl feiner, an eine Stange gelöteter Nadeln schnell vor- und rückwärts bewegt.
- Magnetspulenmaschine
- Detailansicht 1
- Detailansicht 2
- Reisetätowiermaschine
Rotationstätowiermaschine
Bei der Rotationstätowiermaschine (Rotarymaschine) wird mittels Elektromotor eine Drehbewegung erzeugt, die mittels eines Exzenters in die notwendige Auf- und Abwärtsbewegung umgesetzt wird. Die Rotarymaschine wird meist im kosmetischen Bereich für Permanent Make-up von Tätowierern für sehr feine Linien oder Schattierungen verwendet. Die mit Elektromotor angetriebene Tätowiermaschine hat im Gegensatz zur Magnetspulenmaschine eine größere Laufruhe und ist mit bis zu 18.000 Hüben pro Minute auch erheblich schneller.
- Rotarymaschine „Kohrs 1978“ (color-schader)
- Rotarymaschinenset „Kohrs 1978“
- Rotarymaschine „Kohrs 1978“ (Liner), kunst galerie fürth 2015.
- Rotarymaschine "Cheyenne HAWK" aus dem Jahr 2011.
Verwendungszwecke
Eine Tätowiermaschine für Linien wird „Liner“ und für Schattierung „Shader“ genannt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Varianten der zwei Maschinenmodelle, die mit Einstellungen für Liner oder Shader arbeiten. Inzwischen arbeiten viele Tätowierer mit Tat-Guns (Tattoo-Guns, dt. "Tätowierpistolen") mit denen man Schattierungen ebenso wie auch Linien tätowieren kann. Bei den meisten neuen Maschinen besteht die Möglichkeit, sowohl Tiefe, als auch Geschwindigkeit und Stärke des Stichs einzustellen. Die Tinte hält sich dank der Kapillarwirkung zwischen den Nadeln und wird durch die Schnelligkeit der Bewegung in die Haut gebracht.
Rechtliche Grundlagen
Am 1. Mai 2009 trat die Tätowiermittel-Verordnung (TätV) in Kraft. Grundsätzliches ist im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) geregelt, die TätV regelt darüber hinaus konkret die Kennzeichnung, sowie Mitteilungspflichten und unerlaubte Inhaltsstoffe. Zu den Tätowiermitteln gehören auch die Mittel für Permanent Make-up.[9] Eine Regelung zur Beschaffenheit der technischen Ausrüstung, wie z. B. der Tätowiermaschine, existiert zurzeit nicht. Die hygienische Beschaffenheit der Maschinen wird durch die jeweiligen Hygiene-Verordnungen der Bundesländer geregelt.[10]
In Österreich sind das Tätowieren und Piercen in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Ausübungsregeln für das Piercen und Tätowieren durch Kosmetik (Schönheitspflege)-Gewerbetreibende geregelt.[11]
In der Schweiz sind die Anforderungen ans Tätowieren hauptsächlich in der Humankontakt-Verordnung (HKV Art. 3-9) und in der Verordnung über kosmetische Mittel (VKos, SR 817.023.31) geregelt.[12]
Trivia
Da Tätowierungen in Haftanstalten[13][14] nach wie vor begehrt sind, werden von Häftlingen aus jedwedem Material Tätowiermaschinen hergestellt.[15][16]
Zur Fertigung von Tätowiermaschinen finden z. B. Elektrorasierer Verwendung. Kanülen oder Nähnadeln werden beispielsweise mit einer Kugelschreiberspitze verbunden, die als Griffstück und Farbtank dient.[17]
Weblinks
Einzelnachweise
- Victoria Groß: Hautgravuren - Zur Individualisierung des Körpers. S. 10
- Tätowier Magazin 01/12: Tätowiermaschinen. „Eine Türklingel mit Nadel und Tinte“. Abgerufen am 6. April 2015.
- Museum für Hamburgische Geschichte: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde, Bände 11–12. Verlag Museum für Hamburgische Geschichte 1967, S. 107.
- Samuel M. Steward: Bad Boys and Tough Tattoos, Routledge London & New York, S. 190. ISBN 0-918393-76-0
- Xenia Miller: Mit heißer Nadel Süddeutsche Zeitung vom 30. März 2021, abgerufen am 31. März 2021.
- Tattoo Nation Tattoo Magazine: How it works – Tattoo Machine, Issue # 1 vom 10. Juli 2014, S. 35.
- tattooing1.blogspot.de. Abgerufen am 24. Oktober 2013.
- reinMein die überlokale Zeitschrift: Das Tattoo-Kunsthandwerk – eine Technik, die unter die Haut geht abgerufen am 20. Juni 2012
- bvl.bund.de: Rechtliche Rahmenbedingungen. Abgerufen am 26. Juli 2013.
- Hygieneverordnung des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales vom 17. August 2001
- StF: BGBl. II Nr. 141/2003
- (PDF) Merkblatt zur Beurteilung von Tätowier- und Permanent-Make-up-Farben sowie von Piercings im Rahmen der Selbstkontrolle.
- Robert: Geschichten unter der Haut. In: unique-online.de. Abgerufen am 14. August 2016.
- Klaus Pichler: Fürs Leben gezeichnet – Gefängnistätowierungen und ihre Träger. Fotohof Edition Verlag 2011.
- Waffen, Tätowiermaschine, Schnapsbrenner. Die illegalen Bastel-Arbeiten der Knackis. Abgerufen am 15. September 2013.
- Annegret Stephan, Klaus-Dieter Müller (Hrsg.): Die Vergangenheit lässt uns nicht los: Haftbedingungen politischer Gefangener in der SBZ/DDR und deren gesundheitliche Folgen. Arno Spitz 1998, ISBN 3-870-61812-4, S. 93.
- Museum Digital Baden-Württemberg: Improvisierte Tätowiermaschine mit Remingtonrasierer