Rohlfscher Hof
Der Rohlfsche Hof in Neuenbrook war ein unter Denkmalschutz stehender Bauernhof, der im 17. Jahrhundert erbaut wurde und 1975 abbrannte.[1][2][3]
Baugeschichte
Der Rohlfsche Hof in Neuenbrook galt als eines der ältesten Häuser Neuenbrooks und der ganzen Kremper Marsch.[1][4] Über den ursprünglichen Hof ist wenig bekannt. Von 1790 bis 1803 wurde das Fachwerk erneuert, abgesehen davon wurde über die Jahrhunderte nicht viel verändert, obwohl er dauerhaft bewohnt war. Eine der wenigen Veränderungen war das Ausbauen der Wandbetten im Jahre 1885. Der Grundriss zeigte das typische Marschhaus mit durchgehender Diele. Aus der ältesten Zeit stammt das innere Gerippe, das mächtige Ständer-, Balken- und Sparrenwerk und vor allem die gestaffelten, fensterlosen Giebel.
Abmaße
Der Rohlfsche Hof war ein Zwöffach-Haus mit durchgehender Däle.[5] Es war 34,46 Meter lang und 22,96 Meter breit. Die Stiele des Fachhallenhauses waren 40×40 cm dick und aus Eiche mit jeweils einem Abstand von 2,65 bis 2,70 Metern. In Längsrichtung werden die Stiele durch ein flachliegendes Rähm, ca. 40×20 cm stark, verbunden. Im rechten Winkel dazu sind die Dielenbalken mit einer Stärke von 40 bis 45 cm im Quadrat angeordnet.[1][4]
Die Balken überspannen die Diele und ragen auf beiden Enden zwischen 2 und 2,5 Meter über die Stiele. Die Stiele haben lange Zapfen,die durch den Flachliegenden Rähm bis in den Balken geführt sind.[4]
Die Balken, die das Reetdach hielten, waren im Winkel von 45 Grad verzapft und bildeten unverschiebbare Dreiecke. Am Ende der Balken waren die Dachsparren ca. 25×25 cm stark, verzapft aufgesetzt.[4][3]
Der Hof wurde 1938 genauestens vermessen.[6] Der Grundriss des Hofes ist in mehreren Büchern zu sehen.[3][4][7][6] 1946 war ein Grundriss und ein Modell in einem Museum in Frankfurt am Main zu sehen, das mehrmals erwähnt, aber nicht namentlich genannt wurde.[7]
Der ursprüngliche Hof
Über den ursprünglichen Hof, der wie der Rest Neuenbrooks um 1180 erbaut wurde[3][8], ist wenig bekannt.[1] Er gehörte zu den Gründungshäusern des Ortes Neuenbrook.[9] 1628, inmitten des Dreißigjährigen Krieges, wurde der Hof von den abziehenden Wallensteinern niedergebrannt, wie auch der Rest von Neuenbrook-West. Sie hatten die Festung in Krempe, die von dänischen Truppen gehalten wurde, erobert. Direkt nach dem Abzug der Wallensteiner wurde der Rohlfsche Hof, ebenso wie der restliche Teil Neuenbrooks, wieder aufgebaut.[7]
Besitzer
Die ersten Besitzer waren vermutlich Holländer, da Neuenbrook von ebendiesen gegründet wurde.[2] Von den ersten Besitzern des im 17. Jahrhundert errichteten Gebäudes, über die wenig bekannt ist, wird nur ein Claus Schröder genannt, der um 1730 auf dem Hof lebte. Dieser kam aus der Gemeinde Sommerland nach Neuenbrook. Um 1746 kam die Familie Rohlfs auf den Hof, die bis 1978 (232 Jahre lang) auf dem Hof blieb.[2] Zeitweilig gehörten die Nachbarhöfe, unter anderem der „Vogtspflug“ zu beiden Seiten des Rohlfschen Hofes zum Besitz der Familie, wurden aber schon vor dem Jahre 1800 an andere verwandte Familien abgetreten.[2] Die gesamte Familie Rohlfs war eng mit der Kirche verbunden.[10]
Als erster Rohlfs wird ein Reimer Rohlfs (1718–1785) genannt, der Schwiegersohn des Claus Schröder.[2][7]
Kunst im Hof und deren Verkauf
Im Hof befanden sich mehrere Kunstwerke.[11][1][7][12] In einem Buch steht geschrieben:
„Aus der Zeit um 1790 stammt auch die reichgeschnitzte Eckstube, die zum Teil noch Einlegearbeiten enthält und heute noch in fast allen ihren Teilen erhalten ist. (…) Die gemalte Stube im Sommerhaus ist hier auch noch fast vollkommen erhalten. Sie ist im Empirestil gemalt und zeigt auf grünem Grunde Kränze und Girlanden aus bunten, zum Teil in Gold gemalten Bauernblüten mit eingesträuten Medallions und anderen Rundbildern, die Land- und Seeschlachten darstellen. Über der einen Tür befindet sich ein größeres gemaltes Gemälde, das die darstellt und die Jahreszahl 1803 trägt, der Bauherr des Hofes war sicher kein armer Bauer.“[10]
Gemalte Stuv
1938 sowie um 1960 wurden die Eckstube und mehrere Truhen und Schränke fotografiert, man sieht einige in Büchern beschriebenen Girlanden und Kränze, sowie die Medaillons und Tondo (Rundbilder). Auf den Fotos ist unter anderem zu lesen, dass der Künstler, der die Stube schnitzte, „Riemenschneider“ hieß. Welcher gemeint ist, bleibt offen. In einem anderen Buch wird die Stube als Wandvertäfelung „Vier Jahreszeiten“ beschrieben.[2] Sie zeigen auf Grünem Grund einen Goldenen Rahmen, in dessen unterer Hälfte eine Büste gemalt ist, die je eine Jahreszeit darstellt. Im Oberen teile befindet sich ein Ölgefäß, in dem ein jeweils anderer individueller menschlicher Kopf gemalt ist. Vermutet wird hier, dass es sich um eine Ahnengalerie handelt.[7] Abgerundet wird jedes Paneel durch gemalte Rosen und Bauernblumen, und rundherum durch eine Dunkelgrüne Girlande.[1][7]
Die Tafeln werden oben von einer Reihe Bilder von der Decke abgegrenzt, die das Zeitgeschehen in Form von Seeschlachten,Jagdszenen[7]und Mystische Szenen zeigen.[2][7]
Das erste Bild zeigt die Seeschlacht bei Abukir, das zweite eine nicht Identifizierbare Seeschlacht zwischen englischen und Französischen Schiffen. Mittig ist eine Szene die als "Bettlerszene" beschrieben wird.[7] Eine Frau gibt einem Bettler eine Spende, umrundet wird die Szenerie, die mit 68 Zentimetern Breite doppelt so groß ist wie die übrigen Bilder, von einer Berglandschaft, in dessen Vordergrund Reiter zu sehen sind. Die Jagdszene zeigt eine Bärenjagd. Diese zeitgenössischen Szenen stehen im Kontrast zu den zwei Szenen, die laut dem Steinburger Jahrbuch 2002 als Szenen der Totenwelt verstanden werden können.[7] Die Bilder zeigen zum einen eine Gruppe Menschen mit Fackeln auf einem mit Grünen Mauern umrandeten gepflasterten Platz, während die zweite Szene denselben Hof auf Wolken bettet und ein Bad, in dem sich mehrere Frauen vergnügen in den Fokus setzt.[7]
Zur selben Zeit wurde ein Ölgemälde mit einer mythischen Szene gemalt. Dieses wurde um 1998 unter anderem der Kunsthalle in Hamburg, dem Kustos des Altonaer Museums, dem höchsten Ordensarchivar der Freimaurer in Berlin sowie in bildlicher Form auch drei Professoren in Kiel vorgelegt.[7] Auch nachdem etwa ein dutzend Museen und Professoren das Bild in den Händen hatten, gab es keine neuen Erkenntnisse, außer dass das Bild wahrscheinlich einen unbekannten Kupferstich als Vorbild hat. Der früher vermutete freimaurerische Hintergrund ließ sich ausschließen.[7]
Es entstand 1803 und zeigt dutzende Anspielungen auf Bibelverse. Es zeigt eine Menschenmasse, die wahrscheinlich einen Streit über Religion und Technik führt. In der Mitte steht ein Mann, der wahrscheinlich Sokrates darstellen soll.[2][1][7]
Beides wurde 1964 zusammen mit einem Ölgemälde selben Alters an den Verleger Axel Springer verkauft, obwohl die Eckstube damals schon unter Denkmalschutz stand.[12]
Das Ölgemälde wurde ein Jahr später wieder zurückgekauft und ging 2014 in den Besitz eines Itzehoer Vermieters über. Die Wandvertäfelung sowie die alten Truhen befindet sich bis heute im Besitz der Familie Springer.
Der Brand
Am Mittag des 3. September 1975 fuhr ein Nachbar, der mit seinem Trecker vom Feld kam, am Rohlfschen Hof vorbei und bemerkte schwarzen Rauch[8], der aus Löchern im Giebel kam. Er machte kehrt und alarmierte die 36 Mann starke Feuerwehr. Als diese anrückte, war der Hof schon so weit abgebrannt, dass er nicht mehr zu retten war. Die Feuerwehr konzentrierte sich darauf, die mit Reet gedeckten Dächer der Nachbarhäuser davor zu bewahren, Feuer zu fangen, und ließ den Hof kontrolliert abbrennen. Dieses Geschehen ist in Form eines vierminütigen Clips in einem Film zu sehen.[13][8] die Hitze des Brandes war so hoch, dass alle Scheiben der anliegenden Häuser platzten.
Die Familie befand sich zum Zeitpunkt des Brandes auf dem Feld bei der Arbeit, bzw. die Kinder in der Schule. Da seit circa 1970 nicht mehr im Hof gewohnt wurde, sondern im Nachbarhaus, das auch der Familie gehörte, kam niemand zu Schaden.[14]
Der Schaden wurde in der Zeitung auf 350.000 Mark geschätzt.[14]
Trivia
- Der Hof stand unter Denkmalschutz[12][14][8] und sollte eigentlich in das Schleswig-Holsteinische Freilichtmuseum in Molfsee transloziert werden.
- Trotz Denkmalschutzes wurde kurz vor dem Brand eine Tiefgarage angebaut.[13]
- Ein Bild des Hofes ziert unter anderem das Buch „375 Jahre Dorfgilde Neuenbrook“ von 1991.[4]
- Als Andenken an den Hof wurde eine Informationstafel auf dem Grundstück errichtet.[9]
Einzelnachweise
- unbekannt: Baugeschichte des Rohlfschen Hofes. 1. Auflage. Neuenbrook 1926, S. 1–5.
- Johannes Gravert: Die Bauernhöfe der Kremper und Kollmar Marsch. Band 1, 1928, S. 409,410.
- Ortschronik e.V. (Hrsg.): Dorfgeschichte Neuenbrook. 1. Auflage. neuenbrook 1987, S. 159,161.
- Dorfgilde Neuenbrook: 375 Jahre Dorfgilde Neuenbrook. Hrsg.: Dorfgilde Neuenbrook. 1. Auflage. Neuenbrook 1991, S. 2,3.
- Prof. Dr. Alfred Kamphausen: Bauernhäuser in Schleswig Holstein. Hrsg.: Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co. 4. Auflage. Heide 1976, S. 43.
- Gustav Wolf: Haus und Hof deutscher Bauern Schleswig-Holstein. Band 1, 1982, ISBN 3-8067-0818-5, S. 94,98.99.
- Jörg Benz: Steinburger Jahrbuch 2001. Hrsg.: Heimatverband für den Kreis Steinburg eV. 2001, ISSN 0561-9920, S. 225 bis 264.
- Kim Heitmann: Denkmalgeprägter Ort. Hrsg.: Norddeutsche Rundschau. Itzehoe 8. Oktober 2019.
- Informationstafel über den Rohlfschen Hof auf dem Grundstück West 36
- Buch „Die Baugeschichte des Rohlfschen Hofes“, ca. 1920.
- Alfred Kamphausen: Bauernstuben von Allen kanten und Küsten Schleswig-Holsteins. Karl wachholtz Verlag, Neumünster 1979, ISBN 3-529-02654-9, S. 31.
- Johannes Gravert: Die Bauernhöfe der Kremper und Kollmar Marsch Ergänzungsband 1/2/3. 1999.
- Dokumentation: Das Jahr 1975 in Neuenbrook (circa zweistündiger Film mit Videoaufnahmen aus Neuenbrook)
- Norddeutsche Rundschau (Hrsg.): Brand im Rohlfschen Hof. Itzehoe September 1975.