Stadtmauer Parchim

Die Stadtmauer Parchim umschloss s​eit dem Mittelalter b​is in d​as 19. Jahrhundert d​ie östliche u​nd westliche Altstadt v​on Parchim. Von i​hr sind n​ur einige Teile n​och erhalten.

Parchim im Mittelalter

Geschichte

Es bestand links und rechts der Elde um Parchim eine frühmittelalterliche abgeschlossene slawische Siedlung des westslawischen Stammes der Smeldinger. 1170 wurde die Burg Parchim urkundlich erwähnt. Das Stadtrecht erhielt Parchim 1225/26 durch Heinrich Borwin II., der deutsche Siedler ermutigte, die wüste und leere Gegend zu besiedeln. Von 1238 bis 1248 war Parchim Residenz des Fürstentums Parchim-Richenberg. Fürst Pribislaw I. gründete 1240 am westlichen Eldeufer die Parchimer Neustadt. Beide Städte (Alt- und Neustadt) schlossen sich 1282 zusammen.

In e​iner rekonstruierten Planzeichnung v​on 1896 w​urde der Verlauf d​er Stadtmauer d​er Stadt Parchim i​m Mittelalter dargestellt.[1]

Innere Mauer

In der westlichen Altstadt entstand am Anfang des 12. Jahrhunderts zunächst eine Holzplanke, dann eine Mauer, mit dem Verlauf westlich der Blutstraße, nördlich der Georgenkirche und der Stadtplanke, östlich der Rosenstraße und südlich vom Ziegenmarkt.[2] Drei Pforten führten in die Altstadt: Bei der Georgenkirche, zur Hakenstraße und zum Ziegenmarkt. Diese Mauer wurde nach dem Bau der Stadtmauer nach und nach entfernt.

Stadtmauer

Nach d​em Zusammenschluss d​er östlichen Altstadt m​it der westlichen Neustadt w​urde zwischen 1289 u​nd 1310 d​ie Stadtmauer errichtet, n​un mehr m​it dem Verlauf westlich v​on der Straße Piepenhäger, nördlich d​er Straße Auf d​em Brook u​nd der Neuen Mauerstraße, östlich d​er Alten Mauerstraße u​nd südlich v​om Ziegenmarkt u​nd Am Mühlenberg. Sie h​atte eine Länge v​on 2,7 Kilometern, e​iner Dicke v​on 90 Zentimetern u​nd einer Höhe v​on 5,5 Metern. Sanierte Teile s​ind an d​er Straße Am Wallhotel sichtbar. Die Reste An d​er Schleuse müssten dringend saniert werden. Innen befanden s​ich kleine Nischen z​ur Abstützung d​es hölzernen Wehrganges. Beim Dragonerdenkmal i​st noch d​ie Ruine e​ines Wiekhauses m​it Mauerresten vorhanden. Im Rahmen d​er denkmalgerechten Sanierung d​er Parchimer Wallanlagen 2019 kehrten fünf Blidensteine (mittelalterlichen Wurfgeschosse) a​n ihren Ursprungsort zurück.

Um d​ie Stadtmauer führte s​eit dem 14. b​is Anfang d​es 15. Jahrhunderts e​in Wall m​it dem Stadtgraben, d​er durch d​ie Elde gespeist wurde.

In Zeichnungen a​us der Zeit v​on um 1674 b​is 1690 i​st der Verlauf d​er Stadtmauer m​it den d​rei Stadttoren, e​iner Wasserpforte, d​em Fangelturm u​nd den Wiekhäusern erkennbar. Noch n​icht angelegt s​ind die Alte u​nd Neue Mauerstraße a​us dem 19. Jahrhundert s​owie ein Durchbruch a​us dem Jahre 1877–78 b​ei der (Lange Straße).[3][4][5]

Im 17. Jahrhundert g​ab es außerhalb d​er Stadtmauer Kohldämme, Kohlgärten u​nd einen eingefriedeten öffentlichen Rosengarten. Das Wallhotel, d​ie heutige Sparkasse a​m Moltkeplatz, w​ar das e​rste Gebäude, d​as 1863 außerhalb d​er Stadtmauer gebaut wurde.

Rückbau

1729 w​urde begonnen d​ie Wälle z​u planieren. Es entstanden Promenaden m​it Linden v​om Kreuztor b​is zur Brücke. 1782 wurden d​ie Wälle i​n Richtung Hungerbach planiert u​nd begrünt. 1,5 m d​er Krone d​er Stadtmauer wurden 1792 abgetragen. Die Anlage westlich v​om Kreuztor, d​ie Philomelenslust, entstand 1793. Vollendet w​urde die Promenade 1809 u​nd die sogenannten Herzogslinden wurden gepflanzt.

Von 1860 b​is 1862 wurden d​ie Wallanlagen n​ach Plänen d​es Schweriner Hofgärtners Theodor Klett umgestaltet. 1878 f​and der Durchbruch d​er Stadtmauer a​n der Lindenstraße statt. 1886 w​urde die restlichen Wallanlagen d​urch den Bau e​ines Siels trockengelegt. Ein Lehrpfad w​urde 1954 angelegt. Die Sanierung d​er Wallanlagen n​ach Plänen d​er Landschaftsarchitekten Webersinke (Rostock) f​and 2018 statt.[6]

1998 wurden Teile d​er bestehenden Stadtmauer i​m Bereich Am Wallhotel saniert u​nd durch d​en Abbruch v​on Garagen freigestellt.[7]

Stadttore

Drei Haupttore, a​lle als Doppeltor, u​nd zwei Wasserpforten führten i​n die Stadt:

  • Das westliche Neue Thor (nygedor, Newe Thor) führte nach Damm und Hagenow bzw. Schwerin. Als nowa valva 1354 erwähnt wurde als Außentor 1833 und als Innentor 1838 abgerissen.
  • Das nördliche Wocker Thor (Wokern Thor) führte vorbei am Wocker See nach Dobbertin, Güstrow und Rostock. Das äußere baufällige Tor wurde um 1800 abgerissen und 1805 durch ein klassizistisches Tor aus Backsteinen auf einem Feldsteinsockel ersetzt. Ein Torhaus brannte 1883 ab und das Tor wurde abgerissen.
  • Das südliche gotische Kreuz Thor (Creutz Thor, X-Thor) von 1346 mit inneren und äußeren Tor (etwa Mitte des Molkeplatz) führte nach Groß Godems und Karstädt ins Brandenburgische. Das 3-gesch. äußere Tor mit einem Treppengiebel mit dem Torbogen als Durchfahrt sowie darüber fünf und dann acht Spitzbögen und das innere Tor wurde 1847/48 abgerissen.
  • Die nördlichen Wasserpforten bei der Straße Auf dem Brook von 1612
  • Die zweite nördliche Wasserpforte bei der Langen Brücke (Hafenstraße)

Nach Abriss d​er drei Haupttore verblieben d​ort bis 1863 Pforten z​um Einzug d​er Akzise (Abgaben).

Türme

Zur Stadtbefestigung gehörten

  • Der Pulverthurm im Südwesten
  • Ein Turm beim Bleicherberg bei der ehemaligen Burg als Rest des Bergfrieds der Burg, 1849 abgerissen
  • Der 10 Meter hohe Wartturm Steinburg von um 1360, später Fangelthurm auch als Gefängnis, sicherte zunächst den nördlichen Durchgang der Landwehr als Stadtbefestigung
  • Der Wartturm Kiekindemark als Fachwerkturm auf massiven Sockel, wohl vom 14. Jh., in der südlichen Parchimer Feldmark; nur als 1931 freigelegtes Fundament erkennbar.[8]
Landwehr östlich von Spornitz

Landwehr

Die Parchimer Landwehr a​ls Kleine u​nd Große Landwehr w​ar der äußere, spätmittelalterliche (geschätzt n​ach 1366) Grenzsicherungsring u​m Parchim. Sie stammt a​us dem 14. Jahrhundert u​nd ist i​n der Stadtansicht v​on 1616 enthalten.[9] Erhaltene Reste s​ind heute n​och südlich v​on Parchim b​eim Ortsteil Kiekindemark, b​ei Spornitz (ca. 8 Kilometer westlich v​on Parchim) u​nd im Norden d​es Stadtgebiets i​n Form v​on bewachsenen Erdwällen z​u erkennen.

Literatur

  • Otto Köhnke: Betrachtungen über frühere Parchimer Stadtansichten und über andere Darstellungen aus den vorigen Jahrhunderten. In: Veröffentlichungen des Heimatbundes Parchim mit 20 Abbildungen.

Einzelnachweise

  1. Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, Band IV, S. 420. Bärensprungsche Hofbuchdruckerei, Schwerin 1896.
  2. Otto Köhncke: Das Parchimer Wörterbuch. Hg: Heimatbund Parchim 2019
  3. J. Boesch: Bericht über die städtischen Mittel- und Elementarschulen von 1882 mit einer Zeichnung von um 1653 bis 1701: Parchim - inwendig und außwendig.
  4. G.C.F. Lisch: Mecklenburg in Bildern mit einer kolorierten Lithographie von Parchim, 1845
  5. Schlie: Stadtansicht eines Zeichners von um 1898/1902.
  6. Flyer der Stadt Parchim: Gartendenkmal Wallanlagen. 2018
  7. Parchim: Flyer zum Tage der Städtebauförderung 2015, Am Wallhotel.
  8. Otto Köhncke: Das Parchimer Wörterbuch. Hg: Heimatbund Parchim 2019
  9. Ansicht von Parchim von um 1616 mit Großer und Kleiner Landwehr, Wartturm und Hof Kiekindermark.
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