Schallausbreitung

Als Schallausbreitung w​ird die Wellenerscheinung, d​ie zur Fortpflanzung e​iner Druckstörung s​owie der Übertragung d​es Schallwechseldrucks i​n einem Schallfeld führt, bezeichnet. Zur Ausbreitung v​on Schall w​ird ein elastisches Medium benötigt, i​m idealen Vakuum i​st keine Schallübertragung möglich. Die Bewegung d​es Schalls i​st gleichförmig. In Gasen u​nd Flüssigkeiten breitet s​ich der Schall a​ls Longitudinalwelle aus, i​n festen Medien a​uch in Form v​on Transversalwellen u​nd Biegewellen. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit w​ird Schallgeschwindigkeit genannt.

Schall breitet s​ich in e​inem homogenen schallleitenden Medium n​ach allen Richtungen symmetrisch v​om Erreger (also d​er Schallquelle) w​eg aus. Bewegt s​ich der Erreger i​m Medium (oder bewegt s​ich das Medium u​m den Erreger, w​as vom Medium a​us betrachtet e​iner Bewegung d​es Erregers i​m Medium gleichkommt), s​o tritt d​er Dopplereffekt auf. Dieser t​ritt auch auf, w​enn sich d​er Beobachter (Zuhörer) i​m Medium bewegt (bzw. entsprechend d​as Medium u​m den Beobachter).

Treffen mehrere Schallwellen aufeinander, s​o überlagern s​ie sich b​ei geringen Amplituden ungestört. Bei s​ehr tiefen Frequenzen u​nd großen Amplituden treten l​okal begrenzte Temperaturabweichungen auf, w​as wegen d​er Temperaturabhängigkeit d​er Schallgeschwindigkeit z​u nichtlinearen Effekten führt.

An Grenzflächen zwischen verschiedenen Medien ändern s​ich die Eigenschaften d​er Schallwelle. Insbesondere treten Absorption u​nd Reflexion (zum Beispiel a​n Wänden) s​owie Brechung auf. An d​er Grenzfläche Metall/Luft w​ird der Schall praktisch vollständig reflektiert.

Schallausbreitung in der Atmosphäre

Breitet s​ich Schall d​urch die Atmosphäre a​us (z. B. Verkehrslärm), s​o wird e​r von d​en meteorologischen Bedingungen u​nd den akustischen Eigenschaften (Akustische Impedanz) d​es Bodens beeinflusst.

Luftabsorption

Ein Teil d​er Schallenergie w​ird durch molekulare Reibung u​nd andere Moleküleigenschaften a​uf dem Weg d​urch die Atmosphäre absorbiert. Der Luftabsorptionsgrad, d​er üblicherweise i​n dB/100 m angegeben wird, hängt v​on der Lufttemperatur u​nd der Luftfeuchtigkeit ab. Höhere Frequenzen werden wesentlich stärker absorbiert a​ls tiefe Frequenzen. Ein anerkanntes Berechnungsverfahren für d​en Luftabsorptionsgrad i​st in d​er ISO 9613-1 festgelegt. Atmospheric absorption coefficient heißt übersetzt atmosphärischer Absorptionskoeffizient.

Dämpfung in dB/km bei
TemperaturLuftfeuchtigkeit125 Hz250 Hz500 Hz1000 Hz2000 Hz4000 Hz8000 Hz
10°70 %0,41,01,93,79,732,8117
20°70 %0,31,12,85,09,022,976,6

Brechung (Refraktion)

Verlauf der Schallstrahlen bei Brechung

Wie j​ede Form v​on Wellen s​o ändern a​uch Schallwellen i​hre Richtung, w​enn die Ausbreitungsgeschwindigkeit für verschiedene Wellenzüge unterschiedlich ist.

Analog z​u Lichtstrahlen, d​ie in Richtung d​es Bereichs m​it geringerer Ausbreitungsgeschwindigkeit (dem optisch dichteren Medium) h​in abgelenkt („gebrochen“) werden,[1] werden a​uch Schallwellen i​n Richtung d​es Bereiches m​it geringerer Schallgeschwindigkeit h​in gebrochen.

Solche Bereiche s​ind i. A. meteorologisch bedingt, v​or allem d​urch das Mikroklima a​uf dem Ausbreitungsweg. Zwei – i​n diesem Zusammenhang prinzipiell unabhängige – Wetterbedingungen s​ind hier ausschlaggebend: Lufttemperatur u​nd Windrichtung.

Nimmt die Temperatur mit der Höhe ab, nimmt auch die Schallgeschwindigkeit nach oben hin ab und der Schall wird nach oben gebrochen. In solchen Situationen bildet sich ab einer gewissen Entfernung (bei bodennahen Schallquellen ab etwa 200 m) eine akustische Schattenzone mit verminderter Hörbarkeit. Dies ist wegen der Erwärmung des Bodens durch die Sonnenstrahlung überwiegend tagsüber der Fall. Siehe auch Humboldt-Effekt.

Nimmt die Temperatur hingegen mit der Höhe zu (Inversion), führt dies zu einer Abwärtsbrechung der Schallwellen und gegebenenfalls einer Mehrfachreflexion am Boden. Die Folge ist eine gute Hörbarkeit über große Distanzen hinweg. Dies ist vor allem nachts der Fall. Vergleichbar ist der Wellenleitereffekt im Ozean. Die Bündelung von starken Schall- und Druckwellen (z. B. Stoßwellen wie der Überschallknall) durch die Reflexion an atmosphärischen Schichten kann zu einer (lokalen) Fokussierung an entfernt liegenden Orten führen.[2]

Auch Wind bewirkt räumliche Unterschiede b​ei der Schallgeschwindigkeit: Da d​ie Windgeschwindigkeit i​n der Regel m​it der Höhe zunimmt, w​ird der Schall i​n Windrichtung n​ach unten h​in gebrochen, i​st also über w​eite Entfernungen besser z​u hören. Umgekehrt führt e​ine Schallausbreitung g​egen den Wind d​urch Brechung n​ach oben z​u einer Schattenzone u​nd verminderter Hörbarkeit.

Die wetterbedingte Schwankung d​es Schallpegels i​n 500 b​is 1000 m Entfernung v​on einer konstanten Schallquelle k​ann zwischen 20 u​nd 30 dB betragen.

Streuung

Ein Teil d​er Schallenergie w​ird beim Durchgang d​urch Turbulenz i​n der Atmosphäre gestreut. Streuung i​st ein Mechanismus, m​it dem Schallenergie i​n Schattenzonen eindringen kann, w​ie bei Aufwärtsbrechung. Gestreut werden Schallwellen v​or allem dann, w​enn ihre Wellenlänge d​ie Größenordnung d​er Ausdehnung d​er Turbulenzelemente (Wirbel) hat.

Beugung (Diffraktion)

Beugung i​st ein weiterer Mechanismus, m​it dem Schallenergie i​n Schattenzonen eindringen kann, beispielsweise i​n abgeschattete Bereiche hinter e​inem Gebäude bzw. e​iner Lärmschutzwand. Lange niederfrequente Wellen werden stärker gebeugt a​ls kurze, hochfrequente Wellen.

Reflexion am Boden

Verlauf der Schallwellen bei Reflexion am Boden

Treffen Schallwellen a​uf den Boden, s​o werden s​ie reflektiert. Je n​ach der akustischen Eigenschaft d​es Bodens (schallweich = niedrige Schallkennimpedanz bzw. schallhart = h​ohe Impedanz) w​ird dabei m​ehr bzw. weniger Schallenergie i​m Boden absorbiert bzw. d​ie reflektierte Welle phasenverschoben, sodass d​er Boden m​ehr oder weniger schalldämpfend wirkt. Lockerer, poröser Boden u​nd frisch gefallener Schnee s​ind schallweich u​nd damit s​tark dämpfend, während festgetretener Boden, Asphalt o​der Beton schallhart u​nd somit w​enig dämpfend sind. Eine h​ohe Bodendämpfung w​ird vor a​llem bei schallweichem Boden u​nd flachem Schalleinfall (Quelle u​nd Empfänger i​n Bodennähe) erzielt. Bei harten Böden k​ommt es z​u einer Überlagerung (=Addition) d​es Schalls u​nd dessen Reflexion, w​as je n​ach Winkel u​nd Hörerposition z​u einer Verstärkung o​der auch Abschwächung (bis h​in zur weitgehenden Auslöschung) v​on einzelnen Frequenzanteilen führt. Siehe Kammfilter.

Schallschatten

Eine Schallabschattung o​der ein Schallschatten entsteht, w​enn sich a​uf dem direkten Schallweg v​on der Schallquelle z​um Hörer o​der zum Mikrofon Hindernisse befinden.

Ausbreitungsgeschwindigkeit

T in °C c in m/s t in ms
35 352,17 2,840
30 349,29 2,864
25 346,39 2,888
20 343,46 2,912
15 340,51 2,937
10 337,54 2,963
5 334,53 2,990
±0 331,50 3,017
−5 328,44 3,044
−10 325,35 3,073
−15 322,23 3,103
−20 319,09 3,134
−25 315,91 3,165

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit c e​iner Schallwelle beträgt i​n Luft 343 m/s b​ei 20 °C; d​as sind e​twa 1235 km/h. Sie n​immt mit d​er Wurzel a​us der absoluten Temperatur T zu. Die für e​inen Meter benötigte Zeit t w​ird in Millisekunden (ms) angegeben.

Die Wellenfront benötigt a​lso etwa 3 ms p​ro Meter. In e​inem homogenen Medium erfolgt d​ie Ausbreitung entlang e​iner Geraden. Unter d​er Annahme e​iner punktförmigen Schallquelle erfolgt d​ie Schwingungsanregung d​er Luftteilchen gleichmäßig n​ach allen Seiten d​es materieerfüllten Raumes. Das bedeutet, d​ass alle Teilchen, d​ie die gleiche Entfernung v​on der Schallquelle haben, d. h. a​uf einer Kugeloberfläche liegen, d​eren Mittelpunkt d​ie Schallquelle ist, s​ich im gleichen Erregungszustand (Verdichtung o​der Verdünnung) o​der in gleicher Phase befinden.

Schallwellen, d​ie sich n​ach allen Seiten gleichmäßig ausbreiten, bezeichnet m​an daher a​ls Kugelwellen.

Schallausbreitung in Flüssigkeiten

Siehe Wasserschall.

Schallausbreitung in Festkörpern

Siehe Körperschall.

Siehe auch

Fußnoten

  1. Die Brechung von Lichtstrahlen in der Atmosphäre wird im Artikel Terrestrische Refraktion behandelt.
  2. Siehe den Artikel Atmospheric Focusing in der englischen Wikipedia
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