Sulpiz Boisserée
Johann Sulpiz Melchior Dominikus Boisserée (* 2. August 1783 in Köln; † 2. Mai 1854 in Bonn) war ein deutscher Gemäldesammler, Kunst- und Architekturhistoriker sowie einer der Initiatoren der Vollendung des Kölner Domes.
Leben
Er war ein Sohn des Kaufmanns Nicolas Boisserée und dessen Ehefrau Maria Magdalena, einer Tochter des Kölner Kaufmanns Anton Brentano. Die Vorfahren der Familie waren im 18. Jahrhundert aus dem heutigen Belgien zugewandert. Er wuchs unter der streng katholischen Obhut seiner Großmutter auf, nachdem seine Mutter bereits 1790 und sein Vater 1792 verstorben waren. Sein jüngerer Bruder Melchior Boisserée war ebenfalls Kunstsammler. 1799, während seiner Lehrzeit in Hamburg, entdeckte Sulpiz Boisserée sein Interesse an der Kunst.
1804 begannen die Brüder mit dem systematischen Sammeln altdeutscher und altniederländischer Tafelgemälde. Sie taten dies zusammen mit dem gemeinsamen Freund Johann Baptist Bertram (* 6. Februar 1776 in Köln; † 19. April 1841 in München), der Mitbesitzer ihrer Gemäldesammlung war. Von November 1810 bis 1819 zeigten sie die Sammlung im Palais Boisserée am Karlsplatz in Heidelberg, danach in Stuttgart. Sie pflegten einen regelmäßigen Umgang mit Ferdinand Franz Wallraf, Friedrich Schlegel und dessen Frau Dorothea. Boisserée war seit 1810, vermittelt durch den Diplomaten Karl Friedrich Reinhard, ein enger Freund Johann Wolfgang von Goethes, mit dem er mehrfach in Frankfurt zusammentraf und der ihn 1814 und 1815 in Heidelberg aufsuchte, um dessen umfangreiche Gemäldesammlung zu sehen. Dort traf auch Herzog Karl August von Weimar mit Goethe und dem Ehepaar Willemer aus Frankfurt zusammen. Bei einem von Willemer ausgerichteten Festmahl zu Goethes 70. Geburtstag gehörte Boisserée zu den Gründern eines Komitees zur Errichtung eines Goethedenkmals in Frankfurt. Er war Mitherausgeber von Goethes Zeitschrift Über Kunst und Altertum. Befreundet war Boisserée auch mit Werner von Haxthausen. Auf seinem Weg nach Frankfurt schaute er auch immer gern bei Christian Zais in Wiesbaden vorbei.[1]
Die 215 Tafelgemälde umfassende Sammlung verkauften er und sein Bruder 1827 an König Ludwig I. von Bayern, ab 1836 waren große Teile der Sammlung in der Münchner Alten Pinakothek zu sehen.
Boisserée hatte für fast zwei Jahre das Amt des bayerischen Generalkonservators inne, bevor er sich 1836 auf Reisen begab. Er bereiste bis 1838 Italien und Südfrankreich. Bereits seit 1808 träumte er von der Vollendung des Kölner Doms. 1816 fand er eine Hälfte des 4,05 m großen überarbeiteten mittelalterlichen Fassadenplans des Dombaumeisters Johannes in Paris. Er war einer der engagiertesten Aktivisten, als es ab 1840 darum ging, einen Dombau-Verein in Köln zu gründen, um das große Werk zu vollenden.
Im Jahr 1845 wurde Boisserée vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. zum Geheimen Hofrat ernannt. Im selben Jahr wurde er zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[2]
Seinen großen Traum, die Vollendung des Kölner Doms, konnte Sulpiz Boisserée nicht mehr erleben, er verstarb am 2. Mai 1854 in Bonn. Gemeinsam mit seinem Bruder wurde er auf dem Alten Friedhof in Bonn bestattet, wo das Grabmal mit einem Christus-Relief von Christian Daniel Rauch erhalten ist.
1888 wurde zu Ehren der Familie die Boisseréestraße eingeweiht, die jetzt zum Kölner Stadtteil Neustadt-Süd gehört.[3]
Schriften
- Sulpiz Boisserée: Geschichte und Beschreibung des Doms von Köln nebst Untersuchungen über die alte Kirchenbaukunst, als Text zu den Ansichten, Rissen und einzelnen Theilen des Doms von Köln. München 1823 Cotta.
- Sulpiz Boisserée: Geschichte und Beschreibung des Doms von Köln mit fünf Abbildungen. Zweite, umgearbeitete Ausgabe. München 1842 Literarisch-artistische Anstalt.
- Sulpiz Boisserée: Denkmale der Baukunst vom 7. bis zum 13. Jahrhundert am Nieder-Rhein. München 1833 Cotta.
- Sulpiz Boisserée: Monuments d'architecture du septième au treizième siècle dans les contrées du Rhin inférieur. München 1842 Cotta.
- Sulpiz Boisserée: Tagebücher. Band 1 bis 5. Im Auftrag der Stadt Köln herausgegeben von Hans-Joachim Weitz, Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1978–1995
Literatur
- Leonhard Ennen: Boisserée. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 87–90.
- Susanne Kiewitz: Sulpiz Boisserée. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 15, Bautz, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-077-8, Sp. 246–250.
- Paul Arthur Loos: Boisserée, Johann Sulpice Melchior Dominikus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 426 f. (Digitalisat).
- Miklós Sirokay: Sulpiz Boisserée in Italien. Die Geisteshaltung eines Kunstsammlers und Kunstkritikers aus der Zeit der Romantik. In: Peter Heil, Martin Kröger, Georg Mölich (Hrsg.): Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte. Band 55, SH-Verlag, Köln 2008.
- Regine Wechssler: Die Restauratoren und das Restaurieren der Sammlung Boisserée. Heidelberg (Digitalisat) (PDF; 170 kB)
- Sulpiz Boisserée – Der Briefwechsel mit Moller, Schinkel und Zwirner. Hrsg. von Arnold Wolff. Unter Verwendung der Vorarbeiten von Elisabeth Christern und Herbert Rode. Greven Verlag, Köln 2008.
- Renate Matthaei: Sulpiz Boisserée und die Vollendung des Kölner Doms – Eine Biographie. BOD – books on demand, Norderstedt 2016, ISBN 978-3-7392-3517-2.
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Sulpiz Boisserée im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Sulpiz Boisserée in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Sulpiz Boisserée bei arthistoricum.net – Wissenschaftshistorischer Kontext und digitalisierte Werke im Themenportal "Geschichte der Kunstgeschichte"
- Sulpiz Boisserée: Das Tafelwerk der Kloster-Kirche Heisterbach
- Digitalisierte Archivbestände zu Boisserée im digitalen Historischen Archiv Köln
Einzelnachweise
- Sulpiz Boisserée: Tagebücher. Band 1 und 2. Eduard Roether Verlag, Darmstadt 1978.
- Mitgliedseintrag von Sulpice Boisserée bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 16. Dezember 2016.
- Rüdiger Schünemann-Steffen: Kölner Straßennamen-Lexikon, 3. erw. Aufl., Jörg-Rüshü-Selbstverlag, Köln 2016/17, S. 119.