Suzuki-Methode
Die Suzuki-Methode ist ein Musikerziehungskonzept, das bereits Kindern im sehr jungen Alter ab ca. drei Jahren den direkten Einstieg in den Instrumentalunterricht ermöglicht. Sie wurde nach ihrem Gründer, dem Violinenpädagogen Shinichi Suzuki, benannt. Die markantesten Unterschiede der Methode zu anderen Lehrmethoden bestehen in der von Suzuki selbst so bezeichneten „Muttersprachenmethode“, die analog zur Spracherziehung auf Auswendiglernen mit Hilfe von Hören, Beobachten und Nachahmen basiert und zunächst auf Notenlesen verzichtet, in der intensiven Einbeziehung eines Elternteils, der das Üben des Kindes zu Hause anleitet, der systematischen Erarbeitung eines von Suzuki entwickelten festen musikalischen Repertoires und in der Unterrichtsform, bei der jeweils wöchentlicher Einzelunterricht und ergänzender Gruppenspielkreis gleich gewichtet sind.
Hintergrund
Entstehung
Die Suzuki-Methode geht auf den japanischen Geiger und Pädagogen Suzuki Shinichi (1898–1998) zurück. Suzuki, der sich im Alter von 17 Jahren mit Hilfe von Schallplattenaufnahmen das Geigespielen selbst beibrachte, wuchs als Sohn des damals größten Geigenbaufabrikanten in Nagoya auf. Die Geige hatte in seiner Kindheit hauptsächlich den Stellenwert eines Spielzeugs und nicht den eines Musikinstruments.
Diese beiden biographischen Gegebenheiten beeinflussten sowohl Suzukis späteren Umgang mit dem Instrument als auch die Suzuki-Methode. Denn in der Suzuki-Methode ist als wesentlicher Aspekt das spielerische Element genauso wie das Prinzip der Nachahmung wiederzufinden.
Suzukis Interesse, Geige zu studieren, war nicht von der Motivation geleitet, ein perfekter Virtuose zu werden, sondern durch das Bedürfnis geweckt, die Kunst verstehen zu lernen. Um dies zu erreichen, führten ihn, nachdem Suzuki an der Ueno-Akademie (Tokio) abgelehnt wurde, persönliche Kontakte 1919 nach Deutschland, wo er in Berlin sein Studium bei Karl Klingler als dessen einziger Privatschüler begann. Ende der zwanziger Jahre kehrte er mit Erfahrungen und Anregungen für das Unterrichten aus Deutschland nach Japan zurück, wo er zunächst am Kaiserlichen Konservatorium in Tokio hauptsächlich Jugendliche im Geigenspiel unterrichtete. Kinder im frühen vorschulischen Lebensalter zu unterrichten galt damals als unmöglich und es gab so gut wie keine erfahrenen Lehrer. Einen Anlass zum Unterrichten von Kindern im Vorschulalter bekam Suzuki erst, als ein Vater Suzuki bat, seinen damals vierjährigen Sohn – den heute bekannten Geiger Toshiya Eto – im Geigenspiel zu unterrichten, und so wurde Suzuki ermutigt, über Möglichkeiten und Wege der instrumentellen Früherziehung nachzudenken. Suzuki erkannte, dass allen Kindern Japans eines gemeinsam ist, nämlich dass sie eine so komplexe Sprache wie die japanische mühelos durch Nachahmung erlernen und dabei jeden noch so schwierigen Dialekt ihrer Lebensregion wie selbstverständlich beherrschen. Bereits mit fünf Jahren können japanische Kinder ca. 4000 Wörter wiedergeben, weil sie ihre Muttersprache von klein auf sprechen. Dieses Prinzip des Lernens durch Nachahmung und Spiel übertrug Suzuki auf die Geige und machte es unter dem Begriff Muttersprachenmethode populär. Dass Suzuki die Geige als Unterrichtsmittel wählte, war eher zufällig. Die Wahl fiel deswegen auf dieses Instrument, weil er Geige am besten spielen konnte. Suzukis Lebenswerk macht ihn zum Vorreiter des Frühinstrumentalunterrichts.
Erste Unterrichtsversuche
Mit dem Ausspruch „Talent ist kein Zufall der Geburt“ gab Suzuki 1945 durch die Gründung der Musikschule in Matsumoto, der heutigen "Talent Education School" richtungsweisende Ansätze für die Talenterziehungsbewegung. Die für die Entwicklung der Suzuki-Methode entscheidenden Unterrichtsversuche startete Suzuki 1948 zunächst an der Hongo Primarschule in Matsumoto. Suzuki unterrichtete dort eine Experimentalklasse von 40 Schülern. Der Unterricht bestand darin, dass er jedem Schüler in irgendeinem Fach eine so leichte Übungsaufgabe stellte, dass die ganze Klasse gleichzeitig antworten konnte. Bevor man zu einer anderen Übung überging, wurde am folgenden Tag dieselbe Aufgabe wiederholt gestellt. Durch die hiermit erzielte hohe Lernmotivation erreichte jeder Schüler ein hohes Niveau an Fähigkeiten. Das heute bekannte Institut für Talenterziehung, die Sainô Kyôiku Yôji Gakuen (才能教育幼児学園), gründete Suzuki wenig später. Auch hier lehrte Suzuki eine Klasse von 60 Schülern im Alter von drei bis fünf Jahren allgemeine Fächer wie japanische Aussprache, chinesische Schriftzeichen, Ausdruck, Kalligraphie, Zeichnen, englische Konversation und Gymnastik. Erst später, 1950, wurde die Sainô Kyôiku Kenkyû-kai (才能教育研究会) in Matsumoto gegründet, wo Suzuki Violinspiel nach seiner Methode unterrichtete.
Obwohl die Instrumentalausbildung der Suzuki-Methode nicht die Heranbildung von Wunderkindern beabsichtigt, sind aus der Schule viele namhafte Geiger hervorgegangen. Die Absolventen der Sainô Kyôiku Kenkyû-kai steigerten sich rasch. Dank Suzukis aktiver Lehrtätigkeit bis ins hohe Alter hat seine Methode weltweit Verbreitung gefunden.
Suzukis Lebensphilosophie
In Suzukis Hauptwerk „Erziehung ist Liebe“ geht es in erster Linie darum, wie die Veranlagung des Menschen entwickelt werden kann. Der Ausgangspunkt seiner Erziehung bildet ähnlich wie in reformpädagogischen Postulaten die „Erziehung vom Kinde aus“. Suzuki verfolgt mit seiner Methode erstrangig allgemeinerzieherische Ideale. Sie stehen im Zusammenhang mit seiner Biographie, der japanischen Kultur und der Erfahrung mit der europäischen Kultur. Die Einstellung zum Leben sowie seine Pädagogik sind geprägt von dem Wunsch, alle Kinder durch das Geigenspiel zu guten und fähigen Menschen zu erziehen, zu Menschen, die als ein aktives Mitglied der Gesellschaft heranwachsen. Seine Lebensphilosophie fußt ganz auf den Zen-Buddhismus, und so will Suzuki im Sinne von Lebensschulung durch die Musik den Charakter und Tugenden heranbilden und auf diesem Wege „gute Bürger formen“. Der Sinn des menschlichen Lebens besteht bei Suzuki in der Suche nach Liebe, Wahrheit, Tugend und Schönheit, wobei das Geigenspiel das Mittel und nicht der Zweck zur Verwirklichung des Lebenssinns ist und die Ausbildung von Konzertinstrumentalisten nur eine Nebenerscheinung darstellt.
Talenterziehung
Suzuki war ein radikaler Gegner der Auffassung, dass das Maß der Musikalität eines Menschen eine Frage von angeborenem Talent sei. Er hat in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hingewiesen, dass Talentforschung nicht an Neugeborenen durchgeführt werde, sondern an Kindern, die bereits jahrelang musikalische Stimulation und Förderung erhalten bzw. nicht erhalten haben. Es war Suzukis Grundüberzeugung, dass jegliches musikalische Talent (bis hin zur „Spitzenbegabung“) ausschließlich auf Gehörschulung und kontinuierlichem guten Üben beruhe.
Die Talenterziehung nach Suzuki folgt dieser Auffassung bis heute. Konsequenterweise werden an Suzuki-Schulen z. B. auch keine Aufnahmeprüfungen durchgeführt.
Suzukis Auffassung von Talent und Fähigkeiten ist hier wiederum geprägt durch den Zen-Buddhismus. Denn der Zen-Buddhismus setzt ganz auf die Wiederholung; allein diese gilt als die richtige und wahre Anstrengung, durch die eine Weiterentwicklung des Talents ermöglicht wird. Das Ziel des Lebens wird im Zen-Buddhismus darin gesehen, ein vollendeter und ausgeglichener Mensch zu werden; nicht dieses Ziel steht jedoch im Vordergrund, sondern der Weg dorthin: das stete Sich-Bemühen, die unermüdliche Ausdauer, mit der an der Selbstverbesserung gearbeitet wird. Auch das beharrliche Üben auf der Geige sei als Weg zur Selbstverbesserung zu verstehen. Der Suzuki-Schüler soll das Üben wie ein Zen-Schüler pflegen und durch sein Bemühen höhere Erkenntnis erlangen.
Die Suzuki-Methode
Grundlegende Prinzipien
Die Methode hat Suzuki in Anlehnung an elementare Prinzipien des Zen-Buddhismus sowie an das Prinzip entwickelt, das dem kindlichen Erwerb der Muttersprache zugrunde liegt. Während konventioneller Instrumentalunterricht auf dem Lesen von Noten basiert, wird im Suzuki-Unterricht auf Noten zunächst ganz verzichtet. Da Kinder sich die Muttersprache nicht über die Schriftsprache, sondern über das Hören und Nachsprechen der gesprochenen Sprache aneignen, zog Suzuki den Schluss, dass Kinder das Spielen eines Instruments ebenfalls durch Hören und Nachspielen erlernen sollen. Auf der Grundlage dieser „Muttersprachenmethode“ können Kinder bereits im Alter von drei oder vier Jahren mit dem Unterricht beginnen.
Im Mittelpunkt des Unterrichts steht das schrittweise Erarbeiten der einzelnen Stücke des Suzuki-Musikrepertoires, die Suzuki so ausgewählt und geordnet hat, dass das Kind gleichzeitig mit den Stücken ein sehr umfangreiches Repertoire technischer Fertigkeiten erarbeitet. Eine Besonderheit des Suzuki-Unterrichts ist dabei das tägliche Anhören eines Tonträgers, auf dem derjenige Teil des Suzuki-Repertoires, mit dem das Kind sich gerade beschäftigt, von einem professionellen Musiker eingespielt ist. Im Gegensatz zu Erwachsenen, die das ständige wiederholte Anhören einer Musik-CD als ermüdend empfinden würden, mögen vor allem jüngere Kinder diese Routine oft sehr. Das Anhören der CD dient nicht nur dem Kennenlernen der Stücke, die das Kind bald erarbeiten wird, sondern insbesondere auch der Gehörbildung. Das Kind soll ja lernen, zwischen gutem und schlechtem Spiel zu unterscheiden. Ein weiteres Merkmal des Suzuki-Unterrichts ist die systematische Wiederholung der bereits erlernten Stücke.
Der Unterricht besteht aus wöchentlichem Einzelunterricht (Lehrer, Kind, Elternteil), wöchentlichem Gruppenunterricht und täglichem, von einem Elternteil geleiteten Üben zu Hause. Suzuki empfahl, dass die Mutter, um einen effizienten Heimunterricht durchführen zu können, das Spiel des Instruments möglichst noch vor dem Kind erlernt. „Suzuki-Familien“, in denen ein Elternteil das Instrument mitstudiert, sind in westlichen Ländern heute jedoch eher die Ausnahme als die Regel. Suzuki empfahl auch, jüngere Geschwister als Zuhörer mit in den Unterricht zu bringen, damit diese bereits vor der Aufnahme ihres eigentlichen Unterrichts ihr Gehör bilden, das Suzuki-Repertoire kennenlernen und viele Kenntnisse beiläufig „aufschnappen“ können, die die älteren Geschwister eventuell mühsam erarbeiten mussten.
Grundlegende Voraussetzungen der Talenterziehung nach Suzuki sind ein musikalisches Umfeld, das eine Gehörbildung ermöglicht, die Förderung und Mitarbeit der Eltern und das Engagement des Lehrers. Der eigentliche Unterricht wird im Idealfall flankiert von zahlreichen und frühzeitigen Vorspielmöglichkeiten, von Veranstaltungen wie dem „Konzert der Tausend“, von Meisterkursen und von Erlebnissen gemeinsamen Musizierens. In den USA z. B. sind „Suzuki-Workshops“ verbreitet, auf denen Suzuki-Schüler an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen gemeinsam spielen und lernen. Viele Suzuki-Lehrer bemühen sich, die Kontakte zwischen „ihren“ Familien zu einem Netzwerk auszubauen. Um das soziale Klima innerhalb der Suzuki-Gemeinschaft zu fördern, legte auch Suzuki selbst besonderen Wert darauf, langjährigen Kontakt zu Schülern und ihren Eltern zu pflegen.
Die zehnbändige Violinschule
Die Suzuki-Violinschule umfasst zehn Bände und ist aus bekannten Ohrwürmern der Violinliteratur und Volksliedern von der Barockzeit bis zur Romantik zusammengestellt. Stücke aus dem Repertoire der klassischen Moderne oder auch traditionelle japanische Musik sind überhaupt nicht vertreten. Bereits im ersten Band sind technisch sowie musikalisch anspruchsvolle Stücke enthalten. Die Endstufe der Suzuki-Ausbildung bildet ein Mozart-Konzert.
Erstaunlicherweise gibt es innerhalb der Bände kaum technische Übungen, so dass vom Lehrer eigene Ergänzungen wie z. B. Tonleitern, Fingerübungen oder Bogenstudien hinzugefügt werden müssen. Da Notenkenntnisse beim Erlernen des Violinspiels nach der Suzuki-Methode nicht vorausgesetzt werden, sind die Stücke ohne Kenntnisse der Noten nur spielbar, wenn die Stücke bereits – wie auch von Suzuki gefordert – durch permanent wiederholtes Hören der Tonträger verinnerlicht wurden.
Verwendung der Methode bei anderen Instrumenten
Die Suzuki-Methode wurde seit den 1950er Jahren für einige weitere Instrumente und sogar für den Tanz fortentwickelt. Die Pianistin Haruko Kataoka (* 1927), die mit der Methode 1955 erstmals in Berührung kam und 1956 bei Shinichi Suzuki in Matsumoto studierte, gilt als Begründerin der Suzuki-Methode für das Klavier.[1] Heute existiert das Konzept für Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klavier, Orgel, Flöte, Blockflöte, Trompete, Harfe, Gitarre, Mandoline sowie für Gesang und musikalische Frühst-Erziehung (Eltern-Kind-Gruppe).
Die spezielle Suzuki-Lehrerausbildung
Die Suzuki-Methode ist so speziell, dass nur geschultes Lehrerpersonal, d. h. Instrumentalpädagogen, die eine der Weiterbildungslehrgänge an den weltweit verbreiteten Instituten für Suzuki-Pädagogik absolviert haben, auch gewährleisten kann, das Konzept der Suzuki-Methode korrekt zu vermitteln. Oftmals verwenden auch in Suzuki-Methode ungeschulte Lehrer Prinzipien der Suzuki-Methode, ohne jedoch den musikdidaktisch intendierten Hintergrund zu kennen.
Suzukis Musikerziehungskonzept, das nicht nur instrumentaltechnische, musikalische und musikbezogene Unterrichtsinhalte vermittelt, sondern die Schüler ganzheitlich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und ein Verständnis für Lernen als lebenslange Aufgabe entwickeln möchte, wird nach Richtlinien der kontinentalen Suzuki-Verbände in den einzelnen Ländern weiterverbreitet und gelehrt. Instrumentallehrer können nach abgeschlossenem Studium eine Zusatzausbildung als Suzuki-Lehrer absolvieren, die sich über mehrere Stufen in mehreren Jahren erstreckt. Jede Stufe wird separat mit einer Prüfung vor einer internationalen Kommission abgeschlossen. Qualifizierte Suzuki-Lehrer werden erwähnt auf der Website der European Suzuki Association www.europeansuzuki.org oder bei der Deutschen Suzuki Gesellschaft www.germansuzuki.de.
Kritik
Kritiker haben der Suzuki-Methode u. a. folgende Probleme vorgeworfen:
- Mangelnde Ausbildung der Fähigkeit, Noten zu lesen.
- Eine Tendenz, dem Auswendiglernen und dem „mechanischen“ Spielen in der Gruppe größeren Raum zu geben als einem individuellen Musikertum (obwohl bei der Methode schon früh hohe technische Fähigkeiten entwickelt werden).
- Zu schnelles Voranschreiten im Repertoire, wobei die Schüler im Kindesalter bereits „erwachsene“ Stücke studieren, auf die sie emotional noch nicht vorbereitet sind
- Starke Akzentuierung der Barockmusik zulasten anderer Musikstile.
- Das Anhalten auch sehr junger Schüler zum ausgedehnten täglichen Üben. In Familien mit einem starken musikalischen Hintergrund, in dem nicht nur z. B. ein älteres Geschwister, sondern auch die Eltern regelmäßig ein Instrument spielen, sind die Bedingungen grundsätzlich viel einfacher als für ein Kind, das mit seinem Instrumentalunterricht in der Familie quasi ein Pionier ist. Während Kinder, die in einem musikalischen Umfeld aufwachsen, oft äußerst gern üben, beanstanden manche Suzuki-Kritiker, dass weniger privilegierten Kindern die Musik im Gegenteil verleidet werde.
- Da alle Suzuki-Schüler mit demselben Repertoire arbeiten, werden Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Kindern sehr offensichtlich. Jüngere, viel übende Kinder kommen im Repertoire oft schneller voran als ältere, die weniger üben. Obwohl Suzuki-Lehrer sehr zu vermeiden suchen, dass ihre Schüler sich aneinander messen, können sensible, leistungsorientierte Kinder, die von jüngeren Mitschülern „überholt“ werden, den Gruppenunterricht als besondere Belastung empfinden.
In westlichen Ländern, z. B. in den Vereinigten Staaten, verzichten viele Lehrer, die nach der Suzuki-Methode unterrichten, auf eine Auseinandersetzung mit den philosophischen Grundlagen dieser Methode. Generell werde die Suzuki-Methode – so die Kritik vieler Befürworter der Methode – oft unreflektiert übernommen, wobei grundlegende Unterschiede zwischen der westlichen und der östlichen Denkweise übersehen werden. Während die Lebensphilosophie des Zen-Buddhismus in Japan fest im Alltag verankert sei, sei diese Philosophie – insbesondere das für den Suzuki-Unterricht so grundlegende zen-buddhistische Konzept des „Übens“ – für Europäer und Nordamerikaner erläuterungsbedürftig.
Verbreitung und Standorte
Deutscher Sprachraum
St. Augustin ist Standort der Deutschen Suzuki Gesellschaft e. V. (DSG). Diese Dachorganisation deutscher Suzuki-Einrichtungen wurde 1983 als Deutsches Suzuki-Institut e.V. gegründet und nahm ihren heutigen Namen 1988 an.[2] SuzukiMusik Deutschland 2011 e.V. (SMD) hat seinen Sitz in Hof/Saale. In Österreich gibt es seit März 2013 das Österreichische Suzuki Institut für Musik (ASIoM). Das Suzuki Institut der Schweiz wurde 1989 gegründet.
Amerika
In die Vereinigten Staaten gelangte die Methode, als die American String Teacher’s Association (ASTA) Shinichi Suzuki 1964 zu ihrer jährlichen Konferenz einlud. 1967 reiste eine Gruppe US-amerikanischer Geigenlehrer zu Suzuki nach Japan, um die Methode dort zu studieren. Darunter befand sich Margery Aber, die nach ihrer Rückkehr an die University of Wisconsin in Stevens Point, wo sie Professorin war, das American Suzuki Institute gründete.[3] Dieser Geigenworkshop zieht heute alljährlich mehr als 1200 Teilnehmer an.[4] Er fand bald zahlreiche Nachahmer; landesweit werden in den USA heute jeden Sommer etwa 50 Suzuki-Geigenworkshops („Suzuki Institutes“) veranstaltet, auf denen Suzuki-Schüler und -Lehrer eine Woche lang Meisterklassen und andere Unterrichtsformen nutzen können.[5] Nachdem Suzuki-Organisationen auch in Kanada und Lateinamerika gegründet wurden, entstand als panamerikanische Dachorganisation 1972 die Suzuki Association of the Americas (SAA), die ihren Sitz in Boulder, Colorado hat.[6] In den USA betreut die SAA 427 regionale Suzuki-Organisationen, in Kanada 63, in Mexiko und Kolumbien je 9, zwei in Argentinien und eines in Brasilien.[7]
Bedeutende Suzuki-Schüler und -Lehrer
Viele namhafte Instrumentalisten des 20. und 21. Jahrhunderts sind nach der Suzuki-Methode ausgebildet worden. Hier eine Auswahl (Musiker, die bei Shinichi Suzuki persönlich studiert haben, sind mit S gekennzeichnet):
- Betty Haag, US-amerikanische GeigenlehrerinS
- Takako Nishizaki (* 1944), japanische GeigerinS
- Roland und Almita Vamos, amerikanische Geigen- und Violalehrer
- Regina Carter (* 1966), US-amerikanische Jazzgeigerin
- Andrew Bird (* 1973), amerikanischer Singer-Songwriter
- Rachel Barton Pine (* 1974), US-amerikanische Geigerin (Klassik und Heavy Metal)
- Jennifer Koh (* 1976), US-amerikanische Geigerin
- Leila Josefowicz (* 1977), kanadische Geigerin
- Hilary Hahn (* 1979), US-amerikanische Geigerin
- Julia Fischer (* 1983), deutsche Geigerin[8]
- Stefan Jackiw (* 1985), US-amerikanischer Geiger
- Nicola Benedetti (* 1987), schottische Geigerin
- Ray Chen (* 1989), australisch-taiwanesischer Geiger
Siehe auch
Literatur
Veröffentlichungen von Suzuki
- Suzuki Shinchi Zen-shû. [Suzukis Gesamtwerk], Tokio 1985
- Sainô kaihatsu no jissai. [Die Talenterziehung], Tokio 1971
- Erziehung ist Liebe, Hallnaar 1975.
- Das Gesetz der Fähigkeiten und die Muttersprache-Methode der Erziehung. Vortrag in Japan 1973
- Violin School, Vol. 1–8. Summy-Birchard Co., Evanston Illinois 1955, 1970, 1971, 1974. Vol. 9. Zen-On, Tokyo 1955, 1975
- Violin School, Zen-On Music Publisher Co.Ltd., Tokyo 1955
Literatur anderer Autoren
- Eugen Herrigel: Zen in der Kunst des Bogenschießens. 26. Auflage. Wien 1986, S. 7.
- Clifford A. Cook: Suzuki education in Action. New York 1970.
- Carole L. Bigler, Valéry Lloyd Watts: Die Suzuki Klaviermethode. Ein Handbuch für Lehrer Eltern und Studenten. Regensburg 1984.
- Joyce Churchill: Suzuki violin: teaching handbook on the Suzuki Violin Repertoire: a guide or teachers and parents. Roseville 1987.
- David Denton: Reflections of a Suzuki guinea pig. Maybe Nishisaki. In: The Strad. 104, 1993, H. 1241, S. 804–805.
- Kuzushi Ishida: The Stuff of Legends. Japans String Tradition. In: The Strad. 108, 1997, H. 1288, S. 850–853.
- Lutz Leslie: Die Gleichgültigkeit kennt keine Methode. Wie sich die Suzuki Instrumentalausbildung in Deutschland auswirkte. In: NMZ. 40, 1991, H. 6, S. 20.
- Eric Madsen: The genesis of Suzuki. An Investigation of the Roots of Talent education. McGill Univ. Montréal, 1990.
- Ulrich Mahlert: Die Suzuki-Methode im Vergleich mit anderen musik- und allgemeinpädagogischen Konzepten. In: Üben & Musizieren. 1/1988, S. 14–19.
- N. Nomura, Y. Nakayama (Hrsg.): Bibliographie Ongaku kyoiku wo yomu: gakusei, Kyôishi, Kenkyûsha no tameno ongaku Kyoiku shiryôshû. [Reading music education: materials of music education for students, teachers and researchers] Tokio 1995.
- William Starr: Die Suzuki Violin-Methode. Ein Handbuch für Lehrer Eltern und Studenten. Regensburg 1984.
- Kerstin Wartberg: Die Suzuki Methode. Mehr als ein Instrumentalunterricht. Eine Einführung in die Grundzüge. In: Üben & Musizieren. 4/1987, S. 294–297.
- Kerstin Wartberg: Jede Methode ist so gut wie ihre Lehrer! Die Suzuki Lehrerausbildung. Eine praxisorientierte Zusatzausbildung für Instrumentalpädagogen. In: Üben & Musizieren. 1/1997, S. 8–15.
Tonträger
- David Nadien: Suzuki violin school. Volume 1, Zen-On Music, Tokyo 1986, ISBN 0-87487-346-0.
Weblinks
- Website der European Suzuki Association (engl.)
- Webseite der deutschen Suzuki Gesellschaft (deutsch / engl.)
- Website von SuzukiMusik Deutschland 2011 e.V. (deutsch)
- Hermann, Evelyn: Die Suzuki-Methode. Eine Philosophie der Lebenserziehung (pdf; 736 kB)
- Forschungsartikel und Erfahrungsberichte zur Suzuki-Methode und zur musikalischen Bildung
- Practice Ideas for Suzuki Students (Wikibooks) (engl.)
- A Friend for Life – Suzuki Violin Video (engl.)
Einzelnachweise
- Haruko Kataoka: My Thoughts on Piano, Miami: Summy-Birchard, 1988, ISBN 0-87487-284-7, S. 6 (eingeschränkte Online-Version in der Google-Buchsuche-USA)
- Deutsche Suzuki-Gesellschaft Offizielle Webseite
- The American Suzuki Institute at the University of Wisconsin-Stevens Point: The Suzuki Method in Action
- American Suzuki Institute
- Summer Institutes 2012
- suzukiassociation.org
- Locations
- Julia Fischer: Deutschlands jüngste Professorin FAZ, 4. August 2006