Swisstransplant
Swisstransplant ist die Schweizerische Nationale Stiftung für Organspende und Transplantation. Ziel der Stiftung ist die landesweite Förderung, Entwicklung und Koordination der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen sowie die Information der Öffentlichkeit über die Organspende und die Organtransplantation. Im Auftrag des Bundes ist die Stiftung für die gesetzeskonforme Zuteilung der Organe an entsprechende Empfänger zuständig und führt zudem die nationale Warteliste. Die Stiftung mit Hauptsitz in Bern beschäftigt rund 40 Mitarbeiter.[1]
Geschichte
1963 wurde am Inselspital Bern die schweizweit erste Nierentransplantation von einem verstorbenen Spender durchgeführt.[2] Es folgten Organtransplantationen am Kantonsspital Basel (1968), am Kantonsspital St. Gallen (1969) sowie an den Universitätsspitälern Genf (1970) und Lausanne (1971). Weiter tätigte der schwedische Herzchirurg Åke Senning in der Klinik für Herzgefässchirurgie am Kantonsspital Zürich 1969 die erste Herztransplantation der Schweiz. Aufgrund der stetig ansteigenden Transplantationsrate und der rasch fortschreitenden Entwicklungen im Bereich der Transplantationsmedizin wurden in Bern zu Beginn der Achtzigerjahre unter dem Vorsitz von Felix Largiadèr erste Tagungen einberufen, welche am 4. März 1985 die Gründung der Stiftung Swisstransplant am Universitätsspital Genf (Hôpitaux Universitaires de Genève) zur Folge hatten.
Auf eine sechsjährige Präsidentschaft Jakob Schönebergers während der Jahre 1985 bis 1991 folgte eine Phase des Stiftungsausbaus: Unter Präsident Guy O. Segond wurde die Organzuteilung erstmals national koordiniert. Von 1998 bis 1999 bekleidete Felix Largiadèr das Präsidentschaftsamt, bevor Trix Heberlein zu Beginn des neuen Jahrtausends das Präsidium der Stiftung übernahm und Swisstransplant unter besonderer Berücksichtigung vorwiegend staatlicher Aufgaben bis ins Jahr 2013 leitete. Am 1. Januar 2007 trat das nationale Transplantationsgesetz in Kraft, dessen Umsetzung seit Anfang 2009 durch den Nationalen Ausschuss für Organspende CNDO (Comité National du Don d’Organes) koordiniert wird. Unter der Führung Heberleins wurde 2004 zudem Conrad E. Müller zum ersten Geschäftsführer der Stiftung Swisstransplant ernannt. Im Mai 2008 überliess Müller seine Stellung Franz Immer, damaliger Facharzt für Herzchirurgie FMH an der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie am Inselspital Bern. 2014 legte auch Trix Heberlein das Amt der Stiftungsleitung nieder und übergab die Präsidentschaft ihrem Nachfolger Pierre-Yves Maillard unter dessen Führung die Stiftung Swisstransplant massgeblich für die Umsetzung des Aktionsplans des Bundesamts für Gesundheit (BAG) «Mehr Organe für Transplantationen» verantwortlich zeichnet.[3]
Stiftungsstruktur (Organisation)
Oberstes Organ von Swisstransplant ist der Stiftungsrat, dem rund zwanzig Mitglieder unterschiedlicher Gebiete wie etwa der Transplantations- und Intensivmedizin, der medizinischen Fachgesellschaften, der Krankenversicherer sowie Fachspezialisten der Bereiche Recht und Politik angehören. Präsidiert wird der Stiftungsrat seit 2014 von Pierre-Yves Maillard, das Vizepräsidium bekleiden Christoph Haberthür, Chefarzt Anästhesie an der Klinik Hirslanden in Zürich sowie Daniel Candinas, Direktor und Chefarzt Viszeralchirurgie und Medizin am Inselspital Bern.
Geschäftsstelle Bern
Die Geschäftsstelle der Stiftung Swisstransplant steht unter der Leitung von Franz Immer und hat ihren Sitz in Bern. Sie beschäftigt rund 40 Mitarbeiter. Die Geschäftsleitung der Stiftung wird von zwei Ausschüssen, dem Comité Médical (CM) sowie dem Comité du Don d’Organes (CNDO) flankiert.[4]
Comité Médical
Das Comité Médical[5] bezeichnet den medizinischen Ausschuss der Schweizerischen Stiftung für Organspende und Transplantation. Das medizinische Komitee CM befasst sich mit Fragestellungen rund um die Transplantationsmedizin und wird von den Präsidenten der Swisstransplant-Arbeitsgruppen sowie Vertretern der Transplantationszentren gestellt. In Kollaboration mit den Arbeitsgruppen ist der medizinische Ausschuss massgeblich an der Ausarbeitung und Optimierung der Zuteilungsregeln von Organen an potenzielle Empfänger beteiligt und gewährleistet ideale Verbindungen zu nationalen und internationalen Transplantationszentren.
Comité National du Don d’Organes
In Abgrenzung zum Comité Medical setzt sich das Comité National du Don d’Organes (CNDO) aus Vertretern der sechs Spendernetzwerken, der Lokalen Koordination Organspende sowie Vertretern der medizinischen Fachgesellschaften zusammen und bezeichnet somit den nationalen Ausschuss für Organspende der Stiftung Swisstransplant. Das Anfang 2009 aus der Integration der Schweizerischen Stiftung für Organspende FSOD hervorgegangene CNDO widmet sich der schweizweiten Förderung der Organ- und Gewebespende und gewährleistet den Informationsaustausch und die Koordination zwischen Spendernetzwerken und der Nationalen Stiftung für Organspende Swisstransplant.[6]
Tätigkeit und Ziele
Hauptziel der Stiftung ist die landesweite Förderung, Entwicklung und Koordination der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Als nationale Zuteilungsstelle ist Swisstransplant im Auftrag des Bundes zudem für die gesetzeskonforme Zuweisung der Spenderorgane an entsprechende Empfänger zuständig und organisiert und koordiniert auf nationaler Ebene und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit ausländischen Zuteilungsorganisationen alle mit der Organzuweisung verbundenen Tätigkeiten.[7]
Ferner zählt gemäss Stiftungsstatuten die Information der Öffentlichkeit hinsichtlich der Thematik der Organspende und Transplantation zu den elementaren Aufgaben von Swisstransplant. Überdies führt die Stiftung die nationale Warteliste der Organempfänger und erstellt und publiziert regelmässig Statistiken zur vorherrschenden Spendenbereitschaft der Bevölkerung zu erfolgten Transplantationen sowie zu aktuellen organspezifischen Wartezeiten.
Transplantationskoordination
Neben den vorhergehend aufgeführten Informations- und Sensibilisierungsaufgaben zählt auch die nationale Transplantationskoordination zu den zentralen Wirkungsfeldern der Stiftung Swisstransplant. Gemäss Art. 19 des schweizerischen Transplantationsgesetzes führt Swisstransplant als verantwortliche Zuteilungsstelle die Liste aller gemeldeten auf eine Transplantation wartenden Personen und teilt die verfügbaren Organe nach Rücksprache mit den Transplantationszentren gemäss Listung den entsprechenden Empfängern zu. Das eigens hierfür zuständige 10-köpfige Koordinationsteam ist rund um die Uhr erreichbar, organisiert und koordiniert sämtliche mit einer Transplantation zusammenhängenden Tätigkeiten und steht in ständigem Kontakt mit ausländischen Zuteilungsorganisationen sowie der Transplantationskoordination der sechs inländischen Transplantationszentren.[8]
Kampagnen
Zur nachhaltigen Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Thematik der Organspende und Transplantation hat Swisstransplant in den vergangenen Jahren mehrere zielgruppenorientierter Kampagnen lanciert.
Spitalkampagne „Entscheiden – Reden – Entlasten“
Basierend auf den Resultaten einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, welche eine grundsätzlich hohe gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Organspenden und Transplantationen zu Tage förderte, jedoch auch festmachte, dass die hohe Spendenbereitschaft nur selten zu einer klaren Willensäusserung führt, realisierte Swisstransplant Mitte September 2015 eine gesamtschweizerische Kampagne zur gezielten Sensibilisierung und Information von Fachpersonen und Bevölkerung in und um Schweizer Spitäler. Die Kernbotschaft der Spitalkampagne Entscheiden, reden, entlasten zielte auf das Entscheiden und Reden bezüglich Organspende, um auf diese Weise sowohl Angehörige als auch Spitalpersonal erheblich zu entlasten. Im Rahmen dieser Sensibilisierungskampagne wurden insgesamt acht verschiedene Porträts von Transplantierten publiziert, welche mit dem Satz „Ich bin seit … tot“, dem Transplantationsjahr der betroffenen Protagonisten sowie den Worten „…Eigentlich. Da war aber jemand, der mir sein Herz gespendet hat“ betitelt sind.[9]
Jugendkampagne „Wir entscheiden uns“
Auf Anregung einer Maturandin des Gymnasiums Willisau hat Swisstransplant 2013 die Kampagne „Wir entscheiden uns“ ins Leben gerufen. Ziel dieses ursprünglich von Giuliana Affentranger im Rahmen einer Maturaarbeit konzipierten Projekts besteht darin, Jugendliche ab 16 Jahren mittels einer eigens auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Broschüre über die Möglichkeit der Organspende zu informieren und junge Erwachsene wenn möglich zu einer eigenen, reflektierten Entscheidung bezüglich der Organspende zu bewegen. Die Kampagne „Wir entscheiden uns“ richtet sich demnach in erster Linie an Jugendliche sowie an Schulen und Lehrkräfte der entsprechenden Stufen. Mittlerweile steht Swisstransplant landesweit mit über 180 Schulhäusern in Kontakt und hat aufgrund der grossen Nachfrage der Institutionen in Kooperation mit Lehrpersonen unterschiedlichster Fachrichtungen Lernsätze entwickelt, welche das Themenfeld der Organspende und der Transplantation unter Berücksichtigung fächerspezifischer Gesichtspunkte umfassend beleuchten.[10]
Medical ID-App
Mithilfe der Medical ID-Applikation können Spendekarten in digitaler Form auf dem Smartphone ausgefüllt werden. Beim Eintritt in eine von schweizweit rund 40 mit EID-Technologie ausgerüsteten Notfallstationen wird die Organspende-Karte auf dem Sperrbildschirm des Smartphones angezeigt und ist für das medizinische Fachpersonal per Bluetooth ohne Entsperrungscode zugänglich.
„Rede über Organspende“
Im September 2016 haben Swisstransplant und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Kampagne „Rede über Organspende“ lanciert. Die Kampagne soll bis April 2020 Menschen dazu anregen, Organspenden zu erwägen und Angehörigen den Entscheid für oder gegen Organspende mitzuteilen. Die Kampagne ist Teil des Aktionsplans „Mehr Organe für Transplantationen“, der im März 2013 vom Bundesrat lanciert worden ist.[11]
Aktionsplan BAG „Mehr Organe für Transplantationen“
Der Nachfrage nach transplantablen Organen ist derzeit grösser als das bestehende Angebot. So wies die Schweiz im Jahr 2013 eine Spenderate von 13 Spender pro Million Einwohner auf. Damit liegt sie im europäischen Vergleich im hinteren Drittel. Mit dem am 8. März 2013 initiierten Aktionsplan „Mehr Organe für Transplantationen“[12] verfolgt der Bundesrat in Zusammenarbeit mit Akteuren wie etwa Swisstransplant das Ziel, das bestehende Potenzial an Organspendern effektiver zu nutzen und die Spendenrate Verstorbener um rund 60 % – von 13 auf 20 Spendende pro Million Einwohner – zu erhöhen. Die Umsetzung des vom BAG lancierten Aktionsplans sollte im Wesentlichen in zwei Etappen erfolgen: In einer ersten Phase, bis Ende 2013, wurden die notwendigen Schwerpunkte festgelegt, welche in einer zweiten Periode 2014–2017 in Teilprojekten umgesetzt werden sollten. Um für einzelne Massnahmen entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, wurde in der zweiten Umsetzungsphase unter anderem eine Revision des Transplantationsgesetzes angestrebt. Obwohl die eingeführten Massnahmen positive Effekte zeigten, wurde das gesteckte Ziel von 20 Spendern pro Million Einwohner mit 18,6 pmp nicht ganz erreicht. Der neue Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen» 2019–2021 soll mit aktualisierten und angepassten Massnahmen die Zahl der Organspenden weiter erhöhen und das Ziel von 22 Spendern pmp erreichen. Als eine sowohl im Steuerungs- als auch im Begleitgremium vertretene Organisation ist die Stiftung Swisstransplant stark in die Erarbeitung und Umsetzung dieses vom BAG entworfenen Aktionsplans involviert.
Warteliste und Spenderzahlen
Um den Umsetzungsverlauf des Aktionsplan des BAG bis ins Jahr 2017 dokumentarisch festzuhalten, erhebt und veröffentlicht die Stiftung Swisstransplant viermal jährlich Zahlen zu transplantierten Spenderorganen sowie zur aktuellen von der Stiftung geführten Empfängerwarteliste. Letztere erfasst Patienten mit schwerwiegend eingeschränkter Organfunktion, bei denen jegliche alternativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Wartezeit der Gelisteten für eine Transplantation kann je nach benötigtem Organ und in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand des Empfängers sowie der medizinischen Dringlichkeit des Eingriffs wenige Tage bis mehrere Jahre in Anspruch nehmen.[13]
Wie die von Swisstransplant erhobenen Zahlen zeigen, wurden im Jahr 2017 in den sechs anerkannten Schweizer Transplantationszentren insgesamt 40 Herzen, 32 Lungen, 143 Lebern und 19 Pankreas transplantiert. Die grösste Anzahl transplantierter Organe ist mit 360 Eingriffen im Bereich der Nierentransplantation zu verzeichnen.[14] Im Jahr 2018 verzeichnete die Schweiz mit 158 verstorbenen Spendern einen Spendehöchststand. Insgesamt konnten 50 Herzen, 42 Lungen, 156 Lebern, 17 Pankreas und 352 Nieren transplantiert werden.[15]
Spendenetzwerke und Transplantationszentren
Das Transplantieren von Organen erfolgt landesweit in sechs verschiedenen Transplantationszentren. Dazu zählen die Universitätsspitäler Genf, Lausanne, Bern, Basel und Zürich sowie das Kantonsspital St. Gallen. Jedes der Zentren ist auf die Transplantation gewisser Organe spezialisiert. Während am Universitätsspital Bern Herz-, Leber- und Nierentransplantationen durchgeführt werden, konzentrieren sich das Universitätsspital in Basel und das Kantonsspital St. Gallen auf das Transplantieren von Nieren. Herz-, Leber- und Nierentransplantationen sind auch in Genf möglich, wo ferner Lebern, Pankreata und Langerhans-Inseln, wie auch Dünndärme ex- und implantiert werden. Das grösste Transplantationszentrum der Schweiz befindet sich jedoch am Universitätsspital Zürich. Neben Herz-, Leber-, Dünndarm- und Pankreata-Transplantationen nehmen Chirurgenteams an dem im Jahr 2007 eröffneten Zentrum auch Verpflanzungen von Langerhans-Inseln vor.[16]
Während sich Transplantationseingriffe bei jüngeren Kindern an den Zentren in Bern und Lausanne auf Herzen und Nieren beschränken, ermöglicht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Transplantationszentrum Zürich und dem benachbarten Kinderspital, am Zürcher Transplantationszentrum nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern Herz-, Lungen- und Nierentransplantationen durchzuführen. Neben dem Verpflanzen von Organen kommt den Transplantationszentren auch das Listen der Organempfänger auf der nationalen Warteliste zu. Es entscheiden demnach die Zentren, welche Patienten eine Transplantation benötigen und auf die Warteliste für Organtransplantationen gesetzt werden müssen.[17]
Organspende-Karten
Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich der Organspende und Transplantation zählt zu den Kernaufgaben der Stiftung Swisstransplant. Ziel der Bevölkerungssensibilisierung besteht jedoch nicht allein im Akquirieren von Spendern. Im Zentrum der Stiftungsbemühungen steht vielmehr der Anspruch, Einzelpersonen zu einer persönlichen Entscheidung für oder gegen das Spenden körpereigener Organen zu bewegen. Das Dokumentieren des eigenen Willens mittels Organspende-Karte sei, so die Nationale Stiftung für Organspende, ein probates Mittel, Angehörige und Spitalangestellte im Entscheidungsfall zu entlasten. Liegt hingegen keine Willensäusserung zur Entnahme von Organen, Geweben und Zellen zum Zweck der Transplantation vor, entscheiden die nächsten Angehörigen darüber, ob die Organe der verstorbenen Person gespendet werden oder nicht – eine Entscheidung, die für Trauernde wie auch für das Spitalpersonal eine grosse Belastung darstellen kann.[18]
Nationales Organspenderegister
Am 1. Oktober 2018 lancierte Swisstransplant das Nationale Organspenderegister. Im Online-Register können in der Schweiz oder in Liechtenstein wohnhafte Personen ab 16 Jahren dokumentieren, ob und wenn ja, welche Organe und Gewebe im Todesfall entnommen werden dürfen. Zudem kann darüber bestimmt werden, ob nicht transplantierbare Organe und Gewebe zu Forschungszwecken weiterverwendet werden können. Der freiwillige und jederzeit modifizierbare Registereintrag erfolgt per Benutzeraccount mit persönlichem Login. Steht nach einem Todesfall im Spital die Frage einer Organ- und Gewebespende im Raum, können zuständige Ärzte nach beschlossenem Therapieabbruch den Registereintrag über die Nationale Koordination von Swisstransplant konsultieren. Im Gegensatz zur nach wie vor gültigen Organspende-Karte, welche im entscheidenden Moment oft nicht auffindbar ist, wird der im Register dokumentierte Entscheid im Ernstfall sicher zugänglich gemacht. Mit dem klar definierten Entscheid besteht für behandelnde Ärzte wie auch für Angehörige die Gewissheit, im Sinne der verstorbenen Person zu handeln.[19]
Internationale Zusammenarbeit
Swisstransplant arbeitet eng mit verschiedenen ausländischen Transplantationsorganisationen zusammen – insbesondere mit der französischen Agence de la biomédicine (ABM), der südwesteuropäischen South Alliance for Transplants (SAT), der skandinavischen Scandiatransplant sowie der britischen Organisation NHS Blood and Transplant „NHSBT“. Findet sich für ein Organ innerhalb der schweizerischen Landesgrenzen kein passender Empfänger, wird es zu Transplantationszwecken ausländischen Partnerorganisationen übergeben. So wurden im Jahr 2018 insgesamt 16 transplantable Organe von der Schweiz ins Ausland vermittelt und exportiert. Umgekehrt wurden insgesamt 43 Organe aus anderen Ländern in die Schweiz importiert und an hiesigen Zentren implantiert.[20]
Erfolge
Mittels vermehrter Öffentlichkeits- und Spitalkampagnen förderte die Stiftung den offenen Diskurs betreffend Organspende und Transplantation.
Auch in Bezug auf den von Bund und Kantonen lancierten Aktionsplan, dessen Ziel darin bestand, die Rate postmortaler Spender bis ins Jahr 2018 schweizweit auf 20 Spender pro Million Einwohner zu erhöhen, verzeichnet Swisstransplant Erfolge. So gelang es während dem Kalenderjahr 2015 insgesamt 471 Organe von 143 Spendenden an konvenierende Empfänger zu vermitteln, was einem damaligen Spendenhöchststand und im Vergleich zum Jahr 2014 einem Zuteilungsanstieg von knapp 17 % entsprach. Auch in Zusammenhang mit der Organwarteliste war im Jahr 2015 eine aus Sicht der Stiftung durchaus positive Entwicklung zu verzeichnen. Nachdem die nationale Warteliste in den Vorjahren stetigen Zuwachs erfahren hatte, konnte das Ansteigen der Zahl gelisteter Patienten im Jahr 2015 merklich eingedämmt werden. Während Ende 2014 1`370 Personen auf ein lebensrettendes Organ hofften, nahm die Zahl im Folgejahr nur geringfügig zu und erfasste am 31. Dezember 2015 insgesamt 1`384 gelistete Patienten. Vor dem Hintergrund des von Bund und Kantonen verfolgten Aktionsplans besteht das gesetzte Ziel der Stiftung jedoch in der anhaltenden Erhöhung nationaler Spenderzahlen.[21] Mit insgesamt 111 Spendern im Jahr 2016 konnte Swisstransplant nicht an den Erfolg des Vorjahres anknüpfen, verzeichnete 2018 jedoch mit 158 Spendern einen Höchststand. Im Rahmen des Aktionsplans 2019–2021 sollen Prozesse vereinheitlicht, die Ausbildung des medizinischen Personals vertief und Strukturen in den Spitälern weiter verbessert werden. Ziel ist es, die Spenderate in der Schweiz bis 2021 auf 22 Spender pro Million Einwohner zu erhöhen.
Kritik
Als schweizerische Stiftung für Organspende und Transplantation sieht sich Swisstransplant mit einer Vielzahl kritischer Einwände konfrontiert. Die Kritik richtet sich einerseits gegen Struktur und Wirken der Stiftung, andererseits gegen den eigentlichen Wirkungsbereich Swisstransplants, gegen Organspende und Transplantation.
Kritik an Struktur und Erfolgsbilanz der Stiftung
Die Erhöhung der Spenderrate zählt zu den Hauptzielen der Stiftung für Organspende und Transplantation. Während im Jahr 2012 96 postmortale Organspender zu verzeichnen waren, erhöhte sich die Zahl 2013 auf 110, im Folgejahr auf 117 und 2015 gar auf eine Rekordzahl von 143 Spendern.[22] Dennoch erfuhr die Stiftung öffentliche Kritik hinsichtlich der erreichten Spenderzahlen. Trotz massiver Aufstockung an Personal und Ausbau der zur Verfügung stehenden Mittel gelänge es der Stiftung nicht, die konstant tiefe Spenderate der Schweizer Bevölkerung in analoger Weise zu erhöhen, kritisiert etwa der renommierte Herzchirurg und Direktor der Klinik für Herz- und Gefässchirurgie am Inselspital in Bern, Thierry Carrel, die erreichten Rekord-Spendezahlen des Jahres 2015 gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF.[23]
Kritik am Wirkungsbereich der Stiftung
Die nationale Organspendestiftung Swisstransplant ist neben Kritik an Struktur und Wirken auch allgemeinen Einwänden betreffend der Organspendepraxis und der Transplantation ausgesetzt. Als Zielscheibe spendekritischer Äusserungen verantwortet sich die Stiftung insbesondere gegenüber Einreden bezüglich der Validität des Hirntodkriteriums. Der einer Organentnahme vorausgesetzte vollständige und irreversible Ausfall aller Hirnfunktionen (Hirntod) umfasse, so die Argumentation der Transplantationsgegner, keinen ganzheitlich abgeschlossenen Sterbeprozess und sei daher faktisch nicht mit dem eigentlichen Tod eines Menschen gleichzusetzen. Aus diesem Grund komme das Entnehmen von Organen hirntoter Patienten einer Tötung menschlichen Lebens gleich und laufe moralisch-ethischen Werten wie auch medizinischen Grundsätzen drastisch zuwider.
Im Wissenschaftsmagazin Schweizerische Ärztezeitung vom September 2013 griff Franz Immer, Direktor der Stiftung Swisstransplant, die durch das Hirntodkriterium hervorgerufene Skepsis betreffend der Organspende auf und bezog Stellung gegenüber Kritikern der Transplantationsmedizin.[24] Immer erklärte gegenüber der Ärztezeitung, der Herz-Kreislauf eines hirntoten Menschen lasse sich nur dank Geräten der Intensivmedizin aufrechterhalten: „Ein Hirntoter ist effektiv und unwiederbringlich tot, seine Organe können nur noch künstlich am Leben gehalten werden.[...] Würde man die künstliche Beatmung abstellen, stünden auch Herz und Kreislauf still.“ Ferner argumentiert Immer, dass der Hirntod einer Person durch zwei Ärzte unabhängig voneinander und anhand von sieben explizit festgelegten klinischen Merkmalen diagnostiziert und somit vor einer Organentnahme medizinisch zweifelsfrei festgestellt werden müsse.
Einzelnachweise
- Statuten, Swisstransplant, Schweizerische Stiftung für Organspende und Transplantation, Art 2.
- Erste Transplantationen Schweiz. Abgerufen am 20. März 2017.
- Bundesamt für Gesundheit BAG: Aktionsplan "Mehr Organe für Transplantationen". Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Swisstransplant: Porträt. Abgerufen am 20. März 2017.
- Swisstransplant - Comité Médical. Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Swisstransplant - CNDO. Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Statuten, Swisstransplant, Schweizerische Stiftung für Organspende und Transplantation, Art 2.
- Not, Isabelle: Wir stellen uns vor - die nationale Koordination bei Swisstransplant - ein neues Team mit viel Engagement. In: Magazin. Nr. 28. Bern September 2015.
- Swisstransplant: Magazin Nr. 28. S. 12/13.
- Swisstransplant: Jugendkampagne: "Wir entscheiden uns". Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Rede über Organspende. Bundesamt für Gesundheit, abgerufen am 20. März 2017.
- Mehr Organe für Transplantationen. Bundesamt für Gesundheit (BAG), abgerufen am 20. Januar 2020.
- Swisstransplant: Jahresbericht 2014.
- Swisstransplant: Quartalszahlen. Swisstransplant, abgerufen am 20. März 2017.
- Swisstransplant (Hrsg.): Jahresbericht. Bern 2018.
- Transplantationszentrum Zürich: Über das Zentrum. Abgerufen am 28. März 2017.
- Swisstransplant: Transplantationszentren. Swisstransplant, abgerufen am 20. März 2017.
- BAG: Drei Gute Gründe, um über Organspende zu reden. Abgerufen am 28. März 2017.
- Swisstransplant: Nationales Organspenderegister. Abgerufen am 18. April 2019.
- Swisstransplant: Jahreszahlen. Swisstransplant, abgerufen am 20. März 2017.
- Swisstransplant: Medienmitteilung "2015: Bestes Jahr für die Organspende". Swisstransplant, 19. Januar 2016, abgerufen am 20. März 2017.
- Swisstransplant: Jahresbericht 2014.
- SRF: Kritik an Swisstransplant trotz Rekordzahlen. SRF, 5. Januar 2017, abgerufen am 20. März 2017.
- Immer, Franz: Es liegt an Ihnen, die Situation zu verbessern. In: Schweizerische Ärztezeitung. Nr. 38, 2013, S. 1429–1431.