Simón I. Patiño
Simón Ituri Patiño (* 1. Juni 1862 in Cochabamba; † 20. April 1947 in Buenos Aires),[1] ein bolivianischer „Zinn-Baron“,[2] galt als einer der reichsten Männer seiner Zeit. Zusammen mit Moriz Hochschild[2] und Carlos Victor Aramayo[2] gehörte er der Dreiergruppe der mächtigsten Bergbauunternehmer an, die als Rosca[2] bezeichnet wurde.
Leben
Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, startete der Mestize als Bergbau-Lehrling. Später war er Angestellter eines kleinen Handels für Bergbauausrüstung. Ein Kunde hatte kein Geld um zu bezahlen und bot ihm eine Besitzurkunde über eine Mine an. Aus Mitleid nahm er an, zum Missfallen seines Chefs, der ihn feuerte. Die zuerst wertlos erscheinende Mine entpuppte sich als „Goldgrube“, da Patiño eine Zinnerz-Ader entdeckte. Mit großem Geschick baute er daraufhin zügig das Geschäft aus. Er heiratete Albina Rodríguez Ocampo (* 1873; † 1953) im Jahr 1889, ihre Kinder waren Graziella, Elena, Luzmilla, René und Antenor Patiño Rodríguez.
Patiño betrieb eine vertikale wirtschaftliche Integration der Zinn-Industrie. 1919 erlangte er die Kontrolle über die Firma William, Harvey & Co., Ltd. in Liverpool. 1924 besaß er 50 Prozent der nationalen Produktion und kontrollierte die europäische Verarbeitung bolivianischen Zinns, dessen große Vorkommen seit 1899 ausgebeutet wurden. Am 5. Juni 1924 gründete er mit britischem Kapital die “Patiño Mines & Enterprises Consolidated Inc.” mit Geschäftssitz in Delaware. Mit dieser erwarb er 1929 Williams Harvey & Co. 1934 erlangte er die Kontrolle über die Consolidated Tin Smelters Limited, welche aus der Fusion von Williams Harvey, Cornish Tin Smelting und Eastern Smelting entstanden war und 40 Prozent des Zinns produzierte. Er kontrollierte schließlich acht Zinnproduktionsorte.[3] Während andere „Zinn-Barone“ wie Carlos Victor Aramayo und Mauricio Hochschild die meiste Zeit in Bolivien verbrachten, lebte Patiño überwiegend in Europa.
Von 1926 bis 1947 war er bolivianischer Gesandter in Paris,[4] und vom 6. bis zum 15. Juli 1938 Delegierter der Regierung von Germán Busch Becerra bei der Konferenz von Évian. Nach seinem Tod wurden während der bolivianischen Revolution von 1952 große Teile seines Vermögens verstaatlicht.
Seinen im Stil des Eklektizismus erbauten Alterssitz, den Palacio Portales, hat er aus gesundheitlichen Gründen nie bezogen. Die prächtige Villa kann noch heute in Cochabamba besichtigt werden.
Einzelnachweise
- Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich 1950, Band 2, S. 326.
- Alain Rouquié: Amérique latine – Introduction à l’Extrême-Occident. In: Points Essais. 2. Auflage. Nr. 373. Éditions du Seuil, Paris 1998, ISBN 978-2-02-020624-2, S. 125.
- Eduardo R. Quiroga: 2. The historical evolution of mining in Bolivia (PDF; 169 kB), S. 129
- Jens Streckert: Die Hauptstadt Lateinamerikas. Eine Geschichte der Lateinamerikaner im Paris der Dritten Republik (1870–1940). Böhlau, Köln, Weimar, Wien 2013, S. 146–149.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Félix Avelino Aramayo | bolivianischer Gesandter in Paris 1926 bis 1947 | Jorge Ortiz Linares |