Serre-Vermutung

Die Serre-Vermutung i​st ein mathematischer Satz über Galois-Darstellungen u​nd Modulformen, d​er im Jahr 2006 v​on Chandrashekhar Khare, Jean-Pierre Wintenberger u​nd Mark Kisin bewiesen wurde. Die Serre-Vermutung impliziert d​en Modularitätssatz u​nd damit a​uch den großen Satz v​on Fermat. Die Serre-Vermutung g​eht auf e​ine Vermutung v​on Jean-Pierre Serre zurück.[1][2]

Unabhängig v​on Khare u​nd Wintenberger bewies a​uch Luis Dieulefait 2004 Spezialfälle d​er Serre-Vermutung, d​ie für d​en Beweis d​es großen Satzes v​on Fermat ausreichen.

Formulierung

Die Vermutung betrifft Darstellungen (Galois-Darstellungen) der absoluten Galoisgruppe der rationalen Zahlen . Die absolute Galoisgruppe enthält alle Galoisgruppen von Automorphismen von algebraischen Zahlkörpern, die als endliche galoissche Erweiterungen des Körpers der rationalen Zahlen gegeben sind.

Sei eine absolut irreduzible, stetige und ungerade[3] zweidimensionale Darstellung von über einem endlichen Körper

der Charakteristik ,

Nach der Vermutung von Serre wird jede solche Darstellung durch eine Darstellung im Raum der Spitzenformen zur Kongruenzuntergruppe der Stufe , Gewicht , und Nebentypus[4]

festgelegt, wobei Modulformen in Charakteristik mit Koeffizienten der Fourierentwicklung in betrachtet werden. Die Wirkung der absoluten Galoisgruppe in dieser Darstellung wird durch die Hecke-Operatoren beschrieben, linearen Abbildungen im Raum der Spitzenformen dieses Typs. Es gibt eine normierte Hecke-Eigenform, sie ist simultane Eigenfunktion aller Heckeoperatoren, mit der Fourierentwicklung

Spezielle Elemente der absoluten Galoisgruppe , die Frobeniuselemente zur Primzahl p, beinhalten wesentliche Informationen zur Arithmetik der Zahlkörper. Nach der Vermutung von Serre gilt weiter für alle Primzahlen , teilerfremd zu :

und

Das heißt, Spur und Determinante – und damit im Wesentlichen die Wirkung der Frobeniusabbildung in der betrachteten Darstellung – werden durch die Hecke-Eigenform festgelegt. Serre vermutete sogar (und zeigte dies explizit an Beispielen), dass sich die Parameter der Darstellung (Stufe, Gewicht, Nebentypus) explizit berechnen lassen (starke Serre-Vermutung).

Es war bereits sehr lange durch tiefe Sätze von Gorō Shimura, Pierre Deligne, Barry Mazur und Robert Langlands[5] bekannt, dass man jeder Hecke-Eigenform eine Darstellung (wie oben gefordert) zuordnen kann. Die Serre-Vermutung behauptet die Umkehrung: Jede irreduzible, stetige und ungerade Darstellung stammt von einer Modulform.

Literatur

Originalarbeiten d​er Beweise:

  • Chandrashekhar Khare: Serre's modularity conjecture: The level one case, Duke Mathematical Journal, Band 134, 2006, S. 557–589
  • Chandrashekhar Khare, Jean-Pierre Wintenberger: Serre’s Modularity Conjecture, Teil 1,2, Inventiones Mathematicae, Band 158, 2009, S. 485–504, 505–586, Teil I (PDF-Datei; 344 kB), Teil II (PDF-Datei; 974 kB)
  • Khare, Wintenberger: On Serre’s reciprocity conjecture for 2-dimensional mod p representations of Gal(), Annals of Mathematics, Band 169, 2009, S. 229–253
  • Luis Dieulefait: The level 1 weight 2 case of Serre's conjecture, Revista Matemática Iberoamericana, Band 23, 2007, S. 1115–1124.
  • Mark Kisin: Modularity of 2-adic Barsotti-Tate representations, Inventiones Mathematicae, Band 178, 2009, S. 587–634, Preprints, Kisin

Zur Serre-Vermutung:

  • William A. Stein, Ken Ribet: Lectures on Serre’s conjecture, in: Brian Conrad, Karl Rubin (Hrsg.), Arithmetical algebraic geometry (Park City 1999), IAS/Park City Lectures 9, American Mathematical Society, 2001, S. 143–232, pdf
  • Gabor Wiese: Der Zusammenhang zwischen Modulformen und Zahlkörpern, Essener Unikate Nr. 33, 2007, pdf
  • L. J. P. Kilford: Modular forms, Imperial College Press 2008, Kapitel 6.2 (Galois representations attached to mod p modular forms), S. 152ff

Einzelnachweise

  1. Serre, Valeurs propres de opérateurs de Hecke modulo l, Astérisque, Band 24/25, 1975, S. 109–117
  2. Serre, Sur les représentations modulaires de degré 2 de , Duke Mathematical Journal, Band 54, 1987, S. 179–230
  3. Ungerade bedeutet, dass das Element der Galoisgruppe, das der komplexen Konjugation entspricht, in der Darstellung durch die Matrix -1 repräsentiert ist
  4. Für die Definition der Begriffe siehe Modulform
  5. Siehe Theorem 3.26 in Haruzo Hida: Modular Forms and Galois cohomology. Cambridge University Press, Cambridge 2000.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.