Samuel (Prophet)
Samuel oder Schmu’el (hebräisch שְׁמוּאֵל, šəmūʔēl) oder Ṣamwīl (arabisch صمويل[1]) war ein biblischer Prophet und der letzte Richter Israels. Das 1. Buch Samuel berichtet von seinem Wirken. Er lebte ungefähr im 11. Jahrhundert v. Chr. und findet auch in mittelalterlichen Korankommentaren[2] Erwähnung.
Biblischer Bericht
Herkunft
Hanna war eine kinderlose Frau von Elkana, „[...] weil der Herr ihren Schoß verschlossen hatte“ (1 Sam 1,5 ). Von dessen anderer Frau Peninna wurde sie deswegen regelmäßig gedemütigt. Unter der Situation litt Hanna und sprach in Schilo zum Herrn: „Herr der Heere, wenn du das Elend deiner Magd wirklich ansiehst, wenn du an mich denkst und deine Magd nicht vergisst und deiner Magd einen männlichen Nachkommen schenkst, dann will ich ihn für sein ganzes Leben dem Herrn überlassen; kein Schermesser soll an sein Haupt kommen.“ (1 Sam 1,11 ). Der Priester Eli sprach mit Hanna und versprach ihr, dass Gott ihren Wunsch erfüllen werde. Am nächsten Morgen kehrten Hanna und Elkana zurück nach Rama, wo sie von ihm „erkannt“ und schwanger wurde. Den Sohn, den sie gebar, nannte sie Samuel.
Bei Eli
Nachdem Samuel abgestillt wurde, brachte Hanna ihn, einen dreijährigen Stier, ein Efa Mehl und einen Schlauch Wein nach Schilo, wo sie den Stier opferte, und gab Samuel in die Obhut von Eli. Jedes Jahr brachte Hanna ihrem Sohn ein Obergewand. Samuels Dienstausübung wurde im Gegensatz zu der von Elis Söhnen nicht getadelt. Deren Verhalten missfiel Gott derart, dass ein „Gottesmann“ (1 Sam 2,27 ) zu Eli kam und prophezeite: „Es werden Tage kommen, da werde ich deinen Arm abhauen und die Macht deines Vaterhauses vernichten; in deinem Haus wird es keinen alten Mann mehr geben. [...] Nur einen werde ich nicht wegreißen von meinem Altar, wenn ich deine Augen brechen und deine Seele verschmachten lasse; aber der ganze Nachwuchs deines Hauses wird im besten Mannesalter sterben. Und das soll das Zeichen sein, das sich an deinen beiden Söhnen Hofni und Pinhas verwirklichen wird: Beide werden an einem Tag sterben. Ich aber werde mir einen zuverlässigen Priester einsetzen, der nach meinem Herzen und nach meinem Sinn handeln wird. Ich will ihm ein Haus bauen, das Bestand hat, und er wird allezeit vor den Augen meines Gesalbten seinen Dienst versehen. Wer dann von deinem Haus noch übrig ist, wird kommen und sich um ein Geldstück oder einen Laib Brot vor ihm niederwerfen und sagen: Nimm mich doch in eine der Priestergruppen auf, damit ich ein Stück Brot zu essen habe.“ (1 Sam 2,31-36 ) Bei Eli wurde Samuel eines Tages dreimal von Gott gerufen. Jedes Mal ging Samuel zu Eli, da er dachte, dieser habe ihn gerufen. Beim dritten Mal wurde Eli klar, dass Samuel von Gott gerufen wurde, und er sagte ihm, wie er beim nächsten Mal reagieren solle. Als Gott Samuel das vierte Mal rief, reagierte Samuel wie von Eli vorgegeben und Gott sprach zu ihm, wobei er die Drohungen gegen Eli und sein Haus bekräftigte. Samuel fürchtete sich, Eli von der Vision zu berichten; da dieser aber darauf bestand, dass Samuel alles erzähle, tat dieser das. So wurde Samuel im Laufe der Zeit als Prophet anerkannt. (1 Sam 3,20 )
Krieg mit den Philistern
Im Krieg gegen die Philister erlitten die Israeliten eine Niederlage und beschlossen, die Bundeslade aus Schilo in ihr Lager in Eben-Eser kommen zu lassen. Die Bundeslade wurde unter Begleitung von Elis Söhnen ins Lager gebracht, woraufhin großer Freudenjubel ausbrach, den die Philister hörten. Diese fürchteten sich zwar wegen der Unterstützung der Israeliten durch Gott, griffen sie aber dennoch an, wobei die Bundeslade erobert und Elis Söhne getötet wurden. Als ein Bote Eli davon berichtete, fiel dieser rückwärts vom Stuhl und brach sich das Genick.
Als Richter
Die Israeliten wandten sich mit der Bitte, von den Philistern befreit zu werden, an Samuel. Dieser sagte ihnen, sie sollen die „[...] fremden Götter mitsamt den Astarten aus [ihrer] Mitte fort[schaffen]“ und ihr Herz Gott zuwenden (1 Sam 7,3 ). Nachdem das die Israeliten taten, versammelte Samuel sie in Mizpa, wo sie Opfer darbrachten. Gott stiftete Verwirrung unter den angreifenden Philistern, woraufhin sie von den Israeliten geschlagen wurden. Die von den Philistern eroberten Städte wurden zurückerobert. Jedes Jahr reiste er nach Bet-El, Gilgal, Mizpa und Rama, um Recht zu sprechen. Als er alt wurde, machte er seine Söhne (Joel war der erste, Abija der zweite Sohn) zu Richtern. Sie waren bestechlich und beugten das Recht (1 Sam 8,3 ), weshalb die Ältesten der Israeliten forderten, dass Samuel einen König einsetze (1 Sam 8,5 ). Samuel missfiel der Vorschlag, doch Gott sagte im Gebet zu ihm, er solle auf das Volk hören, da es ihn (Gott) nicht mehr als König haben wolle. Samuel sprach zu den Israeliten und machte ihnen die negativen Folgen (bspw. Leibeigenschaft, Wehrdienst, Zehnt) eines Königs bewusst. Die Israeliten beharrten dennoch auf einen König und Gott sprach zu Samuel, dass er ihnen einen König einsetzen solle.
Saul
Eines Tages offenbarte Gott Samuel, dass am nächsten Tag ein Mann aus dem Gebiet Benjamins zu ihm kommen werde, den er zum Fürsten des Volkes Israel salben solle. Auf der Suche nach einer entlaufenen Eselin kamen Saul und ein Diener in das Gebiet von Zuf. Dort beschlossen sie, den bekannten Seher, Samuel, um Rat zu fragen. Saul und Samuel trafen sich und Gott sagte zu Samuel, dass Saul der zukünftige Herrscher sei. Am nächsten Tag salbte Samuel Saul zum Fürsten und teilte ihm mit, was in den nächsten Tagen geschehen werde und wie Saul sich dabei verhalten solle. In sieben Tagen würde Samuel zu Saul kommen. In Mizpa versammelte Samuel die Stämme Israels um einen König auszulosen, wobei das erste Los auf den Stamm Benjamin, das nächste innerhalb des Stamms auf die Sippe Matri und das letzte Los auf Saul fiel. Nach einem Sieg der Israeliten unter Sauls Führung gegen den Ammoniter Nahasch wurde Saul auf Vorschlag Samuels auch in Gilgal als König bekannt gemacht (1 Sam 11,14 ).
Als Samuel alt wurde, versammelte er die Israeliten, erinnerte sie an die Geschichte ihrer Väter und ermahnte sie, Gott zu dienen.
Saul missachtete vor einem Kampf mit den Philistern die Anweisungen, die Samuel ihm genannt hatte. Samuel erfuhr davon und prophezeite Saul, dass dessen Herrschaft keinen Bestand haben werde (1 Sam 13,14 ). Militärisch war Saul erfolgreich, so besiegte er, wie Samuel ihm aufgetragen hatte, Amalek und befreite Israel. Allerdings tötete er nicht „[...] Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel!“ (1 Sam 15,3 ), so wie es Samuel forderte, sondern „[...] schonte[n] Agag, ebenso auch die besten von den Schafen und Rindern, nämlich das Mastvieh und die Lämmer sowie alles, was sonst noch wertvoll war“ (1 Sam 15,9 ), sie wollten die Tiere opfern. Der Ungehorsam missfiel Gott und er sprach zu Samuel, dass er die Wahl Sauls zum König bereue. Am nächsten Tag konfrontierte Samuel Saul mit der unvollständigen Befehlsausführung und sagte ihm, dass der Gehorsam besser sei als Opfer und Trotz und Widerspenstigkeit eine Sünde. Saul sah seine Sünde ein, bat Samuel um Vergebung der Sünde, doch dieser wandte sich von ihm ab: Saul habe Gottes Wort verworfen und Gott nun Saul als König; Gott würde einem anderen die Herrschaft über Israel geben. Samuel und Saul gingen anschließend zurück, um Gott anzubeten. Im Anschluss daran ließ Samuel den gefesselten Agag bringen und „hieb [ihn] in Stücke“ (1 Sam 15,33 ). Danach ging Samuel nach Rama und „[...] trauerte um Saul, weil es den Herrn reute, dass er Saul zum König über Israel gemacht hatte“ (1 Sam 15,35 ).
David
Nach der Verstoßung Sauls, wies Gott Samuel an, nach Bethlehem zu gehen und einen der Söhne Isais zum König zu salben; er werde Samuel sagen, welcher es sein solle. Die Wahl fiel auf den achten und jüngsten Sohn David, der zunächst nicht bei dem Opfermahl anwesend war. Samuel salbte ihn zum König und ging zurück nach Rama (1 Sam 16,13 ). Als Saul David umbringen lassen wollte, floh dieser zu Samuel nach Rama und berichtete ihm von Sauls Hass gegen ihn (1 Sam 19,18 ). Samuel und David gingen ins Prophetenhaus. Alle Boten, die Saul zum Prophetenhaus schicken ließ, um David zu holen, gerieten auf dem Weg dorthin, wie Saul selbst, in „prophetische[] Verzückung“ (1 Sam 19,23 ). David floh nach Sauls Ankunft wieder aus dem Prophetenhaus zu Jonatan, Sauls Sohn.
Tod
Samuel starb, während David vor Saul floh, und wurde bei seinem Haus in Rama begraben (1 Sam 25,1 ).
Einordnung
Samuel war einer der großen Propheten des Tanach und wird in einem Atemzug neben Mose und Aaron genannt: „Mose und Aaron unter seinen Priestern, und Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen, die riefen den Herrn an, und er erhörte sie.“ (Psalm 99,6 )
Samuels Leben war flankiert vom Umbruch zwischen der Anarchie der Richterzeit, die von regelmäßigen Invasionen benachbarter Völker geprägt war, und der Einführung einer Monarchie in Israel. Nachdem Saul sich den Anforderungen seines Amtes nicht gewachsen zeigt, salbt Samuel David zu dessen Nachfolger. Samuel zeigt dem Volk Israel eine Kritik am Königtum auf. Das Königtum scheitert, wenn sich der König nicht der gottgewollten Ordnung unterwirft, wie Samuel es Saul vorwarf. Deutlich wird aber, dass Samuel die Erneuerung des Landes bringen wird. Nach dem Zerfall, geschildert in Ri 17 –1 Sam 6 , kann Samuel das Land wieder reformieren: Aber anhand der Schilderungen der schlechten Beispiele der Söhne Elis und Samuels wird deutlich: Ein Königtum ist zwar gewollt, aber es soll keine dynastische Herrschaft werden.
Samuels Wirken ist ein Beispiel für das Spannungsverhältnis zwischen Königen und Propheten.
Samuelsgrab
An der überlieferten Stelle des Samuelsgrabes in dem Dorf Nabi Samwil im Westjordanland befinden sich heute eine Moschee und eine Synagoge. Zur Zeit der Kreuzfahrer befand sich an der vermuteten Stelle des Grabes die Prämonstratenserabtei St. Samuel.
Gedenktage
- evangelisch: 20. August im Kalender der Lutherischen Kirche – Missouri-Synode
- römisch-katholisch: 20. August
- orthodox: 20. August
- armenisch: 20. August und 17. Januar
- koptisch: 3. Juni[3]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Vgl. Korankommentare zu Sure 2, 246 f.
- Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie. (2005/2007) Aus dem Niederländischen von Marlene Müller-Haas. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56858-9, S. 244.
- Samuel im Ökumenischen Heiligenlexikon
Literatur
- Peter Mommer: Samuel. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff.
- Klaus-Gunther Wesseling: Samuel. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0, Sp. 1286–1290.}
Weblinks
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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