Sondengänger
Der Sondengänger ist eine Person, die mit einem Metalldetektor gezielt nach Gegenständen im Boden sucht. Dieser Vorgang wird im Fachjargon unter Sondengängern gerne als sondeln bezeichnet. In Deutschland ist in allen Fällen eine Genehmigung der Grundeigentümer sowie der Denkmalbehörde notwendig (abgesehen von Bayern). Des Weiteren stellt sich die Eigentumsfrage an den Funden sowie das Problem der Zerstörung des archäologischen Kontextes. Erst die Berücksichtigung dieses sogenannten Befunds ermöglicht ein historisches Verständnis der Funde. Diese Zerstörung tritt allerdings in der Regel nur durch Raubgräber, sprich Sondengänger ohne Genehmigung auf, da es an Dokumentation mangelt. Außerdem bekommen Archäologen die Objekte, die von Raubgräbern entdeckt werden, nur sehr selten zu Gesicht.
Anfänge
Entwickelt wurden Metalldetektoren zum Auffinden von Landminen und Munition. Sie wurden von den Armeen in und nach dem Zweiten Weltkrieg im Kampfmittelräumdienst eingesetzt. Anfang der 1960er Jahre wurden in den USA ehemalige Minensuchgeräte von Privatleuten zum Auffinden von verloren gegangenen Wertgegenständen an Badestränden und zum Auffinden von Metallgegenständen in Geisterstädten sowie Schlachtfeldern des Bürgerkriegs benutzt.
Ab den 1960er Jahren wurden erste Metallsuchgeräte zum privaten Gebrauch, zur Schatzsuche (Treasure Hunting) hergestellt. Bekannte Hersteller waren unter anderem Fisher Laboratories, White’s und Garrett.
Die Schatzsuche hielt Anfang der 1970er Jahre Einzug in Europa und verbreitete sich von Großbritannien aus sehr schnell über den Kontinent. Man schätzt die Zahl der Sondengänger und Schatzsucher in Europa auf mehrere hunderttausend.
Unterschiedliche Ausrichtungen
Die meisten Sondengänger haben sich auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert. Man unterscheidet zwischen folgenden Zielen:
Antikensuche
Die Motivation des Antikensuchers geht von der Neugierde und der Suche nach unseren historischen Wurzeln aus. Ziel des Sondengangs ist der Fund von Gegenständen, die vor Hunderten oder Tausenden von Jahren verloren[1], gezielt in Gräbern hinterlegt oder im Boden deponiert wurden. Die Suche nach bzw. das Entfernen von archäologischem Material durch Graben ist allerdings in gewissem Maße rechtlich reguliert und unterliegt in Deutschland den Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer. Viele „historisch motivierte“ Sondengänger zerstören durch Unkenntnis jedoch mehr von der Geschichte, als sie tragfähige Erkenntnisse gewinnen, die obendrein meist der Öffentlichkeit und Wissenschaft nicht adäquat (nachvollziehbar!) zugänglich gemacht werden (siehe Schäden durch Sondengänger). Fundstellen werden oft verheimlicht oder gar verfälscht.
Auftragssuche
Hier betätigen sich Besitzer von Metallsuchgeräten damit, für einen privaten oder öffentlichen Auftraggeber Dinge aufzuspüren, die einmal verloren oder bewusst versteckt wurden. Der Sondengänger kann hier sein langjährig erworbenes Wissen im Umgang mit Metalldetektoren voll ausspielen und somit Dinge wieder erbringen, die für den Auftraggeber sonst für immer verloren wären.
Gefallenenbergung
Mehr als 800.000 deutsche Soldaten gelten auch noch nach über 70 Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs als vermisst. Oft blieb den Angehörigen nur die Hoffnung, dass der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, der auch bis heute eine intensive Suche nach Vermissten vornimmt, Erfolg hat. Aber auch einige Sondengänger haben in den letzten Jahren private Suchdienste gebildet, die sich mit dem Thema Gefallenenbergung beschäftigen.[1] Dieses Tätigkeitsfeld ist sehr sensibel, da es um die Störung der Totenruhe gehen kann und eine unprofessionelle Bergung von Gegenständen die Chance, das Schicksal von Vermissten aufzuklären, vollends vernichten kann.
Goldsuche
Manche Detektoristen haben sich auf die Suche nach Naturgold in Form von Nuggets und kleinen Goldflittern spezialisiert.[1] Diese Suche ist vor Allem in Australien auf dem Vormarsch.
Meteoritensuche
Die Meteoritensuche erfreut sich seit einigen Jahren einer wachsenden Beliebtheit. Der Fall (so nennt sich die Beobachtung eines Meteoriten-Niederganges) wird häufiger als früher entdeckt. So wird der Himmel nunmehr seit Jahren vom Europäischen Feuerkugelnetz systematisch in Augenschein genommen.
Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Fall und der Fund des Neuschwansteinmeteoriten. Er wurde größtenteils durch Hobbyforscher geortet, von Meteoritenforschern ausgewertet und an die bayerische Regierung verkauft. Herr Grau, einer der Finder, ist sogar aus seinem Studium ausgestiegen und fahndet professionell nach weiteren deutschen Meteoriten.[1]
Militaria
Ein großer Teil der Sondengänger in Deutschland beschäftigt sich ausschließlich mit der Suche nach Hinterlassenschaften der beiden Weltkriege (Orden, Ausrüstungs- und Uniformteile), den so genannten Militaria. Die Zahl dieser Sucher macht etwa ein Drittel aller Sondengänger aus. Im Gegensatz zur Antikensuche gestaltet sich die Suche nach Weltkriegsrelikten in puncto Recherche wesentlich einfacher. Fast überall in Deutschland haben die Weltkriege ihre Spuren hinterlassen. Schützenlöcher, Bunker, Deckungsgräben und natürlich Erzählungen von Zeitzeugen sind einfache Hinweise.[1]
Neuzeitsuche
Einigen Sondengängern, die den vermeintlichen Aufwand eines Genehmigungsverfahrens scheuen, scheint die Suche nach neuzeitlichen Relikten eine interessante und unkomplizierte Alternative zu sein. In den allermeisten deutschen Bundesländern machen die Denkmalschutzgesetze aber keinen Unterschied zwischen Suchen nach neuzeitlichen und mittelalterlichen oder noch älteren Gegenständen. Tatsächlich liegen nämlich archäologische bedeutsame Stellen nicht selten auf den gleichen Flächen wie neuzeitliche Fundplätze.[1]
Schatzsuche
Unter der klassischen Schatzsuche ist die gezielte Suche nach verlorenen bzw. versteckten Werten zu verstehen. Hierbei geht meist eine intensive Recherche voraus, wobei der Detektor schließlich zur Punktortung des Schatzes dient. Zu nennen ist hier z. B. die Suche nach verschollenen Kriegskassen, dem Nibelungenschatz oder von den Nationalsozialisten angeblich verstecktem Gold.
Unterirdisches
In den letzten beiden Weltkriegen wurden auch auf deutschem Boden Tausende von unterirdischen Anlagen und Stollensystemen gebaut. Meist wurden diese zur Produktion kriegswichtiger Güter verwendet oder aber zum Schutz der Zivilbevölkerung.[1]
Unterwassersuche
Die Suche mit Metalldetektoren unter Wasser beschäftigt sich mit allen Fundobjekten, die unter der Wasseroberfläche erhalten geblieben sind. Das können z. B. verlorene Einzelgegenstände sein, aber auch komplette Schiffswracks.[1]
Strandsuche
Als Strandsuche wird die Absuche von Strand und Ufer nach Schmuck, Kleingeld etc. bezeichnet. Funde fielen hier früher unter das Strandrecht; inzwischen gelten die allgemeinen Bestimmungen für Funde.
Winter-Sondeln
Auch Schnee-Sondeln genannt, ist eine Suche in Schnee oder Eis. Dabei wird entweder in der Erde unter dem Schnee gesucht oder im Schnee selbst, und über einer Eisfläche. Bei der Suche in der meist gefrorenen Erde wird die Schneedicke vom Radius des Detektors abgezogen. Die Suche im Schnee erfolgt meist an Skipisten und verschneiten Wegen. Da die meisten Detektoren wasserdicht sind, überstehen sie auch ein Eintauchen direkt in den Schnee.
Ausrüstung
- Metalldetektor
- Grabewerkzeuge (Feldspaten, Pickel, Siebe, Grabungsmesser, Fundtasche)
- GPS zur Fundortkoordinatenspeicherung
- Schreibmaterial und Foto zur Dokumentation der Fundstelle
- Genehmigung der Denkmalpflegebehörden
- Pin Pointer zur kleinteiligen Bestimmung des Lagerungsortes innerhalb der Grabungsstelle
Gefahren
Die Suche mit einer Metallsonde birgt verschiedene Gefahren und Probleme. Sondengänger können beispielsweise beim Fund von Kampfmitteln zu Schaden kommen oder gefährden bei deren (illegalem) Transport und Lagerung Dritte. Beim Fund von Kampfmitteln (Munition, Waffen etc.) besteht in allen deutschen Bundesländern Meldepflicht.
Rechtliche Situation in Deutschland
Die rechtliche Situation ist in allen deutschen Bundesländern durch Denkmalschutzgesetze geregelt. Für die gezielte Suche nach Bodendenkmälern und vor allem das Graben auf solchen ist eine Grabungsgenehmigung erforderlich, ansonsten drohen empfindliche Strafen. In einigen Bundesländern gilt es schon als Ordnungswidrigkeit, wenn man billigend in Kauf nimmt, auf Bodendenkmäler zu stoßen. Die Genehmigung wird von den unteren oder oberen Denkmalschutzbehörden oder den Landesdenkmalämtern erteilt und ist an Auflagen gebunden. In Baden-Württemberg hat das Referat Denkmalpflege des Wirtschaftsministeriums für Sondengänger ein Faltblatt[2] herausgegeben. In Hessen hat das Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Zusammenarbeit mit der AG Raubgrabung des Hessischen Landeskriminalamts die dortige Rechtslage ebenfalls in einem Faltblatt[3] erläutert.
Nur in Bayern gehören die von Sondengängern entdeckten Funde gemäß § 984 BGB je zur Hälfte dem Entdecker und dem Grundeigentümer. In allen anderen Bundesländern gilt jedoch ein Schatzregal, nach dem derartige Funde an das Bundesland ohne Entschädigung des Grundstückseigentümers sowie des Finders fallen. In einigen Bundesländern (z. B. Hessen) erhalten die Finder allerdings eine Belohnung. Alle geschichtlichen und archäologischen Funde (dazu gehören in einigen Bundesländern auch bereits Relikte aus beiden Weltkriegen) sind nach den Denkmalschutzgesetzen den Denkmalbehörden zu melden.
Ungenehmigte Nachforschungen und Grabungen auf Bodendenkmälern werden als Raubgrabungen bezeichnet. Sie verstoßen nicht nur gegen das Denkmalrecht, sondern erfüllen in der Regel auch den Tatbestand der Unterschlagung und eventuell den der gemeinschädlichen Sachbeschädigung.
Motivation für solche Raubgrabungen ist meist, sich durch einen Verkauf der Funde zu bereichern oder die Funde in die eigene Privatsammlung aufzunehmen. Zudem können die Gebeine von gefallenen Soldaten aufgrund ihrer metallischen Erkennungsmarken und verschiedener Ausrüstungsgegenstände aufgespürt werden, was gegebenenfalls eine Störung der Totenruhe darstellen kann. Zwar gibt es gekennzeichnete Kriegsgräberstätten, doch bei der Vielzahl der Toten sind Zufallsfunde nicht ausgeschlossen. In Deutschland gibt es hierfür keine begrenzte Ruhefrist.
Der bislang bekannteste Fall einer Raubgrabung mit Hilfe von Metalldetektoren ist jener der Himmelsscheibe von Nebra, bei dem die archäologische Untersuchung erst hinterher stattfinden konnte. In anderen Fällen sind illegale Sondengänger unterwegs, nachdem archäologische Entdeckungen bekannt wurden, wie zum Beispiel 2015 beim Römischen Marschlager von Wilkenburg. Zwar sind nicht immer Fundstücke von finanziellem Wert zu erwarten, die Stücke selbst sind in ihrem Fundzusammenhang aber für die Forschung von großer Bedeutung.[4]
Sondengänger als Partner der Archäologie
Sondengänger mit einer Grabungsgenehmigung oder Beauftragung können durch die Meldung von unbekannten Bodendenkmälern und das Erbringen neuer Erkenntnisse zu bekannten Bodendenkmälern wertvolle Arbeit für die Denkmalpflege leisten. Hier zu nennen ist die Entdeckung des Römerlagers in Porta Westfalica-Barkhausen, das mittelbronzezeitliche Schwertgrab von Minden-Päpinghausen[5] oder das Schlachtfeld bei Kalkriese.
Suchgenehmigungen
In Niedersachsen wurde durch die Novellierung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes im Jahre 2011 die Suche nach archäologischen Funden mit Metalldetektoren genehmigungspflichtig. Seit 2012 bietet das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege regelmäßig Theorie- und Praxiskurse zum Einsatz von Metallsonden zur Suche nach Bodendenkmalen an. Mit dieser Qualifizierung können die Teilnehmer bei einer unteren Denkmalschutzbehörde eine Suchgenehmigung beantragen.[6] In Niedersachsen besitzen mit Stand 2018 rund 300 Sondengänger eine Genehmigung der Denkmalbehörden.[7][8] In Rheinland-Pfalz Nord beispielsweise muss man eine gewisse Anzahl an Vorträgen der Landesarchäologie als Fortbildung besuchen, um seine Nachforschungsgenehmigung, kurz NfG, verlängert zu bekommen. In Schleswig-Holstein muss ein entsprechender Zertifizierungskurs vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein besucht werden.[9]
Literatur
- Markus Winter: Abenteuer Schatzjagd: Kompaktes Wissen und Ratgeber für die Suche mit Metalldetektoren. epubli, September 2020, ISBN 978-3753104232.
- Linus Naake: Faszination Sondengänger: Das Handbuch für Schatzsucher mit Metalldetektor. Independently Published, November 2020, ISBN 979-8575103660.
Weblinks
- Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz zur Problematik der Sondengänger
- digs-online.de Deutsche Interessengemeinschaft der Sondengänger
- Handreichung des DGUF-Arbeitskreises "Kulturgutschutz": Raubgräber, Schatzsucher und illegale Sondengänger: Die leichtfertige Vernichtung unserer Vergangenheit (August 2012)
- Hobby-Archäologen. Schatzsucher oder Raubgräber?, Radiointerview (8:46 Min.) mit dem Landesarchäologen Henning Haßmann bei DRadio Wissen vom 28. Juli 2015
- Deutsche Sondengänger Union (DSU), bundesweite Interessensvertretung der deutschen Sondengänger
Einzelnachweise
- DIGS-Online: Deutsche Interessengemeinschaft der Sondengänger
- Hinweise zum Verhalten und zur Beweissicherung beim Antreffen von Sondengängern und Raubgräbern (PDF; 1,4 MB) Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg. Januar 2014. Abgerufen am 9. Juli 2020.
- Raubgrabungen - kein Kavaliersdelikt (PDF; 11,3 kB) Landesamt für Denkmalpflege Hessen und Hessisches Landeskriminalamt. 2005. Abgerufen am 9. Juli 2020.
- Simon Benne: Sondengänger im Römerlager in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 29. Dezember 2015.
- Hallenkamp-Lumpe, Julia (VerfasserIn), Sicherl, Bernhard (VerfasserIn): Die Spuren der Grabhügel - ältere und mittlere Bronzezeit in Minden-Päpinghausen. In: Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.): Archäologie in Westfalen-Lippe. 2017, S. 49–52.
- Merkblatt zur Qualifizierung von Sondengänger/inne/n in Niedersachsen (PDF, 224 kB)
- 300 Hobby-Archäologen sind in Niedersachsen unterwegs in Kreiszeitung vom 29. April 2018
- Komm, wir finden einen Schatz - aber mit Lizenz bei ndr.de vom 29. April 2018
- Zertifizierungskurse am ALSH