Stabilitätsrat
Stabilitätsrat ist die Bezeichnung eines Gremiums des Bundes und der Länder in Deutschland. Der Stabilitätsrat überwacht die Haushaltsführung von Bund und Ländern. Er wurde 2010 eingerichtet und trat damit die Nachfolge des bisherigen Finanzplanungsrats an.
Rechtsgrundlage ist das Gesetz zur Errichtung eines Stabilitätsrates und zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen (Stabilitätsratsgesetz, StabiRatG) vom 10. August 2009, das als Art. 1 des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform verkündet wurde (BGBl I S. 2702).
Die entsprechenden Gesetze sind am 29. Mai 2009 von Bundestag[1] und am 12. Juni 2009 vom Bundesrat[2] verabschiedet worden.
Der Landtag von Schleswig-Holstein kündigte im Mai 2009 an, gegen die Gesetze und damit auch indirekt gegen die Einführung des Stabilitätsrates vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen[3] und reichte diese im Februar 2010 ein.[4] Bemerkenswerterweise wurde die Klage eingereicht, obwohl zwischen der Ankündigung und der Klageeinreichung die Regierung wechselte: die Große Koalition (siehe Kabinett Carstensen I) zerbrach im Juli 2009; es folgte eine CDU/FDP-Regierung (Kabinett Carstensen II). Die Klage wurde am 19. August 2011 für unzulässig erklärt.[5][6]
Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)[7] wurde der Art. 109a in das Grundgesetz eingefügt, auf dessen Grundlage das Stabilitätsratsgesetz erging.
Nach dem Stabilitätsratsgesetz wird jährlich die Finanzlage von Bund und Ländern dargestellt und geprüft. Im Falle von drohenden Haushaltsnotlagen soll der Stabilitätsrat Sanierungsprogramme vereinbaren. Die Beschlüsse des Stabilitätsrates werden veröffentlicht.
Der Stabilitätsrat konstituierte sich am 28. April 2010.[8] Dabei gab er sich eine Geschäftsordnung[9] und legte Kennziffern und Schwellenwerte für die regelmäßige Haushaltsüberwachung[10] und das methodische Vorgehen bei der Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung[11] fest.
Der Stabilitätsrat ist nach §6 Stabilitätsratsgesetz auch für die Einhaltung der europäischen Vorgaben zur Haushaltsdisziplin verantwortlich.[12] Er wacht darüber, dass der gesamtstaatliche strukturelle Finanzierungssaldo (d. h. der aggregierte strukturelle Saldo der Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen) die in §51 Absatz 2 Haushaltsgrundsätzegesetz festgelegte Obergrenze von 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreitet. Der Stabilitätsrat wird dabei nach §7 Stabilitätsratsgesetz von einem unabhängigen Beirat unterstützt.[13]
In seiner 2. Sitzung am 15. Oktober 2010 stellte der Stabilitätsrat formal fest, dass in den Ländern Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein Anzeichen für eine drohende Haushaltsnotlage bestehen.[14] Zur weiteren Prüfung setzte der Stabilitätsrat einen Evaluationsausschuss ein.[14] Am 23. Mai 2011 wurden diese vier Bundesländer vom Stabilitätsrat wegen drohender Haushaltsnotlage unter Aufsicht gestellt.[15] In seiner vierten Sitzung am 1. Dezember 2011 vereinbarte der Stabilitätsrat mit den Ländern Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein Sanierungsprogramme für die Jahre 2012 bis 2016.[16]
In den darauffolgenden Sitzungen 5–7 hat der Stabilitätsrat jeweils die Sanierungsberichte der Länder Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein zur Kenntnis genommen und auf die konsequente Einhaltung des Konsolidierungskurses hingewiesen.[17]
In seiner achten Sitzung am 5. Dezember 2013 legten die Länder Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein ihre Sanierungsberichte vor. Während Berlin und Schleswig-Holstein den bisherigen Konsolidierungskurs fortsetzen, ist der erfolgreiche Abschluss des vereinbarten Sanierungsprogramms Bremens gefährdet. "Der Stabilitätsrat hat deshalb beschlossen, Bremen zu einer Verstärkung seines Konsolidierungskurses aufzufordern. Bremen wird gebeten, in seinem nächsten Sanierungsbericht im April 2014 die hierzu ergriffenen Maßnahmen darzulegen. Im Saarland ist für einen erfolgreichen Abschluss des Sanierungsprogramms aus Sicht des Stabilitätsrats die strikte Einhaltung des im Sanierungsbericht und der Ergänzung beschriebenen Sanierungskurses unverzichtbar. Der Stabilitätsrat hat das Land gebeten, in seinem nächsten Bericht im Frühjahr die Umsetzung der in der Ergänzung konkretisierten Maßnahmen darzustellen und im folgenden Bericht im Herbst die Konkretisierung der weiteren geplanten Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen."[18]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Plenarprotokoll der 225. Sitzung, S. 24875 C, bzw. S. 24877 D (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Zustimmung zur Föderalismusreform II. Pressemitteilung Nr. 108/2009. (Nicht mehr online verfügbar.) Bundesrat – Presseservice, 12. Juni 2009, ehemals im Original; abgerufen am 11. Dezember 2011. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Frank Lindscheid: Genossen treten auf die Bremse. Kieler Nachrichten – kn-online.de, 21. Mai 2009, abgerufen am 2. März 2017.
- Schleswig-Holstein klagt gegen Schuldenbremse. Zeit Online, 2. April 2010, abgerufen am 11. Dezember 2011.
- Bundesverfassungsgericht, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. August 2011 – 2 BvG 1/10 –, online.
- Antrag des Schleswig-Holsteinischen Landtags im Bund-Länder-Streit gegen die „Schuldenbremse“ unzulässig. Pressemitteilung Nr. 60/2011. Bundesverfassungsgericht – Pressestelle –, 16. September 2011, abgerufen am 11. Dezember 2011.
- BT-Drucksache 16/12410 (PDF; 275 kB)
- Pressemitteilung des BMF zur konstituierenden Sitzung des Stabilitätsrates am 28. April 2010 (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Geschäftsordnung des Stabilitätsrats (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Kennziffern zur regelmäßigen Haushaltsüberwachung (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Mittelfristprojektion (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- http://www.stabilitaetsrat.de/DE/Aufgaben/Einhaltung%20der%20europ%C3%A4ischen%20Vorgaben%20zur%20Haushaltsdisziplin/Einhaltung%20der%20europ%C3%A4ischen%20Vorgaben%20zur%20Haushaltsdisziplin_node.html
- http://www.stabilitaetsrat.de/DE/Beirat/Beirat_node.html
- Stabilitätsrat: Zweite Sitzung am 15. Oktober 2010 (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- FAZ: Vier Bundesländer unter Aufsicht
- Stabilitätsrat: Vierte Sitzung am 1. Dezember 2011 (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Stabilitätsrat: Beschlüsse und Beratungsunterlagen aller Sitzungen
- Stabilitätsrat: Achte Sitzung am 5. Dezember 2013 (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.