Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel
Die Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel mbH (SFK) ist 1996 aus der Kieler Verkehrs Aktiengesellschaft (KVAG) ausgegründet worden, deren Abteilung Schifffahrt sie vorher war. Die SFK ist wie die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) ein Tochterunternehmen des Eigenbetriebs Beteiligungen der Landeshauptstadt Kiel (EBK).[1]
Bei der SFK sind 53 Mitarbeiter beschäftigt. Die SFK besitzt sechs Fahrgastschiffe, sechs Schlepper und zwei Seepontons.
Geschichte
Bei der Entstehung der KVAG 1938 aus der Neuen Dampfer Compagnie (NDC) und der 1906 gegründeten Hafenrundfahrt AG (Harufag) übernahm sie die vorhandenen Schiffe: unter anderem die Stadt Kiel und das Schwesterschiff Heikendorf, die etwas größere Laboe und die kleinere Kitzeberg.[2]
Zur Ablösung der alten Schiffe nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwischen 1953 und 1968 sechs fast baugleiche Fahrgastschiffe von der Kröger-Werft aus Rendsburg bezogen, die eine Größe von um die 140 BRT hatten und 300 Passagiere fassen konnten: Schilksee, Falckenstein, Bellevue, Laboe, Möltenort und Mönkeberg.
1968 wurde die kleinere Gaarden mit 99 BRT für 198 Passagiere von der Kröger-Werft im gleichen Stil gebaut, zu den Olympischen Spielen 1972 die mit 170 BRT etwas größere Friedrichsort.
Zwischen 1979 und 1990 wurden diese Schiffe an verschiedene Reedereien verkauft, die meisten sind noch heute im Einsatz. Sie wurden zwischen 1981 und 1984 durch die vorhandenen, bei der Lindenau Werft gebauten, drei Schiffe und die bereits 1992 wieder verkaufte Friedrichsort (Baujahr 1981) ersetzt.
Aus Kostengründen wurde in den 1980er Jahren der Fahrplan der Schiffslinien gestrafft und eine Reihe von Anlegern aufgegeben: Wik und Holtenau auf der Westseite, Gaarden, Kitzeberg und Heikendorf auf der Ostseite der Förde.
Fahrgastschifffahrt
Es werden zwei Fährlinien mit insgesamt 22,8 Kilometern Länge betrieben:
- Fördelinie (F1): Auf der Kieler Förde zwischen Kiel und Laboe – im Sommer auch bis Strande
- Anlegestellen: Bahnhof – Seegarten – Reventlou – Bellevue – Mönkeberg – Möltenort – Friedrichsort – Falckenstein – Laboe – Schilksee – Strande
- Schwentinelinie (F2): Zwischen dem Kieler Westufer und der Schwentinemündung
- Anlegestellen: Reventlou – Dietrichsdorf – Wellingdorf (nur montags–freitags)
Die SFK ist Mitglied im Verkehrsverbund Region Kiel (VRK). Sie wendet den Schleswig-Holstein-Tarif an.
Für die Personenbeförderung stehen drei aus den 1980er Jahren stammenden Diesel-Fahrgastschiffe der Friedrichsort-Klasse (Heikendorf, Laboe und Strande) mit je 300 Passagierplätzen sowie die Schilksee (246 Passagiere) und die Schwentine (200 Passagiere) zur Verfügung. Von der SFK werden zusätzlich Hafenrundfahrten sowie Ausflugs- und Charterfahrten angeboten. Zusätzlich können die Schlepper Falckenstein und Kitzeberg im Passagierverkehr eingesetzt werden. Sie dürfen bis zu 180 Personen befördern.[3]
Die Passagierschiffe Laboe, Strande, Heikendorf und Schilksee sollen bis 2022 durch Neubauten ersetzt werden, da die zum Teil 35 Jahre alten Schiffe technologisch überholt sind und der dieselmechanische Antrieb nicht mehr zeitgemäß ist. Dafür bestellte die SFK im November 2018 bei der Werft Holland Shipyards in Hardinxveld-Giessendam bei Rotterdam eine hybrid-elektrisch angetriebene Fähre.[4] Diese erste Fähre des neuen Typs wurde im Juli 2020 geliefert und nahm als Gaarden am 13. August 2020 den Betrieb auf.[5] Den Strom für die elektrischen Fahrmotoren liefern entweder zwei Generatoren durch Scania-Dieselmotoren oder Batterien. Damit soll das Schiff vom Bahnhof bis Bellevue im Batteriebetrieb fahren, für die weitere Strecke nach Laboe soll der synthetischen Treibstoff GTL eingesetzt werden. Das 32 Meter lange und acht Meter breite Fährschiff hat auf dem Vorschiff Platz für vierzig Fahrräder. Den Zugang zum Schiff ermöglichen 1,6 m breite, hydraulisch angetriebene Rampen.[6] Die Kosten für den Neubau wurden mit rund 3,9 Millionen Euro angegeben.[7][8]
Das nächste neue Fährschiff erhielt einen reinen Elektroantrieb. Die kleinere, für die Schwentinelinie vorgesehene Düsternbrook wurde am 1. April 2020 bei Holland Shipyards auf Kiel gelegt[9] und befindet sich seit Dezember 2020 in Kiel.[10] Die Taufe des 24,7 m langen und 6,5 m breiten Elektroschiffes fand am 25. Mai 2021 statt. Auf dem Vorschiff können bis zu 60 Fahrräder befördert werden, im hinteren Bereich ist Platz für bis zu 140 Passagiere, auf jeder Schiffsseite befindet sich ein 1,6 m breiter behindertengerechter Zugang. Die Speicherkapazität der Batteriepakete liegt bei 819 kW, auf dem Dach des Decks wurden 20 Photovoltaik-Solarzellen installiert. Der Antrieb erfolgt über zwei je 86 kW leistende Elektromotoren und ein Bugstrahlgerät mit 40 kW. Der Bau des knapp drei Millionen Euro teuren Schiffes wurde durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit rund 400.000 Euro gefördert. Die Düsternbrook verstärkt seit dem 1. Juni 2021 den Betrieb[11] auf der Schwentinelinie F2 mit dem dort bisher eingesetzten Dieselschiff Schwentine (in den Hauptverkehrszeiten jetzt 15-Minuten-Takt).
Die nächsten Plug-in-Hybrid-Schiffe Friedrichsort, Wik und Schilksee, für die zunächst Optionen vereinbart worden waren, waren zur Lieferung 2022, 2024 und 2026 vorgesehen.[12] Die Friedrichsort wurde am 31. März 2021, die Wik am 12. Mai 2021 auf Kiel gelegt, beide Hybrid-Schiffe sollen 2022 fertig gestellt werden.[13] Im August 2021 wurde der Bauvertrag für ein weiteres vollelektrisches Fährschiff unterzeichnet. Die Wellingdorf soll ebenfalls von Holland Shipyards im Sommer 2022 geliefert werden[14] und wie sein Schwesterschiff Düsternbrook auf der Schwentine-Linie F2 eingesetzt werden und das alte Dieselschiff Schwentine ersetzen.
Schleppschifffahrt
Für die Schleppschifffahrt auf der Kieler Förde, auf der westlichen Ostsee und im Nord-Ostsee-Kanal besitzt die SFK sechs Schlepper (Stein mit 46 tbp, Kiel mit 68 tbp, Bülk mit 40 tbp, Holtenau mit 28,5 tbp sowie Falckenstein und Kitzeberg mit je 25 tbp) und zwei Seepontons.
Die Bülk war bis 2021 in staatlichem Auftrag in das deutsche Notschleppkonzept integriert.[15]
Weblinks
Einzelnachweise
- Zahlen, Daten und Fakten, Der Kieler ÖPNV 2013. Landeshauptstadt Kiel, 31. Dezember 2013, archiviert vom Original am 19. März 2015; abgerufen am 29. November 2018.
- MS Nordertor, Husum. In: ms-nordertor.de. Abgerufen am 29. November 2018.
- M/S Falckenstein. Fakta om Fartyg, abgerufen am 29. November 2018 (schwedisch).
- Diesel-Hybrid-Fähre auf Kiel gelegt · Bau der „Gaarden“ bei Holland Shipyards. In: Täglicher Hafenbericht vom 25. Juni 2019, S. 16
- Gina-Maria Kock: Leinen los für die MS Gaarden. In: Kielerleben. 12. August 2020, abgerufen am 13. September 2020.
- Frank Binder, Timo Jann: „Gaarden“ für Kiel unter Strom · Hybridfähren-Neubau bei Holland Shipyards zu Wasser gelassen. In: Täglicher Hafenbericht vom 28. Mai 2020, S. 14
- Aktuelles. Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel, 29. November 2018, abgerufen am 18. Juni 2020.
- New ferry for foot passengers. Pressemitteilung. Holland Shipyard Group, 22. Mai 2019, abgerufen am 18. Juni 2020 (englisch).
- Keel laying at Holland Shipyards Group for SFK’s new fully electric ferry. Pressemitteilung. Holland Shipyards Group, 1. April 2020, abgerufen am 18. Juni 2020.
- MS Düsternbrook - das erste vollelektrische Schiff in Kiel. Abgerufen am 14. Januar 2021.
- Vollelektrische Hafenfähre für Kiel. In: Schiff & Hafen, Heft 7–8/2021, S. 25
- Frank Behling: 16 Millionen Euro für Kiels neue Fähren. Kieler Nachrichten, 29. November 2018, abgerufen am 29. November 2018.
- Schlepp- und Fährgesellschaft Kiel mbH - SFK. Abgerufen am 9. September 2021.
- Marc Mühlenbeck: Nachhaltige Mobilität durch Elektrifizierung. In: Schiff & Hafen, Heft 10/2021, S. 28–30
- Bundesbehörde sieht keinen Bedarf mehr für die „Bülk“, Kieler Nachrichten vom 27. April 2021