Rudolf Goehr
Rudolf Goehr (* 25. Dezember 1906 in Berlin; † 6. September 1981 in Santa Barbara, Kalifornien, USA) war ein deutsch-amerikanischer Komponist, Pianist und Dirigent.
Leben und Karriere
Seine Eltern waren Julius Goehr (1871–1948) und seine Ehefrau Thekla geborene Mendelsohn (1874–1931). Wie sein Bruder Walter Goehr war Rudolf Goehr ein Schüler von Arnold Schönberg in dessen Kompositionsklasse an der Preußischen Akademie der Künste.
1930 oder 1931 übernahm Goehr zusammen mit István Kardos die musikalische Leitung des Abel-Quartetts, nachdem dessen Gründer, Pianist und Arrangeur Pál Ábel die Gruppe verlassen hatte. Mit den Abels beziehungsweise „Five Songs“, wie sie sich nun nannten, ist Goehr auf zahlreichen Schellackplatten am Flügel zu hören. Zur selben Zeit leitete Goehr auch die Gesangsgruppe Melody Gents[1] als Arrangeur und Pianist. Mit dieser Gruppe ist er in dem Spielfilm Mädchen zum Heiraten zu sehen.
1933 emigrierte Goehr, der Jude war, nach Paris, wo er als Komponist arbeitete und weiterhin mit Gesangsgruppen tätig war, den „Cinq de la Chanson“[2] und den „Minstrels“.[3] Er komponierte unter anderem das Lied „La Chanson des rues“[4], das neben vielen anderen auch von Yves Montand aufgenommen wurde. Zeitweise arbeitete Arnold Schönbergs Sohn Georg dort für ihn.[5]
1940 wurden Goehr und seine Frau in Frankreich wie viele Flüchtlinge aus Deutschland in den Pyrenäen interniert.[6] In zunehmend verzweifelten Briefen bat er Arnold Schönberg um Hilfe, und schließlich konnte Schönberg für ihn und seine Frau die Einreise in die Vereinigten Staaten erwirken.[7]
In New York arbeitete Goehr zeitweise für amerikanische Radiosender. Im Dezember 1942 erhielt er eine Anstellung als musikalischer Leiter und Arrangeur für ein wöchentliches Radioprogramm für den Sender NBC in Rochester, New York, die Eastman Kodak Radio Show.[8]
Ende 1943 wurde er Soldat in der amerikanischen Armee und erhielt die amerikanische Staatsbürgerschaft. Während seiner Militärzeit stellte er für das Office of War Information Musikprogramme zusammen. Außerdem arbeitete er 1943 mit Kurt Weill an den Arrangements für die Broadway-Aufführung seines Musicals „One touch of Venus“ und 1946 an „A flag is born“.[9] In den frühen 50er Jahren arbeitete er für die Firmen Young People's Records und die Children's Record Guild.[10]
Die Sängerin Judith Shlonsky/Nina Valery war seine erste Frau, mit der zusammen er regelmäßig Konzert gab und mehrere Platten aufnahm[11]. Ihre Geschwister waren die Pianistin und Komponistin Verdina Shlonsky und der Dichter Avraham Shlonsky.
Literatur
- Peter Gradenwitz: Arnold Schönberg und seine Meisterschüler. Berlin 1925 – 1933 Gebundene Ausgabe – 24. August 1998
- Wolfgang Schneidereit: Discographie der Gesangsinterpreten der leichten Muse von 1925 bis 1945 im deutschsprachigen Raum. Eine Discographie mit biographischen Angaben in 3 Bänden. Band 1 und 2
Werke (Auswahl)
- La Chanson Des Rues
- Julietta
- Two Shadows In The Moonligh
- Music Box Tango / Je t'attendrai
- Donkey Tango
- Let's Dance
Soundtracks zu den Filmen: Le père Chopin[12] und Eine wie Du.[13]
Als musikalischer Leiter arbeitete er an dem Max-Ophüls-Film Sans lendemain (Ohne ein Morgen) mit.[14]
Tondokumente
Mit den Melody Gents
Mit den Abels/Five Songs
Mit den Cinq de la Chanson und den Minstrels
Weitere Aufnahmen
- Lys Gauty: Le Bassin de la Villette
- Mantovani: Music Box Tango
- Yves Montand: La chanson des rues
- Testaufnahme der Comedy Harmonists (auf der CD „Wir flüstern“[15] 2009 zum ersten Mal erschienen)
- André Claveau: Je t'attendrai ·
Weblinks
- Geschichte der Abels/Five Songs auf kardosch-saenger.de
- Biografie von Rudolf Goehr
- Die Abels:Ein deutsch-ungarisches Pionier-Ensemble auf grammophon-platten.de
- Foto von Rudolf Goehr mit den Melody Gents auf grammophon-platten.de
- Arnold Schönberg Archiv - Korrespondenz
- Rudolf Goehr bei Discogs
- Rudolf Goehr bei WorldCat
- Rudolf Goehr in der Datenbank von Find a Grave (englisch)
Einzelnachweise
- Die Abels - Grammophon und Schellackplatten Portal 78rpm. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Cinq de la Chanson - J'aime une Tyrolienne. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Minstrels - J'ai rêvé d'une fleur. Abgerufen am 26. Oktober 2021 (deutsch).
- Library of Congress Copyright Office: Catalog of Copyright Entries: Third series. 1967 (google.ro [abgerufen am 26. Oktober 2021]).
- Arnold Schönberg Center - Brief Datenbank. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Baustein: …es geschah am hellichten Tag - Deportation in das Lager Gurs. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Affidavit Arnold Schönbergs für Rudolf Goehr und seine Frau: http://archive.schoenberg.at/resources/filestore/5/9/4/0_88448cfeb23006c/5940scr_882fb4fe844f02a.jpg?v=1621338819
- Brief an Arnold Schönberg vom 13. Dezember 1942: http://www.schoenberg.at/scans/DVD058/10819.jpg
- Ben Hecht propaganda play success despite spottiness. In: Cincinnati Enquirer. 10. September 1946 (englisch): “…. telling and rich orchestration by Rudolf Goehr.”
- Young People's Records. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Nina Valery. Abgerufen am 1. November 2021.
- Le père Chopin (1945) - IMDb. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Eine wie du (1933) - IMDb. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- There's No Tomorrow (1939) - IMDb. Abgerufen am 26. Oktober 2021.
- Bear Family: Various CD: Wir flüstern - Gesangsgruppen 1927 bis 1937 (CD). Abgerufen am 26. Oktober 2021.