Sichendorf
Sichendorf, zuletzt ein Ortsteil der Gemeinde Nainhof-Hohenfels im ehemaligen Landkreis Parsberg, ist eine Wüstung im Truppenübungsplatz Hohenfels.
Sichendorf Ehemalige Gemeinde Nainhof-Hohenfels | |
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Höhe: | 440 m |
Einwohner: | 28 (13. Sep. 1950) |
Geographische Lage
Der Weiler lag im oberpfälzischen Jura der Südlichen Frankenalb etwa 3,5 km nordöstlich von Hohenfels auf ca. 440 m über NHN in absteigendem Gelände zwischen den Erhebungen Kühberg im Südosten (479 m ü. NHN), Edelberg im Südwesten (498 m ü. NHN), Egelberg im Nordwesten (498 m ü. NHN), Wolfsberg im Norden (436 m ü. NHN) und Nußberg im Nordosten (484 m ü. NHN).
Geschichte
Sichendorf erscheint erstmals urkundlich 1440, und zwar als Lehen des Pfalzgrafen Johann in der Herrschaft Hohenfels. Im Salbuch dieser Herrschaft von 1494/1500 sind vier Anwesen in „Suechendorf“ verzeichnet.[1][2] Um 1600 ist die Ansiedelung als „Sicherdorf“ im Kartenwerk von Christoph Vogel unter dem Amt Hohenfels verzeichnet.[3] Gegen Ende des Alten Reiches, um 1800, bestand der Weiler aus sechs Anwesen und einem gemeindlichen Hirtenhaus.[4]
Im Königreich Bayern wurde um 1810 der Steuerdistrikt Unterödenhart gebildet und 1811 zum Landgericht Parsberg gegeben. Diesem gehörten die Dörfer bzw. Einöden Unterödenhart, Aicha, Butzenhof(en), Machendorf, Oberödenhart, Pöllnricht und Sichendorf an.[5] Mit dem zweiten bayerischen Gemeindeedikt von 1818 entstand daraus die Ruralgemeinde Unterödenhart,[6] zu der 1884 noch die Einöde Mehlhaube hinzukam.[7]
Als 1938 ein Wehrmachtsübungsplatz in der Oberpfalz errichtet wurde, musste die Gemeinde Unterödenhart und damit auch Sichendorf abgesiedelt werden und ging 1944 offiziell im Heeresgutsbezirk Hohenfels auf.[8][9] Nachdem 1925 in den sechs Wohngebäuden des Kirchdorfs noch 43 Personen lebten, zählte man nach Auflassung des Heeresgutsbezirks und der Wiederbesiedelung durch Flüchtlinge und Vertriebene im Herbst 1950 28 Bewohner in dem schon vor dem Zweiten Weltkrieg errichteten Barackenlager, das zur Gemeinde Nainhof-Hohenfels gehörte. Diese musste im Herbst 1951 in kurzer Frist geräumt werden, weil die US-Armee dort einen Truppenübungsplatz errichten wollte. In ihm wurde Sichendorf erneut zur Wüstung.
Die dortigen archäologischen Befunde der neuzeitlichen Kapellenruine „Unserer Lieben Frau“ gelten als Bodendenkmäler.[10]
Im Zuge der Gebietsreform in Bayern wurde das Gebiet des „alten“ Truppenübungsplatzes am 1. Oktober 1970 dem Markt Hohenfels angeschlossen.
Einwohner- und Gebäude-/Hofzahlen
- 1494: 4 Höfe[11]
- 1800: 6 Höfe[12]
- 1830: 30 Einwohner, 6 Häuser in „Sicherndorf“[13]
- 1838: 44 Einwohner, 6 Haüser, 1 Kapelle[14]
- 1867: 49 Einwohner. 16 Gebäude[15]
- 1871 59 Einwohner, 11 Gebäude; Großviehbestand 1873: 56 Stück Rindvieh[16]
- 1900: 45 Einwohner, 6 Wohngebäude[17]
- 1925: 43 Einwohner, 6 Wohngebäude[18]
- 1950: 28 Einwohner in Notwohngebäuden[19]
Kirchliche Verhältnisse
Das Dorf gehörte seit altersher (so um 1600)[20] zur katholischen Pfarrei St. Ulrich zu Hohenfels im Bereich des Bistums Regensburg. Dorthin gingen die Kinder bis zur Absiedelung in die katholische Schule; um 1950 besuchten die Kinder der Neusiedler die Schule der Gemeinde Nainhof-Hohenfels in Nainhof. Die Marienkapelle des Weilers wurde 1816 errichtet; Rest der Außenmauern sind noch vorhanden und sind als Baudenkmäler eingestuft.[21] Siehe auch Liste der Baudenkmäler in Hohenfels (Oberpfalz)#Wüstung Sichendorf
Literatur
- Manfred Jehle: Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Heft 51: Parsberg, München 1981
Einzelnachweise
- Wilhelm Volkert: Gerichtsverhältnisse im Pflegamt Hohenfels vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. In: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 100 (1959), S. 155 f.
- Jehle, S. 301
- Günter Frank und Georg Paulus: Die pfalz-neuburgische Landesaufnahme unter Pfalzgraf Philipp Ludwig (Regensburger Beiträge zur Heimatforschung, 6). Kollersried 2016, S. 490
- Jehle, S. 489
- Jehle, S. 536
- Jehle, S. 545
- Jehle, S. 555
- Jehle, S. 518
- Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980. München 1983, S. 547
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Regierungsbezirk Oberpfalz, Landkreis Neumarkt i. d. Opf., Markt Hohenfels, Bodendenkmäler, Stand 1. Mai 2020, S. 13
- Volkert, S. 155
- Jehle, S. 489
- Karl Friedrich Hohn: Der Regenkreis des Königreichs Bayern, geographisch und statistisch beschrieben, Stuttgart und Tübingen: Cotta, 1830, S. 168
- Joseph Lipp (Bearbeiter): Matrikel des Bisthums Regensburg. Regensburg 1838, S. 295
- Joseph Heyberger: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon, München 1867, Sp. 798
- Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 982, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
- K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern, mit alphabetischem Ortsregister. LXV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1904, Abschnitt II, Sp. 905 (Digitalisat).
- Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis für den Freistaat Bayern nach der Volkszählung vom 16. Juni 1925 und dem Gebietsstand vom 1. Januar 1928. Heft 109 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1928, Abschnitt II, Sp. 914 (Digitalisat).
- Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern – Bearbeitet auf Grund der Volkszählung vom 13. September 1950. Heft 169 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1952, DNB 453660975, Abschnitt II, Sp. 786 (Digitalisat).
- Frank/Paulus, S. 503
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: Regierungsbezirk Oberpfalz, Landkreis Neumarkt i. d. Opf., Markt Hohenfels, Baudenkmäler, Stand 1. Mai 2020, S. 4