St. Karl Borromäus (Antwerpen)
Die römisch-katholische Kirche St. Karl Borromäus (niederländisch Sint-Carolus Borromeus-Kerk) am Hendrik Conscienceplein in Antwerpen ist eine Pfarrkirche und ehemalige Jesuitenkirche im Barockstil und ein geschütztes Kulturdenkmal.[1]
Planung
Die Kirche wurde von Mitgliedern des Jesuitenordens, wie François d’Aguilon und Pieter Huyssens, entworfen. Die Kirche wurde zwischen 1615 und 1621 an der damaligen Ankerrui (einer ehemaligen Gracht, nicht zu verwechseln mit der heutigen Ankerrui) gebaut, die mit der Minderbroedersrui verbunden war. Ursprünglich war die Kirche Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, geweiht. Nach der Aufhebung des Ordens im Jahre 1773 wurde die Kirche erneut geweiht, diesmal dem Heiligen Karl Borromäus. Nachdem das Gebäude eine Zeit lang für den Religionsunterricht genutzt wurde, wird es seit 1803 als Pfarrkirche genutzt.
Die Kirche ist ein typisches Denkmal der Gegenreformation, in der die katholische Kirche mit Prunk und Pomp das Volk an sich zu binden versuchte und in der die Jesuiten eine führende Rolle spielten. Die Fassade ist inspiriert von der Kirche Il Gesù in Rom, der Mutterkirche der Jesuiten, und ist acht Meter höher als die Kirche selbst. Die Kirche hat einen dreischiffigen, basilikalen Grundriss. Über den Seitenschiffen befinden sich Emporen. Der Chor ist durch einen Turm akzentuiert.
Wichtige Beiträge zur Ausstattung der Kirche leistete Peter Paul Rubens, der sowohl Gemälde als auch Skulpturen schuf.
Zwischen 1816 und 1830 wollte König Wilhelm I. das seiner barocken Pracht beraubte Gebäude in eine niederländisch-reformierte Kirche umbauen.
Bei der Restaurierung in den 1980er Jahren wurde die Kirche wieder im Barockstil gestaltet. Über dem Altar hängt jeweils ein Bild, das nach einem alten Schema dreimal im Jahr gewechselt wird: Aschermittwoch, Ostermontag und im August.
Die Kirche hat einen Ausgang, der zu den Antwerpener Ruien führt. Der Zweck dieser Passage ist unklar.
Inneneinrichtung und Kunstschätze
Das Kirchenschiff ist geräumig und vermittelt einen Eindruck von Ruhe und Wohlstand. Sie wird von Seitenschiffen in der Art einer Basilika flankiert, deren obere Emporen von eleganten Säulen getragen werden (die vor dem Brand von 1718 aus Marmor waren). Breite Fenster, die sich zu diesen oberen Emporen hin öffnen, lassen reichlich Licht in die Kirche.
Der Chor ist vom Kirchenschiff durch eine bemerkenswerte hölzerne Kommunionbank aus dem 18. Jahrhundert getrennt, die mit Motiven verziert ist, die an das eucharistische Brot der Heiligen Kommunion erinnern. An beiden Seiten der Apsis befinden sich die Strahlenkapellen mit Seitenaltären. Der Altar auf der linken Seite ist dem „Apostel Indiens“, dem heiligen Franz Xaver, gewidmet, der auf der rechten Seite der Jungfrau Maria.
In der Mittelapsis ist der Hochaltar mit einem Gemälde versehen. Zu diesem Zweck gab es vier Bilder, darunter die Kreuzerhöhung von Gerard Seghers (1591–1651) und eine Krönung Mariens von Cornelis Schut (1597–1655) – aus der Antwerpener Schule. Früher trugen die beiden Altarbilder Die Wunder des heiligen Ignatius von Loyola und Die Wunder des heiligen Franz Xaver von Rubens zur Berühmtheit dieses Altars bei, heute zeigt das Kunsthistorische Museum in Wien diese beiden Meisterwerke. Dank eines sinnreichen Seilzugsystems (das in mehreren Jesuitenkirchen zu finden ist) konnten die vier Altarbilder je nach den Festen des Kirchenjahrs abwechselnd ausgestellt werden. Die beiden weiteren Werke und die Madonna von Karmel von Gustaaf Wappers aus dem 19. Jahrhundert werden nach demselben Prinzip ausgetauscht. Dreimal im Jahr, am Aschermittwoch, Ostermontag und im August, werden die Bilder bei einer vielbesuchten Bildertauschfeier gewechselt.
Über dem St.-Josef-Altar prangte das Werk Die Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten von Rubens, gemalt um 1620 und gestiftet vom Bürgermeister Nicolaas Rockox für die Kirche. Nach dem Breve von Papst Clemens XIV. im Jahr 1773, das zur Aufhebung des Jesuitenordens führte, gelangte das Werk auf mehrere Auktionen, die erste am 20. Mai 1777 in Antwerpen, später 1829 in Brüssel und 1830 in London. Im Jahr 1871 gelang es dem damals entstehenden Metropolitan Museum of Art in New York, das Werk zu erwerben. Nach einer Auktion bei Christie’s im Jahr 1980 gelangte das Werk jedoch wieder in Privatbesitz. Im Jahr 2011 konnte die Kirchenverwaltung der Karl-Borromäus-Kirche mit finanzieller Unterstützung durch ein Vermächtnis aus dem Nachlass von Johanna Damen das Werk bei einer erneuten Auktion erwerben und gründlich restaurieren lassen. Seit dem 23. Juni 2017 hängt das 400 Jahre alte Werk nach 240 Jahren Abwesenheit wieder an seinem ursprünglichen Platz in der Kirche.[2][3] Die Wände der Seitenschiffe sind bis zu einer Höhe von vier Metern vertäfelt. Eine ganze Serie von ovalen Medaillons zeichnet in 40 Szenen das Leben der beiden Gründer des Jesuitenordens, des heiligen Ignatius und des heiligen Franz Xaver, nach.
Die Beichtstühle sind mit lebensgroßen Statuen von Engeln und Figuren geschmückt, die an die großen Themen des Christentums erinnern: die Vergebung der Sünder, der barmherzige Samariter, der verlorene Sohn, der Tod, und andere.
Die Kanzel wird von einer weiblichen Personifikation der über die Ketzerei triumphierenden Kirche getragen. Die Wände des Korbs und des Schalldeckels sind mit zwölf Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria verziert.
Zwei große Seitenkapellen, eine auf jeder Seite der Kirche, sind jeweils dem Heiligen Ignatius von Loyola und der Jungfrau Maria gewidmet. Auch die kleineren Kapellen sind reich an Kunstschätzen aus der Zeit von Rubens und seiner Zusammenarbeit mit den Antwerpener Jesuiten: das Monogramm IHS an der Decke, Gemälde von Daniel Seghers und anderen.
Die Orgel wurde 1722 von Carolus Dillens erbaut und hat heute nach mehrfacher Vergrößerung und Erneuerung 28 Register auf zwei Manualen und Pedal.[4]
Brände
Am 18. Juli 1718 brach in der Kirche nach einem Blitzeinschlag ein Brand aus. Der Innenraum wurde stark beschädigt. Unter anderem gingen 39 Deckengemälde verloren, die Rubens mit Unterstützung von Van Dyck angefertigt hatte.[5] Nach dem Brand erhielt die Kirche eine neue, nüchternere Innenausstattung nach einem Entwurf von Jan Pieter van Baurscheit dem Älteren.
Am 30. August 2009 wurde die Kirche erneut durch einen Brand beschädigt. Gegen 6:30 Uhr gab der Rauchmelder Alarm, die Feuerwehr war schnell zur Stelle. Es wurden zwei Feuer gefunden, beide in der Nähe des Altars, eines auf der linken Empore, eines auf der rechten Empore. Das Feuer war schnell unter Kontrolle und die meisten Kunstwerke wurden weder durch Flammen noch durch Löschwasser direkt beschädigt.[6]
Baumeister
- Ursprünglich entworfen von François d’Aguilon und Pieter Huyssens
- Renovierung nach Brand von Jan Pieter van Baurscheit dem Älteren
- Renovierung nach einem Entwurf von F. Berckmans (1849–1864)
- Reparatur nach dem Entwurf von Jules Bilmeyer (1912–1916) und (1917–1920)
- Restaurierungskampagne von Jozef-Louis Stynen (1969–1972) und (1981–1987)
Archiv
Im Staatsarchiv von Antwerpen-Beveren können etwa 20 laufende Archivmeter der St.-Karl-Borromäus-Kirche eingesehen werden. Die bemerkenswertesten Stücke sind die Pläne für den Bau der Barockkirche und eine Sammlung von Zeichnungen von Mobiliar und Ornamenten.
Literatur
- Antwerpen und seine Schönheiten. Verlag Thill S.A. Brüssel, ohne Autoren- und Jahresangabe.
Weblinks
Einzelnachweise
- Inventarseite des belgischen Denkmalregisters. Abgerufen am 28. Februar 2021.
- Rubensbilder wieder in der Borromäuskirche. Bericht der Gazet van Antwerpen vom 21. Juni 2012.
- Die Rückkehr der Heiligen Familie von Rubens kehrt nach 240 Jahren nach Antwerpen zurück. Bericht auf deredactie.be vom 23. Juni 2017
- Informationen zur Orgel auf orgbase.nl. Abgerufen am 28. Februar 2020.
- Peter Paul Rubens (Ill.), Jacob de Wit, (Ill.), Jan Punt, (Ill., Hrsg.): De plafonds, of gallerystukken uit de kerk der eerw. P. P. Jesuiten te Antwerpen. Amsterdam 1751, by Jan Punt. Digitalisat der Universitätsbibliothek Antwerpen.
- Spotlights waren die Brandursache in der Borromäuskirche. Bericht auf www.demorgen.be vom 20. September 2009.