Siegfried Aufhäuser
Siegfried Aufhäuser (* 1. Mai 1884 in Augsburg; † 6. Dezember 1969 in Berlin) war ein deutscher Gewerkschaftsführer und Sozialdemokrat.
Leben
Aufhäuser war Sohn eines jüdischen Spirituosenfabrikanten und Hopfenhändlers und absolvierte nach dem Besuch der Realschule und der höheren Handelsschule eine kaufmännische Lehre. 1908 war er Mitbegründer der Demokratischen Vereinigung und deren Vorstandsmitglied.[1] Bereits in der Lehr-Zeit organisierte sich der 1912 zum SPD-Mitglied gewordene Aufhäuser gewerkschaftlich und wurde so 1913 in die Geschäftsführung des „Bundes der technisch-industriellen Beamten“ berufen.
Aufhäuser arbeitete am Zusammenschluss der diversen sozialdemokratisch orientierten Angestelltenverbände seiner Zeit und gründete 1915 die „Arbeitsgemeinschaft freier Angestelltenverbände“. 1917 wurde er geschäftsführender Vorsitzender, von 1921 bis 1933 auch der hauptamtliche Leiter der Nachfolgeorganisation Allgemeiner freier Angestelltenbund, die als Parallelorganisation des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes gelten kann. Die Vorsitzenden dieser beiden Verbände, Carl Legien und Siegfried Aufhäuser, arbeiteten (z. B. in der Organisation von Streiks während des Kapp-Putschs) eng zusammen.
Nachdem er 1917 Mitglied der USPD geworden war, schloss er sich 1922 wie die Mehrheit der nach der Parteispaltung von 1920 verbliebenen Mitglieder erneut der SPD an. Von 1921 bis 1933 war er Mitglied des Reichstages und seit 1920 des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats. 1921 wurde er Vizepräsident der Berliner Arbeiterbank und von 1922 bis 1925 war er Mitglied des Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik. Zwischen 1928 und 1933 war er auch Sachverständiger des Internationalen Arbeitsamtes in Genf.
Exil
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme flüchtete er nach einigen Verhaftungen über Saarbrücken nach Prag, arbeitete dort im Rahmen der SoPaDe und gilt innerhalb dieser Organisation als Anhänger des Volksfrontgedankens, also des Zusammenschlusses mit den Sozialisten kommunistischer Prägung gegen Hitlerdeutschland. Innerhalb der SoPaDe war dieser Gedanke nicht mehrheitsfähig. 1935 wurde Aufhäuser zusammen mit Karl Böchel aus dem Vorstand ausgeschlossen und trat gemeinsam mit diesem den von Max Seydewitz gegründeten Revolutionären Sozialisten Deutschlands (RSD) bei. Im Dezember 1936 unterzeichnete er den Aufruf an das deutsche Volk des „Volksfrontausschusses“ in Paris, der als Lutetia-Kreis bekannt wurde. Infolge des Münchner Abkommens wich er nach Paris aus, um dann 1939 nach New York zu emigrieren. Dort arbeitete er als freier Schriftsteller und Journalist. Er war unter anderem Mitglied der sozialdemokratischen Exilorganisation German Labour Delegation. Im Mai 1944 war er an der Gründung des Council for a Democratic Germany (CDG) beteiligt. Zur Gruppe Neu Beginnen gehörend, war er aktiv in der Bildungsarbeit der Emigrantenklubs, und zugleich bis 1944 Redakteur des Aufbau.
Rückkehr
1951 kehrte er nach Deutschland zurück und wurde 1952 Vorsitzender des Landesverbandes der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (heute ver.di) in Berlin. Dieses Amt gab er 1959 im Alter von 75 Jahren auf. 1964 war er Stadtältester von Berlin. In der am Grunewald gelegenen Siedlung Eichkamp wohnte er vor 1933 und wieder nach 1945.[2]
Siegfried Aufhäuser ist zusammen mit seiner Frau auf dem Jüdischen Friedhof in Freiburg im Breisgau begraben.
1984 wurde in Hannover-Wettbergen eine Straße angelegt und nach ihm benannt. Der Platz am S-Bahnhof Sonnenallee (Berlin-Neukölln) ist nach ihm benannt.
Veröffentlichungen
- Ideologie und Taktik der Angestelltenbewegung (Referat auf dem 4. Afa-Gewerkschaftskongress), Leipzig 1931, S. 3–23.
Literatur
- Siegfried Aufhäuser der sozialistische Organisator der Kopfarbeiter. In: O.B. Server: Matadore der Politik; Universitas Deutsche Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin, 1932; S. 89 ff.
- Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 2: Sozialpolitiker in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus 1919 bis 1945. Kassel University Press, Kassel 2018, ISBN 978-3-7376-0474-1, S. 5 f. (Online, PDF; 3,9 MB).
- Gunter Lange: Siegfried Aufhäuser (1884–1969). Ein Leben für die Angestelltenbewegung. Eine Biografie (= Gewerkschafter im Nationalsozialismus. Verfolgung – Widerstand – Emigration. Band 5). Metropol, Berlin 2013, ISBN 978-3-86331-096-7.
- Günter Lange: Wie die Angestellten zu ihrem Recht kamen. In: ver.di publik 04/2009, S. 17. ISSN 1610-7691
- Siegfried Mielke (Hrsg.) unter Mitarbeit von Marion Goers, Stefan Heinz, Matthias Oden, Sebastian Bödecker: Einzigartig. Dozenten, Studierende und Repräsentanten der Deutschen Hochschule für Politik (1920–1933) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Berlin 2008, ISBN 978-3-86732-032-0, S. 346 ff.
- Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Erster Band. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, S. 41, ISBN 3-598-30664-4
- Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3., erheblich erweiterte und überarbeitete Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1.
Weblinks
- Literatur von und über Siegfried Aufhäuser im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Siegfried Aufhäuser in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Nachlass von Siegfried Aufhäuser im Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung
- Details zum Inhalt des Nachlasses
- geschichte.verdi.de
Einzelnachweise
- Biographien zur deutschen Geschichte von den Anfängen bis 1945. Berlin 1991, S. 29 f.
- Helga Grebing, Siegfried Heimann (Hrsg.): Arbeiterbewegung in Berlin, Ch. Links Verlag, Berlin 2012, S. 89