Sämischgerbung
Sämischgerbung ist eine Art der Fettgerbung zur Herstellung von Leder.
Begriff
Zur Herleitung des Begriffs vermutet der Ingenieur und Museologe Günter Groß eine Entlehnung aus der niederländischen Sprache und zwar des Wortes „seem“, das „weich“ bedeutet.[1]
Technologie
Bei dieser Gerbung der Haut (Blöße) des Tieres erfolgen die Vorbereitungsarbeiten in der Wasserwerkstatt ähnlich wie bei der traditionell verbreiteten Lohgerbung. Die Blößen werden dazu im Wesentlichen gereinigt, gewässert, gekalkt (geascht), enthaart, entfleischt, gebeizt, gestrichen und geschwellt. Danach kann der eigentliche Gerbvorgang beginnen. Dazu ist der Einsatz nichtauswaschbarer Fette erforderlich, zudem müssen sie ungesättigte Fettsäureverbindungen (hauptsächlich Triglyceride) enthalten. In der Praxis kam und kommt Tran, ferner Eidotter, Leinöl und Rüböl (aus Brassica nigra L.[2]) zur Anwendung. Eigene Fette der Tiere, deren Häute zur Lederherstellung in Frage kommen, sind hierfür weniger geeignet.[3]
Die verwendeten Fette werden zur Sämischgerbung durch den Gerber eingerieben und mit den Blößen gewalkt. Dabei werden Wassergehalte aus der Haut gedrückt und durch Fett ersetzt. Bei der Handwerkstechnik müssen die Blößen 1 bis 1,5 Tage ununterbrochen gewalkt werden oder der Zyklus Einfetten-Walken ist sechs- bis zwölfmal zu wiederholen. Der unmittelbare Gerbvorgang, d. h. die Umwandlung der Haut in Leder erfolgt während eines sich daran anschließenden Vorgangs, bei dem die Blößen übereinander in eine Wärmekammer gelegt werden, wobei sie sich durch eine ablaufende chemische Reaktion des Trans mit dem Kollagen der Haut erwärmen und eine gelbliche Färbung annehmen. Danach muss überschüssiges bzw. unverbrauchtes Fett durch Handbearbeitung mit Hilfe eines Werkzeugs (Schlichtmond) oder durch Auswaschen in einem alkalischen Bad entfernt werden. Danach erfolgt die Zurichtung des Leders, die wie bei allen anderen Verfahren aus der Trocknung, mechanischen Bearbeitung von Stärke und Oberfläche, dem Weichmachen und dem Aufmaß besteht.[3]
Die Sämischgerberei ist eine der ältesten Gerbtechniken.[4] Der Gerbvorgang liefert ein sehr weiches, oft sich samtartig anfühlendes Leder.[5]
Bei der Variante des Altsämischgerbens werden die Häute, vor allem von Wild, mit Lebertran, in diesem Fall Dorschlebertran, im Allgemeinen aber Fischtran genannt, durchgewalkt.[6]
Eine weitere Variante war das sogenannte Japanleder, wobei anstelle des Fischtranes Mineralöle Verwendung fanden.
Verwendete Materialien
Die weitaus gebräuchlichsten Fettsubstanzen für das Sämischgerben sind Trane. Das sind tierische Öle von verschiedenen Seetieren. Gewöhnlicher Tran stammt von Delfinen, Haien, Pottwalen und anderen Walarten, Seehunden und Walrossen. Diese Öle werden aus Teilen dieser Tiere durch Erhitzen und Auspressen gewonnen. Ihre Farbe und der Geruch unterscheiden sich. Die aus den Leberorganen von Dorschen extrahierten Fettsubstanzen sind dagegen als Leberöle bekannt, werden aber auch als Dorschlebertran bezeichnet.[7]
Einzelnachweise
- Günter Groß: Zur Geschichte der Gerberei in Sachsen. Dresden 2008, S. 27 ISBN 978-3-86530-113-0
- K. H. Bauer: Die Pflanzenfette. In: Victor Grafe (Hrsg.) et al.: Grafes Handbuch der organischen Warenkunde, Band III/2 Warenkunde und Technologie des Kautschuks, der Tier- und Pflanzenfette und der Wachse. Stuttgart 1929, hier: Rüböl, S. 285
- Günter Groß: Lohgerbermuseum Dippoldiswalde. Der Läderer. Dippoldiswalde 1985, S. 16, 20
- J. Dekker: Gerbstoffe. In: Victor Grafe (Hrsg.) et al.: Grafes Handbuch der organischen Warenkunde. Band III/1 Warenkunde und Technologie der Gärungsgewerbe, der Riechstoffe, organischen Säuren und der natürlichen Farb- und Gerbstoffe. Stuttgart 1929, S. 667
- Paul Kersten: Der Der exakte Bucheinband. Halle a.d. Saale, 1912, 2. Auflage S. 9
- Gerberei Kolesch: Werdegang eines Hirschleders von der Rohhaut bis zur fertigen Hirschlederhose. auf www.gerberei-kolesch.de (abgerufen am 25. Februar 2018)
- A. Jolles: Die Fette und Wachse. In: Victor Grafe (Hrsg.) et al.: Grafes Handbuch der organischen Warenkunde, Band III/2 Warenkunde und Technologie des Kautschuks, der Tier- und Pflanzenfette und der Wachse. Stuttgart 1929, hier: Seetierfette, S. 166–167