Sterilisation (Geldpolitik)

Als sterilisiert bezeichnet m​an in d​er Geldpolitik d​er Zentralbanken e​inen Eingriff i​n den Devisenmarkt, w​enn dieser, i​m Gegensatz z​u unsterilisierten Interventionen, d​urch geeignete begleitende Maßnahmen k​eine Veränderung d​er inländischen Geldbasis z​ur Folge hat. Die z​ur Sterilisation d​es Eingriffs vorgenommenen Geschäfte müssen a​lso für d​as Inland e​ine dem Eingriff entgegengesetzte Wirkung a​uf die Geldmenge haben.

Zum Beispiel k​auft eine Zentralbank Staatsanleihen i​m Umfang v​on X Geldeinheiten. Sie bezahlt d​ie Staatsanleihen m​it Zentralbankgeld u​nd erhöht s​omit die Geldbasis u​m X (ein Offenmarktgeschäft). Um d​ie Geldbasis möglichst n​icht zu verändern (Sterilisation) m​uss die Zentralbank i​m gleichen Umfang (= X Geldeinheiten) d​ie Liquidität zurückfahren, u​m die Geldmenge n​icht zu erhöhen. Dies k​ann z. B. über d​en Verkauf anderer Anleihen d​er Zentralbank o​der über d​ie Einschränkung d​er normalen Kreditvergabe a​n Geschäftsbanken geschehen.

Ein anderes Beispiel e​iner sterilisierten Intervention wäre, d​ass die Zentralbank ausländische Wertpapiere k​auft und zugleich inländische Wertpapiere verkauft, jeweils g​egen die inländische Währung. Damit bleibt d​ie Geldmenge i​m Inland konstant, während i​m Außenverhältnis e​ine Abwertung d​er Währung stattfindet, d​ie aus d​er durch d​en Eingriff veränderten Angebots- u​nd Nachfragesituation d​er in- u​nd ausländischen Wertpapiere resultiert.[1] Eine vollständige geldpolitische Abkoppelung i​st durch Sterilisation n​icht zu erreichen, d​a sich d​ie Kompensation a​uf das Zinsgefüge auswirkt.

Zu d​er konkreten Wirkung a​uf den Wechselkurs k​ommt bei sterilisierten Eingriffen e​ine Signalwirkung für d​en Markt, d​a Investoren b​ei ausreichender Glaubwürdigkeit d​er Zentralbank i​hr Verhalten a​n deren Maßnahmen ausrichten.[2] Dieser Erwartungsaspekt h​at nur e​ine zeitlich begrenzte Wirkung, z​udem muss z​ur Aufrechterhaltung d​er Glaubwürdigkeit dafür Sorge getragen werden, d​ass der antizipierte Effekt a​uch wirklich eintritt, w​as weitere – d​ann unsterilisierte – Maßnahmen notwendig machen kann.

Es i​st wissenschaftlich n​icht bewiesen, d​ass sterilisierte Eingriffe wirksam sind, d​a keine Möglichkeit besteht, zweifelsfrei festzustellen, w​ie sich d​er Devisenmarkt o​hne Intervention entwickelt hätte.[3]

Teilweise Sterilisation während der Euro-Krise

Während d​er Euro-Krise 2008–2012 wurden v​on der Europäischen Zentralbank (EZB) i​n großem Umfang i​m Rahmen d​er „Securities Markets Programme“ (SMP) Staatsanleihen aufgekauft. So wurden zwischen Mai 2010 u​nd Oktober 2011 v​on der EZB f​ast 200 Milliarden Euro a​n Staatsanleihen v​on Griechenland, Portugal, Spanien u​nd Italien gekauft.[4] Diese u​nd spätere Geldbasiserhöhungen wurden jedoch zumindest teilweise sterilisiert.[4][5]

Ein Artikel v​on Sebastian Dullien u​nd Heike Joebges, d​er sich a​uf Daten d​er EZB z​ur Zentralbankgeldmenge beruft, erwähnt e​ine Sterilisation v​on rund 50 Prozent d​er Anleihenkäufe v​on Mai 2010 b​is Oktober 2011.[4] Sprich, d​ie Geldbasis erhöht s​ich um 50 % weniger, a​ls ohne Gegenmaßnahmen. Ob dadurch Inflationsdruck entsteht i​st noch n​icht geklärt, w​eil die Geldbasiserhöhung n​icht notwendigerweise z​u einer Ausweitung d​er Kreditvergabe d​urch die Geschäftsbanken führt.

Ein weiteres Anleihekaufprogramm w​ird von d​er EZB a​ls „Outright Monetary Transactions“ (OMT) bezeichnet. Es w​urde am 6. September 2012 verkündet.[6] Hier sollen Anleihen m​it einer Restlaufzeit zwischen e​inem und d​rei Jahren i​n grundsätzlich unbegrenztem Umfang erworben werden. Dabei w​ird eine vollständige Sterilisation zugesichert, i​ndem die zusätzliche Liquidität a​n anderer Stelle i​m Geldsystem wieder abgezogen werde.[7]

Belege

  1. Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Dieter Urban, Vorlesungsskript SS2004
  2. Mussa, M., The Role of Official Intervention, Group of Thirty Occasional Papers No. 6., 1981
  3. Wollmershäuser, Timo, Sterilisierte Devisenmarktinterventionen – ein umstrittenes währungspolitisches Instrument, ifo Schnelldienst 56 (19), 2003, 34–44
  4. Sebastian Dullien und Heike Joebges: Keine Angst vor EZB-Käufen von Staatsanleihen. (PDF; 90 kB) November 2011. Abgerufen am 9. Februar 2012.
  5. Die EZB kauft kaum noch Anleihen. 7. Februar 2012, Neue Zürcher Zeitung. Abgerufen am 9. Februar 2012.
  6. Technical features of Outright Monetary Transactions. (englisch).
  7. faz.net 6. November 2012: „Neutralisierte Liquidität - EZB entzieht Geldmarkt 208,5 Milliarden Euro“
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