Stammeskonföderation
Eine Stammeskonföderation ist ein lockerer Zusammenschluss eigenständiger Stämme. Eine Stammesföderation ist demgegenüber ein (vergleichsweise) engerer Zusammenschluss. Daneben wird auch die Bezeichnung Stammesverband oder auch Stammesbund (als Oberbegriff) verwendet.
Besonders häufig kamen diese Zusammenschlüsse bei nomadischen Reitervölkern vor. Zur Abgrenzung zwischen den Begriffen siehe auch Konföderation und Föderalismus, es dürfte bei der Verwendung der drei Begriffe oft fließende Übergänge geben.
Heute bestehen solche Zusammenschlüsse insbesondere bei den Arabern und den Kurden. Die Reitervölker in Zentralasien schlossen sich über Jahrhunderte hinweg immer wieder in Stammesföderationen zusammen. In der Geschichte vieler Völker spielen Stammesbünde eine oft mythische Rolle, beispielsweise die Zwölf Stämme Israels.
Entstehung
In historischen Zeiten sammelte ein Herrscher Anhänger um sich und versuchte seine eigenen Sippen und seinen eigenen Stamm unter Kontrolle zu bringen. Bewies er Führungsqualitäten, schlossen sich ihm andere Stämme an, in Konflikten besiegte er Nachbarstämme, die sich anschlossen oder die unterjocht wurden. Die Konföderation konnte so immer weiter wachsen. Wenn der Herrscher entscheidend besiegt wurde, zerbrach sie oft schnell. Stammeskonföderationen waren in diesem Sinne häufig instabile Gebilde.
Der Name einer Stammeskonföderation wurde oft vom politisch dominanten Stamm oder Klan übernommen. Endete die Konföderation, blieb manchmal der neue Name im Vordergrund, oft wurden aber wieder die alten Namen verwendet.[1]
Beispiel Mongolen
Der spätere Dschingis Khan, Sohn eines Khans des Stammes der Mongolen, wurde 1206 auf der Versammlung (Kurultai) einer Konföderation turko-mongolischer Stämme zum Oberhaupt gewählt. Die gesamte Konföderation nahm später den Namen Mongolen an.[2]
Beispiel germanische Stämme
Die später unter dem Namen Franken vereinten Teilstämme bildeten anfangs nur lose Allianzen wie sie für Raubzüge oder Abwehrmaßnahmen geeignet waren. Aus diesem „Stammesschwarm“ entstand im Laufe der Zeit ein Stammesverband oder Stammesbund und erst im Laufe der Zeit schließlich das Volk[3]. Die gleiche Entwicklung wird bei den Sachsen beschrieben. Auch bei den Goten wird angenommen, dass sie aus dem Zusammenschluss unterschiedlicher Stämme entstanden sind.
Beispiele von Stammeskonföderationen
- Oghusen, ein Turkvolk
- Haschid-Stammeskonföderation in Jemen
- Ouled Nail, Araber in Algerien
- Koçgiri, Kurden
- Durrani, Paschtunen
- Türgesch, ein Turkvolk in Zentralasien von ca. 700 bis Mitte des 8. Jahrhunderts
- Dörben Oirat, Westmongolen
- Zur Völkerwanderungszeit gab es zahlreiche germanische Stammeskonföderationen
- Die Ursprünge der Magyaren
- Sarmaten im Iran
- Irokesen-Bund
Stammeskonföderationen auf der mongolischen Hochebene
- Xiongnu 3. Jh. v. Chr. – 1. Jh.
- Xianbei 1. Jh. – 4. Jh.
- Rouran 4. Jh. – 6. Jh.
- Kök-Türken 6. Jh. – 8. Jh.
- Uiguren 8. Jh. – 9. Jh.
- Kirgisen 9. Jh. – 10. Jh.
- Kitan (vgl. Liao-Dynastie) 10. Jh. – 12. Jh.
Beispiele von Stammesföderationen
- Große Horde, Kasachen
- Karluken, ein Turkvolk in Zentralasien
- Qara Qoyunlu, Turkmenen in Ostanatolien
- Aq Qoyunlu, Turkmenen in Ostanatolien
- Dschaf, Kurden
- Mongolen (vgl. Yuan-Dynastie) 12. Jh. – 17. Jh.
- Mandschu (vgl. Qing-Dynastie) 17. Jh. – 20. Jh.
Weblinks
- Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek: Einführung in die Ethnologie Zentralasiens, Skriptum. Wien, 2003, abgerufen am 18. Januar 2020.
Anmerkungen
- Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek, S. 79
- Marion Linska, Andrea Handl und Gabriele Rasuly-Paleczek, S. 64
- Erich Zöllner: Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. C. H. Beck, München 1970, S. 2; Ulrich Nonn: Die Franken. Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-017814-4, S. 18