Roux-en-Y-Magenbypass
Der Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB), kurz Magenbypass (englisch Gastric Bypass), ist als operativer Eingriff, bei dem der Vormagen vom Restmagen abgetrennt wird und auf den so entstandenen kleinen Vormagen eine Dünndarmschlinge genäht wird, die international am häufigsten durchgeführte chirurgische Operationstechnik im Rahmen der Adipositaschirurgie. Bei extrem adipösen Personen kann mit ihrer Hilfe eine Gewichtsreduktion erzielt werden, weil sie den natürlichen Weg der Nahrung durch den Magen-Darm-Trakt verändert und so zu einer gewollten Malabsorption führt und gleichzeitig bewirkt, dass die Patienten geringere Mengen an fester und flüssiger Nahrung aufnehmen.[1] Der Eingriff gilt als das letzte Mittel der Wahl, wenn konservative Methoden zur Gewichtsreduktion versagt haben. Er ist benannt nach dem Schweizer Chirurgen César Roux (1857–1934).
Technik
Wesentliches Merkmal der Technik, die in verschiedenen Varianten durchgeführt wird, ist ein operativ angelegter miniaturisierter Magen (Magenpouch), der dann mit einer Dünndarmschlinge verbunden (anastomosiert) wird (alimentäre Schlinge). Ein zweiter Abschnitt des Dünndarms wird anschließend dazu benutzt, die Verdauungssäfte aufzufangen (biliodigestive Schlinge), um sie etwa 100–150 cm distal der alimentären Schlinge über eine weitere Verbindung zuzuführen. Erst ab diesem Bereich finden sich dann Verdauungssäfte und Nahrung wieder gemeinsam im Dünndarm (Common Channel).[2] Da der Magenpouch ein wesentlich kleineres Volumen hat als der Magen selbst, nimmt der Patient anschließend nur wesentlich kleinere Nahrungsmengen auf. Im Jahr 2011 wurde in Deutschland in 1.974 Fällen ein Magenbypass bei Adipositaspatienten gelegt.[3]
Wirkungsweise
Es wird immer noch oft behauptet, dass der Gewichtsverlust nach einem Magenbypass primär durch weniger Nahrung (kleinerer Magen) und schlechtere Verdauung (verkürzter Dünndarm) zustande kommt. Jüngste klinische und tierische Studien haben jedoch gezeigt, dass diese langjährigen Schlussfolgerungen über die Mechanismen eines Magenbypass (RYGB) möglicherweise nicht korrekt sind. Immer mehr Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Veränderungen des Körpergewichts und des Stoffwechsels durch einen RYGB nicht einfach nur dadurch erklärt werden können, dass weniger Nahrung in den Magen passt und die Verdauung schlechter ist. Eine Studie bei Ratten stellte fest, dass RYGB zu einer 19-%-Erhöhung des Kalorienverbrauchs und zu einer 31-%-Zunahme des Grundumsatzes führte. Ratten, die nur so viel Nahrung erhielten, wie RYGB operierte Ratten zu sich nahmen, verloren nur 47 % des Gewichts der operierten Ratten. Die verminderte Nahrungsaufnahme nach einem RYGB erklärt den Gewichtsverlust nur teilweise. Es gibt keine klinisch signifikanten Hinweise, dass eine geringe Absorption von Kalorien zum Gewichtsverlust beiträgt. Die Ursache für den Gewichtsverlust nach einem Magenbypass scheint eine Änderung der Gewichtsregulation, des Essverhaltens und des Kalorienverbrauchs zu sein.[4]
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass mit einem Magenbypass immer auch eine Änderung der Darmflora, genauer des mikrobiellen Profils im Verdauungstrakt, einhergeht. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass diese Veränderung in der Zusammensetzung der Mikroorganismen des Verdauungstrakts wesentlich zur Gewichtsreduktion und Verminderung der Adipositas nach einer R/Y-Magenbypass-Operation beiträgt: Forscher schätzen, dass das veränderte mikrobielle Milieu über 20 % des Effekts der Operation ausmachen könnte.[5][6]
Auswirkungen
Die operierten Patienten können bereits nach wenigen Tagen beginnen, wieder feste Nahrung zu sich zu nehmen. Relativ gefürchtet beim R/Y-Magenbypass ist das sogenannte Dumping-Syndrom, die sogenannte Sturzentleerung flüssiger und fester Nahrung vom Magen in den Dünndarm mit ihren Folgen.
Die Gewichtsreduktion ist wohl bei vielen Patienten schneller und größer als bei den sogenannten restriktiven Techniken wie etwa durch eine Verkleinerung des Magens, welche eine Mengenbeschränkung (Restriktion) der Nahrungsaufnahme erzeugt. Allerdings gibt es auch Berichte über Patienten, die nach mehreren Jahren etwa wieder fünf bis zehn Prozent des verlorenen Gewichtes zunehmen. Wie bei allen adipositaschirurgischen Maßnahmen mit Ausnahme des Magenbands müssen lebenslang Vitamine (insbesondere Vitamin B12), Spurenelemente (vor allem Kupfer) und Eiweiß zugeführt werden. Es gibt Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Nierensteine.[7][8]
Siehe auch
Literatur
- Richard Daikeler, Götz Use, Sylke Waibel: Diabetes. Evidenzbasierte Diagnosik und Therapie. 10. Auflage. Kitteltaschenbuch, Sinsheim 2015, ISBN 978-3-00-050903-2, S. 124 f.
Einzelnachweise
- W. Piper: Innere Medizin. Springer, 2006, ISBN 3-540-33725-3, S. 450; books.google.de
- R. A. Weiner et al.: Adipositaschirurgie: Operationstechnik – Komplikationsmanagement – Nachsorge. Urban&FischerVerlag, 2009, ISBN 3-437-23025-5, S. 79 ff.; books.google.de
- Adipositas Behandlung (Memento des Originals vom 7. Januar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 26. Dezember 2012.
- Stylopoulos Nicholas, Nicholas Hoppin, Alison G., Kaplan Lee M.: Roux-en-Y Gastric Bypass Enhances Energy Expenditure and Extends Lifespan in Diet-induced Obese Rats. In: Obesity. 17, Nr. 10, 2009, S. 1839–1847. doi:10.1038/oby.2009.207.
- A. P. Liou et al.: Conserved shifts in the gut microbiota due to gastric bypass reduce host weight and adiposity. In: Sci Transl Med. 5, Nr. 178, 2011, S. 178ra41.. doi:10.1126/scitranslmed.3005687. PMID 23536013.
- Microbes Affect Weight Loss. In: The Scientist. Abgerufen am 8. April 2013.
- Ärzte Zeitung, 2. Juli 2008, S. 5, zitiert nach: JACS, 206, 2008, S. 1145
- R. A. Weiner et al.: Adipositaschirurgie: Operationstechnik – Komplikationsmanagement – Nachsorge. Urban&FischerVerlag, 2009, ISBN 3-437-23025-5, S. 95 ff.; books.google.de