Sophie Karlowna von Buxhoeveden
Sophie Karlowna von Buxhoeveden (russisch: София Карловна бар. Букcгевден; * 9. Juni 1883 in Sankt Petersburg; † 26. November 1956 in London) war die letzte Hofdame am Hofe des Zaren Nikolaus II. Sie folgte dem Zarenpaar in die sibirische Verbannung und verfasste nach ihrem Überleben einige Werke über den Zarenhof.
Leben
Sophie Karlowna kam schon während ihrer Jugend mit dem gesellschaftlichen Leben in Sankt Petersburg in Berührung. 1904 trat sie als Zofe in die Dienste der Zarin Alexandra Fjodorowna ein. Zur offiziellen Hofdame ihrer kaiserlichen Majestät wurde sie 1913 erkoren. Die vier Töchter der Zarenfamilie nannten sie „Isa“. Die Kaiserin und ihre Töchter hatten ein sehr persönliches Verhältnis zu ihrer Hofdame. Sophie reiste mehrere Male mit der Zarin und den Töchtern zu den deutschen Verwandten und dabei entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Damen.
Als die Zarenfamilie nach der Oktoberrevolution in Sankt Petersburg gefangen genommen wurde und dann nach Sibirien verschleppt wurde, war Sophie als Hofdame gegenwärtig. Sie entkam dem Mord am Zaren und seiner Familie im Juli 1918. Zu den Getreuen des Zaren, die mit der Familie ermordet wurden, zählten sein Leibarzt Jewgeni Sergejewitsch Botkin und sein Kammerherr Paul Benckendorff.[1] Als Sophie nach ihrer Flucht Omsk erreichte, welches unter der Kontrolle der russischen Weißen Armee und unter dem Schutz des britischen Militärs stand, konnte sie Russland verlassen. Später wurden der Baronin von Buxhoeveden Verrat an der Zarenfamilie und persönliche Bereicherung durch Bestechungsgelder vorgeworfen. Ihre weitere „Heimreise“ führte sie durch China nach Wladiwostok, dann nach Japan über Hawaii nach San Francisco. Ihre erste längere Aufenthaltsstation war bei ihrem Vater in Kopenhagen, der dort im Exil lebte. Ihr Vater vermittelte über das ehemalige deutsche Kaiserhaus und dem Prinzen Heinrich von Preußen, der sowohl mit England als auch mit Russland verwandt war, eine Übersiedlung nach London. Trotz einiger Ehrenerweise und Vertrauensbekundungen seitens des englischen Königshauses blieb doch immer ein kleiner Zweifel an der angeführten Zarentreue zurück.
Die falsche Zarentochter
Sophie Karlowna sollte in der so genannten Anna-Anderson-Affäre[2] noch eine wichtige Rolle spielen, es ging um die Identifizierung der angeblichen Zarentochter Anastasia. Eine junge Frau wurde nach einem Selbstmordversuch am 17. Februar 1920 aus dem Berliner Landwehrkanal gezogen und als "Fräulein Unbekannt" in die Nervenheilanstalt Dalldorf eingewiesen. Sie galt als selbstmordgefährdet und konnte keine Angaben zu Identität, Wohnort oder Familie machen. Nach einigen Monaten Aufenthalt in Dalldorf tauchte das Gerücht auf, sie eine Tochter des Zaren und hätte das Massaker an ihrer Familie im Juli 1918 überlebt. Auf dem Umschlagbild einer Zeitschrift, die im Krankenzimmer auslag, war ein Foto der Zarenfamilie abgebildet. Eine der Pflegerinnen bemerkte, dass „Fräulein Unbekannt“ Ähnlichkeit mit den Töchtern des Zaren hätte, woraufhin diese „zugab“, tatsächlich eine davon zu sein. Klara Peuthert, eine Patientin, schickte Briefe an verschiedene russische Emigranten mit der Nachricht, Großfürstin Tatjana, die zweitjüngste Tochter befände sich in Dalldorf. Nach diesem Hinweis begab sich Baronin Sophie zur angeblichen Zarentochter. Als sich die Patientin weigerte, zu reden und sich unter einer Decke versteckte, zog ihr die Baronin die Decke weg und verließ das Zimmer. Beim Verlassen des Zimmers sagte die Baronin: „Sie ist zu klein, um Tatjana zu sein.“[3]
„Fräulein Unbekannt“ änderte daraufhin ihre Geschichte und erzählte den Krankenschwestern, sie sei nicht Tatjana, sondern deren jüngere Schwester Anastasia. Sophie von Buxhoeveden ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und blieb bei der Überzeugung, dass die Patientin eine Schwindlerin sei.[4]
Die Anna-Anderson-Affäre setzte sich mit gegenseitigen Vorwürfen und Verdächtigungen fort und endete schließlich darin, dass Anna Andersons Klage auf gerichtliche Anerkennung als Zarentochter Anastasia 1967 vom Oberlandesgericht Hamburg (Anastasia-Entscheidung) endgültig abgelehnt wurde. Einige Jahre nach Andersons Tod wurde per DNA-Analyse eindeutig bewiesen, dass sie nicht mit der Zarenfamilie verwandt gewesen sein konnte.
Sophie von Buxhoeveden trat 1963 ein weiteres Mal als Zeugin bei einer falschen Anastasia auf. Eugenia Smith, eine Dame aus Chicago, behauptete, die überlebende Großfürstin zu sein. Sophie von Buxhoeveden schrieb über Eugenia Smith: "Ich fand keinerlei Ähnlichkeit mit der Großfürstin, auch nicht physisch .... Obwohl sie eine völlig Fremde ist, ist sie im Großen und Ganzen sympathisch, scheint aber unter einer geistigen Wahnvorstellung zu leiden."[5]
Werke
- 1928 The life and tragedy of Alexandra Feodorovna[6]
- 1929 Left behind: Fourteen months in Siberia during the revolution, December 1917 – February 1919
- 1938 Before the Storm
Herkunft und Familie
Sophie Karlowna von Buxhoevede stammte aus dem deutsch-baltischen Adelsgeschlecht Buxhoeveden (Haus VI. Magnusdahl). Ihr Vater Karlos Matthias Ludwig von Buxhoeveden (* 1856, † 1935 in Brüssel) war Diplomat und im Ersten Weltkrieg ein russischer Minister mit Sonderaufgaben in Kopenhagen. Er war mit Ludmilla Ossokin (1858–1917)[7] verheiratet. Sophie Karlowna heiratete nicht.
Weblinks
Einzelnachweise
- Elisabeth Heresch, Nikolaus II. „Feigheit, Lüge und Verrat“, F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München, 1992, Seiten 315 u. 336
- „Anastasia“ 1896 – 1984/ Biographie. Dieter Wunderlich: Buch- und Filmtipps
- Robert K. Massie: Die Romanows. Das letzte Kapitel. Berlin 1995, S. 196.
- Peter Kurth: Anastasia die letzte Zarentochter. Das Geheimnis der Anna Anderson. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1988, S. 46–50.
- Coryne Hall: Little Mother of Russia. A Biography of Empress Marie Feodorovna. Shepheard-Walwyn, London 1999, S. 340 ff.
- The life and tragedy of Alexandra Feodorovna. In: Internet archive
- Ludmilla von Buxhoeveden (Ossokin) in buxhoeveden.net