Substitutionsgut
Als Substitutionsgüter (auch Substitute; englisch substitute goods) bezeichnet man in der Mikroökonomie Güter, die dieselben oder ähnliche Bedürfnisse decken, denselben oder ähnlichen Verwendungszweck aufweisen und daher vom Konsumenten als gleichwertiges Ersatzgut angesehen werden. Ursache für eine solche Austauschbeziehung ist die funktionale Austauschbarkeit zwischen zwei Gütern. Sie ist gegeben, wenn sich die Güter in Preis, Produktqualität und Leistung so weit entsprechen, dass sie dazu geeignet sind, denselben Bedarf beim Nachfrager zu decken. Typisches Beispiel für Substitutionsgüter sind Butter und Margarine.
Allgemeines
Das Gegenteil von Substitutionsgütern sind Komplementärgüter, das heißt Güter, die sich gegenseitig ergänzen, wie Skier und Liftkarten. Die strengste Form dieser Komplementarität ist die sogenannte Limitation, bei der die Nachfrage zweier Güter proportional ist, beispielsweise bei Tapeten und Kleister.
Die Unterscheidung zwischen Substitutions- und Komplementärgut geht auf Irving Fisher zurück, der in seiner 1892 erschienenen Dissertation zwischen Substitutionsgütern (damals noch englisch competing goods) und Komplementärgütern (englisch completing goods) unterschied.[1]
Nachfrageverhalten bei Substitutionsgütern
Die Nachfrage nach zwei austauschbaren Gütern ist aneinander gekoppelt: Mit einem Anstieg des Preises für ein Gut sinkt seine Nachfrage – unter der Annahme, dass alle anderen Faktoren im Markt gleich bleiben (ceteris paribus). Im gleichen Zug steigt die Nachfrage nach dem preislich unveränderten Substitutionsgut (auch hier ceteris paribus). Daraus resultiert eine Rechtsverschiebung der Nachfragekurve, da sich der Preis nicht ändert, aber die Menge steigt. Zwischen dem Preis eines Gutes und der Nachfrage nach seinem Substitutionsgut besteht also ein positiver Zusammenhang. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer positiven Kreuzpreiselastizität.
Beispiele
Bleibt Tee im Preis gleich, Kaffee wird dagegen billiger, so findet ein verstärkter Absatz von Kaffee und ein geringerer von Tee statt (Trade-off). Weitere Beispiele sind:
- Salzbrezeln und Salzstangen,
- Schafwolle und Baumwolle,
- Fisch und Fleisch,
- Zigarren und Zigarillos.
Grade von Substitutionsgütern
Ein typisches Konzept zur Messung der Austauschbarkeit zwischen zwei Gütern ist die Grenzrate der Gütersubstitution. Sie bezeichnet das vom Konsumenten gewünschte Tauschverhältnis zwischen zwei Gütern. Mathematisch bemisst sie sich als die Steigung der Indifferenzkurven zwischen zwei Gütern.
Perfekte (vollkommene) Substitutionsgüter
Können zwei Güter vollkommen durcheinander ersetzt werden, ohne dass zusätzliche Kosten, Qualitätsunterschiede oder ähnliche Anreize auftreten, die den Konsumenten dazu veranlassen könnten, ein Produkt zu bevorzugen, spricht man von einem perfekten oder vollkommenen Substitutionsgut.
Zwei Güter sind vollkommene Substitute, wenn sie eine konstante Grenzrate der Substitution aufweisen, also ihre Indifferenzkurven linear verlaufen. Dabei kommt es dem Konsumenten nur auf die Gesamtanzahl der Güter an: Bsp. (Gut 1, Gut 2) → (20,0) ~ (17,3). Man sieht, dass der Konsument indifferent zwischen den beiden Güterbündeln ist, da die Summe der Güter 1 und 2 in beiden Fällen die gleiche ist.
Imperfekte (unvollkommene) Substitutionsgüter
Unvollkommen bedeutet in diesem Fall, dass es Unterschiede in den Bereichen Qualität, erwartete Kosten usw. geben kann. Vergleicht man beispielsweise Kunstleder mit Leder, so ist Kunstleder deutlich günstiger, kann aber Haltbarkeit, Geschmeidigkeit, Aussehen usw. von echtem Leder in aller Regel nicht erreichen. Dennoch lassen sich beide Materialien sehr ähnlich verwenden.
Substitutionale Produktionsfunktionen
Können die Produktionsfaktoren im Produktionsprozess gegeneinander ersetzt oder substituiert werden, handelt es sich um substitutionale Produktionsfunktionen.
Alternative Substitution
Sind die Produktionsfaktoren vollkommen gegeneinander substituierbar, könnte also auf den Einsatz eines Produktionsfaktors vollkommen verzichtet werden, so handelt es sich um eine alternative Substitution.
Begrenzte (periphere) Substitution
Erfordert der Kombinationsprozess dagegen den Einsatz einer Mindestmenge jedes Produktionsfaktors, so handelt es sich um eine begrenzte Substitution.
Wirtschaftliche Aspekte
Der Konsum eines Substitutionsgutes beeinflusst den Nutzen eines anderen Gutes und umgekehrt. Bei zwei Substitutionsgütern vermindert der Mehrkonsum des einen Gutes den Grenznutzen des Konsums des anderen Gutes (Butter oder Margarine), während sich bei zwei Komplementärgütern der Grenznutzen erhöht (Kraftfahrzeug und Motorenbenzin).
Ökonomisch betrachtet wird bei Komplementärgütern deren Kompatibilität genutzt. So kann beispielsweise eine CD nur auf einem CD-Player gespielt werden, mehrere CDs dagegen sind Substitionsgüter. Die meisten Wiedergabegeräte können nur bestimmte Tonträger oder Bildträger für den Konsumenten wahrnehmbar machen. Auch Elektrogeräte benötigen manchmal Kompatibilität, denn Fernsehgeräte können entweder nur das US-Bildverfahren NTSC oder das europäisch standardisierte PAL-Farbübertragungssystem störungsfrei empfangen. Der Konsum eines Produktes bringt nur optimalen Nutzen, wenn auch das Komplementärgut konsumiert wird.
Ein weiterer Aspekt ist der Lock-in-Effekt, weil es Produzenten über die technische Abhängigkeit gelingt, die Nachfrage der Verbraucher durch Kundenbindung auch künftig auf sich zu lenken. Der erste große kommerzielle Erfolg nach diesem Lock-in-Effekt war im Jahre 1902 der Gillette-Rasierer von King C. Gillette. Statt der damals üblichen Rasiermesser, die nachgeschärft werden konnten, verkaufte Gillette einen patentierten Klingenhalter, zu dem wegwerfbare Rasierklingen passten, die billig herzustellen waren und mit hoher Marge dauerhaft an die Besitzer der Gillette-Klingenhalter verkauft wurden.
Siehe auch
Literatur
- Robert S. Pindyck, Daniel L. Rubinfeld: Mikroökonomie. 5. aktualisierte Auflage. Pearson Studium, München u. a. 2003, ISBN 3-8273-7025-6.
Einzelnachweise
- Irving Fisher, Mathematical Investigations in the Theory of Value and Price, 1892, S. 64 ff.