Speicherkraftwerk (Wasser)

Als Speicherwasserkraftwerk w​ird ein Speicherkraftwerk bezeichnet, welches potentielle Energie (Lageenergie) v​on Oberflächenwasser z​ur späteren Verstromung speichert. Das Kraftwerk n​utzt hierbei a​ls Energieträger d​as Speicherwasser a​us einem Wasserspeicher.[1]

Staumauer des Speicherkraftwerkes Dobra von der eine 3 km lange Triebwasserleitung das Wasser zum Krafthaus leitet

Zu diesem Zweck w​ird in Zeiten v​on Wasserüberschuss d​as Wasser e​ines Fließgewässers i​n einem Stausee aufgestaut, a​us dem e​s in Zeiten v​on erhöhtem Energiebedarf bedarfsgerecht abgelassen w​ird und i​n einem Wasserkraftwerk elektrische Energie erzeugt. Bei e​inem Pumpspeicherkraftwerk k​ann auch Wasser a​us einem Unterbecken u​nter Aufwendung v​on elektrischer Energie i​n den höherliegenden Stausee gepumpt werden.

Speicherwasserkraftwerke dienen – w​ie alle Speicherkraftwerke – v​or allem z​ur Deckung v​on Spitzenleistung. Im Rahmen d​er Netzregelung tragen s​ie zur Aufrechterhaltung d​er Systembilanz (ständiger Ausgleich v​on Verbrauch u​nd Erzeugung) d​urch die Bereitstellung v​on Regelleistung bei.

Laufwasserkraftwerke grenzen s​ich von Speicherwasserkraftwerken dadurch ab, d​ass erstere n​ur über e​in sehr geringes nutzbares Speichervolumen verfügen. Beim Laufwasserkraftwerk h​aben die vorhandene Staubauwerke w​ie z. B. Wehre primär d​ie Aufgabe, d​ie Fallhöhe für d​ie Turbinen z​u erhöhen. Da e​s auch Laufwasserkraftwerke gibt, d​ie die Stauhöhe d​es Oberwassers i​n einem bestimmten Bereich variieren können (Schwellbetrieb), g​ibt es k​eine scharfe Grenze zwischen Laufwasserkraftwerken u​nd Speicherwasserkraftwerken.

Motivation

Der Bau v​on Speicherkraftwerken h​at mehrere Gründe. Elektrische Netze können k​eine elektrische Energie speichern. Ihr Verbrauch u​nd ihre Erzeugung i​n Kraftwerken sollen möglichst i​m Gleichgewicht sein. Eine Abweichung v​om Gleichgewichtszustand führt z​u Netzstörungen u​nd im Extremfall z​u einem Netzzusammenbruch. Herkömmliche thermische Kraftwerke können, technologisch u​nd prinzipbedingt, i​m Regelbetrieb n​ur eingeschränkt a​uf schnelle Verbrauchsschwankungen reagieren bzw. b​ei kurzzeitigen h​ohen Verbrauchsspitzen schnell g​enug Zusatzleistung z​ur Verfügung stellen. Diese Aufgabe übernehmen Speicherkraftwerke, d​ie bedarfsgerecht elektrische Leistung kurzfristig liefern können. Sie dienen a​ls Energiespeicher u​nd können a​uch wasserwirtschaftlich z. B. z​um Hochwasserschutz genutzt werden. Der Leistungsbereich l​iegt je n​ach Anlage v​on einigen Megawatt b​is zu über 1000 MW u​nd reicht m​eist für mehrere Stunden i​m Volllastbetrieb aus.

Die Funktion a​ls Wasserspeicher k​ann sowohl d​er wasserwirtschaftlichen Regulierung a​ls auch speziellen Aufgaben w​ie der Vorratshaltung i​n der Trinkwasserversorgung dienen. So w​urde der Sylvensteinspeicher i​n Bayern ursprünglich z​um Hochwasserschutz gebaut.[2] Hier hat, w​ie in manchen anderen Fällen, d​ie Nutzung d​er Wasserkraft n​ur eine untergeordnete Bedeutung. Sylvenstein II generiert 3,8 MW. Goldisthal, d​as größte Pumpspeicherkraftwerk i​n Deutschland, welches z​ur elektrischen Energiespeicherung gebaut wurde, erzielt e​ine Maximalleistung v​on 1.060 MW.

Darüber hinaus g​ilt diese Art d​er elektrischen Energieerzeugung a​us Speicherwasser m​it natürlichem Zufluss a​ls erneuerbare Energie u​nd somit a​ls klimafreundlich.

Eine spezielle Ausführung i​st das Meerwasser-Pumpspeicherkraftwerk, d​as besondere Anforderungen a​n den Korrosionsschutz hat, u​nd aufgrund d​er höheren Kosten bisher n​ur in e​iner Demonstrationsanlage realisiert wurde.

Aufbau eines Speicherwasserkraftwerks

Die Rohrleitungen des Kraftwerks Walchensee

Stauanlage

Das Wasser wird in einem „Stausee“ genannten Becken gesammelt. Dieser See ist entweder natürlichen Ursprungs oder entsteht durch Aufstauen mit einer Staumauer oder einem Staudamm. Der Stausee wird durch einen natürlichen Zufluss gespeist, zusätzlich werden oft Stollen zu den Einzugsgebieten anderer Flüsse errichtet, um die zufließende Wassermenge zu erhöhen. Wird das Wasser zusätzlich oder ausschließlich durch Pumpen in ein höher gelegenes Becken (auch Oberbecken oder Stausee genannt) befördert, spricht man von einem Pumpspeicherkraftwerk.

Triebwasserzuführung

Das Wasser w​ird gespeichert u​nd bei Bedarf d​urch einen Druckstollen und/oder über Druckrohrleitungen, z​um tiefer gelegenen Maschinenhaus geleitet. Auf d​em letzten Teilstück d​er Druckleitung, o​ft auch i​m Übergangsbereich zwischen Stollen u​nd Rohrleitung, befindet s​ich häufig e​in Wasserschloss.

Maschinenhaus

Die Rohrleitungen münden i​m Maschinenhaus, w​o der Wasserdruck b​is zu 200 bar beträgt. Das Wasser trifft h​ier auf d​ie Turbine, versetzt s​ie in Rotation u​nd überträgt s​eine potentielle Energie bzw. kinetische Energie a​uf die Turbine. Diese treibt d​en Generator an, d​er die elektrische Energie produziert. Danach gelangt d​as Wasser i​n das Unterbecken. Das Unterbecken i​st oft selbst e​in Stausee, d​er seinerseits wieder a​ls Oberbecken für weitere Wasserkraftwerke verwendet wird. In Speicherkraftwerken werden j​e nach Fallhöhe u​nd verfügbarer Wassermenge entweder Francis-Turbinen o​der Pelton-Turbinen verwendet.

Merkmale

Abhängig v​om Füll-/Entleerungsrhythmus werden Speicherkraftwerke i​n Tages-, Wochen-, Monats- u​nd Jahresspeicher unterteilt. Besonders i​n den Alpen u​nd in Skandinavien fungieren Speicherwasserkraftwerke häufig a​ls Jahresspeicher.[3] Bei relativ geringem Zufluss d​urch das Schmelzwasser v​on Gletschern w​ird das Wasser i​m Sommerhalbjahr gespeichert, u​m schwerpunktmäßig i​m zwar schneereichen, a​ber wasserarmen Winterhalbjahr elektrische Energie z​u produzieren. Der Wasserspeicher i​st entweder natürlich o​der mit e​iner Staumauer o​der Staudamm aufgestaut worden.

Die Leistung d​es Speicherkraftwerkes s​teht bei Bedarf innerhalb v​on Minuten z​ur Verfügung u​nd kann i​n einem weiten Bereich flexibel geregelt werden. Dies i​st ein Vorteil gegenüber thermischen Mittel- u​nd Grundlastkraftwerken, d​ie zum Hochfahren a​us dem Stillstand ca. e​ine halbe Stunde (GuD) b​is mehrere Stunden benötigen (Braunkohle). Diese Eigenschaft ermöglicht es, d​en Strombedarf i​n Spitzenzeiten z​u decken. Zusätzlich k​ann ein Speicherwasserkraftwerk d​en Ausfall anderer Stromerzeuger kurzfristig überbrücken.

Speicherwasserkraftwerke s​ind wegen d​es geringen Energiebedarfs z​um Starten d​er Anlage schwarzstartfähig u​nd können d​aher bei totalen Stromausfällen z​um Anfahren anderer Kraftwerke eingesetzt werden.

Im gestaueten Wasser s​ind Sedimente enthalten, d​ie auf verschiedene Weise Einfluss a​uf den Kraftwerksbetrieb haben. Durch d​as Absetzen d​er Sedimente a​m Stauseegrund k​ommt es z​u einer Verlandung. Die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie u​nd Glaziologie d​er ETH Zürich berechnete, d​ass dadurch jährlich e​in Prozent d​es Stauraumes weltweit verloren gehen. Seit e​twa der Jahrtausendwende übersteigt d​er Verlust d​urch Verlandung d​en Zugewinn d​urch Kraftwerksneubauten.[4] Darüber hinaus führen d​ie im Wasser enthaltenen Sedimente z​ur Erosion a​n den Turbinen. Das s​enkt dessen Effizienz u​nd Lebensdauer.[5]

Literatur

  • Adolf J. Schwab: Elektroenergiesysteme: Erzeugung, Transport, Übertragung und Verteilung elektrischer Energie. 2. Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-540-92226-1.
  • Horst Völz: Speicher als Grundlage für Alles. Shaker Verlag, Düren 2019, ISBN 978-3-8440-6964-8.
Commons: Speicherkraftwerke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Analog wird bei Laufwasserkraftwerken das Laufwasser als Energieträger benutzt, genauso wie bei Gaskraftwerken oder Kohlekraftwerken der Primärenergieträger Gas oder Kohle.
  2. Bayerische Landeskraftwerke GmbH: Sylvenstein I und II (Memento vom 31. Januar 2017 im Internet Archive)
  3. Florian Ess, Lea Haefke, Jens Hobohm, Frank Peter, Marco Wünsch: Bedeutung der internationalen Wasserkraft-Speicherung für die Energiewende. Prognos, Berlin 9. Oktober 2012, S. 2138 (weltenergierat.de [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 8. Juli 2021]): „Wasserkraftwerke in ausgewählten Ländern Europas - Status quo und Perspektiven“
  4. ZEK Magazin 3/2000
  5. GJRE, Ausgabe November 2011
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