Robert Mapplethorpe
Robert Mapplethorpe (* 4. November 1946 in Floral Park, New York; † 9. März 1989 in Boston, Massachusetts) war ein US-amerikanischer Fotograf und bildender Künstler.
Leben
Robert Mapplethorpe wurde 1946 als drittes von sechs Kindern einer katholischen Arbeiterfamilie geboren. Nach dem Abschluss der Schule ging er auf Wunsch seiner Eltern an das Pratt Institute, eine Kunsthochschule in Brooklyn. Dort kam er mit der 68er-Bewegung in Kontakt. 1967 beendete er das Studium mit einem Bachelor of Fine Arts und zog nach Manhattan. Dort lernte er im Sommer 1967 die damals noch unbekannte Musikerin und Poetin Patti Smith kennen, mit der er bis 1972 zusammenlebte. Sie ermutigte ihn zu einer Karriere als Fotograf.
Seine ersten Werke enthielten noch keine eigenen Fotos, aber oft Bilder, die er aus Büchern oder Zeitschriften entnommen hatte. Bald darauf begann er auch mit ersten eigenen Bildern zu arbeiten, die er mit einer Polaroid-Kamera aufnahm. Später sagte er über diese Zeit: „Ich fing an zu verstehen, dass Fotografie Kunst sein könnte.“
Im Herbst 1972 gab ihm sein damaliger Lebensgefährte, der Sammler Sam Wagstaff, 500.000 US-Dollar für den Kauf eines Dachgeschoss-Lofts im Haus 24 Bond Street, wo der Fotograf fortan lebte und sein Studio hatte.
Mapplethorpe lebte ein sehr exzessives Leben, das von Drogen und zahlreichen homosexuellen und heterosexuellen Beziehungen geprägt war. Als bekannt wurde, dass sich Mapplethorpe mit dem HI-Virus infiziert hatte, schnellten die Preise für seine Fotos in die Höhe. Im Dezember 1988 verkaufte er Fotos im Wert von 500.000 US-Dollar. 1988 gründete der Künstler die Robert Mapplethorpe Foundation.[1]
Mapplethorpe starb Anfang März 1989 an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung im Alter von 42 Jahren.
Künstlerisches Schaffen
Ab Anfang der 1980er-Jahre wurde Mapplethorpe, zunächst vor allem in New York, von einem größeren Publikum wahrgenommen. Viele Persönlichkeiten ließen sich von ihm porträtieren, unter anderem Andy Warhol, Deborah Harry, Richard Gere, Peter Gabriel, Grace Jones, Paloma Picasso und Patti Smith. Es wurde „in“, sich von Mapplethorpe fotografieren zu lassen. Gemeinsam mit der Bodybuilderin Lisa Lyon produzierte er eine Bilderserie von 1980 bis 1982, die er unter dem Titel Lady Lisa Lyon 1983 veröffentlichte. Die Mehrzahl seiner Aufnahmen entstand in seinem eigenen Studio oder in einem der unzähligen New Yorker Lofts. Dabei waren seine Aufnahmen stets schlicht, vor weißem oder schwarzem Hintergrund fotografiert.
Im Gegensatz zu seinen Bildern, auf denen er Stillleben mit Blumen oder Porträts gesellschaftlich anerkannter Schauspieler und Künstler zeigt, wählte Mapplethorpe auch oder gerade kontroverse Themen.
Seine Aktarbeiten zeigten häufig homoerotische Motive, die von eher klassischen Posen bis hin zu BDSM-Szenen reichten. Mapplethorpe wurde insbesondere durch seine Portfolio-X-Serie bekannt. Eine der häufig diskutierten Fotografien stellt ein Selbstporträt dar, das den Künstler mit einer in seinen Anus eingeführten Bullenpeitsche zeigt.[2] Insbesondere im angelsächsischen Raum führte die durch die US-amerikanische National Endowment for the Arts (nationale Stiftung zur Kunst- und Kulturförderung) finanzierte Wanderausstellung The Perfect Moment (1988–1990) zu einer Kontroverse, nachdem der konservative, republikanische Senator Jesse Helms durch den Ausstellungskatalog auf die Ausstellung aufmerksam geworden war.[3]
Das Foto auf dem Albumcover von Horses, dem 1975 veröffentlichten Debütalbum von Patti Smith, stammt von Mapplethorpe.[4] Es gilt als „das berühmteste Bild von Patti Smith“.[5]
Kontroversen und Zensur
Mapplethorpes Arbeiten wurden in den USA häufig in öffentlich finanzierten Ausstellungen gezeigt. Viele konservative und religiöse Gruppen, wie z. B. die American Family Association, protestierten regelmäßig dagegen, derartige Kunstwerke zu fördern. Der Künstler rückte in diesem Bereich, stellvertretend für die Gesamtthematik, in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion in den USA zum Thema Kunstförderung und Kunstzensur.[6]
1990, nur ein Jahr nach Mapplethorpes Tod, führte eine Retrospektive unter dem Titel The Perfect Moment in Cincinnati zu einer Kontroverse. Auslöser waren sieben Fotografien Mapplethorpes aus dem X-Portfolio. Infolge der Ausstellung kam es zu dem vergeblichen Versuch, das Cincinnati Contemporary Arts Center und seinen Direktor Dennis Barrie wegen der Ausstellung obszönen Materials (pandering obscenity) in einem Gerichtsverfahren zu verurteilen. Hierbei fand der Miller-Test Verwendung. Die Ereignisse wurden mit James Woods in der Rolle des Museumsdirektors unter dem Titel Dirty Pictures im Jahr 2000 verfilmt.
In Japan stellte der Oberste Gerichtshof erst 2008 fest, dass Mapplethorpes erotische Bilder nicht gegen das Pornografieverbot verstießen, und gab einen acht Jahre lang beschlagnahmten Band mit Mapplethorpe-Fotografien frei.[7]
Einzelwerke
- Mark Stevens (Mr 10½) (1976)
- Man in Polyester Suit (1980)
Literatur
- Patricia Morrisroe: Mapplethorpe: A Biography. Da Capo Press, 1997, ISBN 0-306-80766-1.
- Arthur C. Danto: Playing with the Edge: the Photographic Achievement of Robert Mapplethorpe. University of California Press, 1996.
- Gary Banham: Mapplethorpe, Duchamp and the Ends of Photography. 2002.
- Mark Jarzombek: The Mapplethorpe Trial and the Paradox of its Formalist and Liberal Defense: Sights of Contention. AppendX, No. 2, Spring 1994, S. 58–81.
- Paul Martineau, Britta Salvesen(Hrsg.): Robert Mapplethorpe: Die Photografien 1969–1989, München 2016, ISBN 978-3-8296-0747-6.
- Allen Ellenzweig: The Homoerotic Photograph: Male Images from Durieu/Delacroix to Mapplethorpe. Columbia University Press, 1992, ISBN 0-231-07536-7.
- Gordon Baldwin: Robert Mapplethorpe: Portraits. Palm Springs Art Museum, Palm Springs, Kalifornien, USA 2009, ISBN 978-0-9816743-1-5.
- Robert Mapplethorpe – The Black Book. Neuauflage in englischer/deutscher Sprache. Schirmer/Mosel Verlag, München 2010, ISBN 978-3-8296-0460-4.
- Patti Smith: Just Kids. Patti Smiths autobiographischer Bericht über ihr Leben mit Robert Mapplethorpe. Deutsch bei Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010, ISBN 978-3-462-04228-3.
Filme
- 2000: Dirty Pictures (nur Englisch) (Der Film beruht auf dem Verfahren in Cincinnati)
- 2016: Mapplethorpe: Look at the pictures, Regie: Randy Barbato und Fenton Bailey (Dokumentarfilm)[8]
- 2018: Mapplethorpe, Filmbiographie, Regie: Ondi Timoner, mit Matt Smith (Robert Mapplethorpe), Marianne Rendón (Patti Smith) u. a.
Ausstellungen
- 2009: Robert Mapplethorpe: Portraits, Palm Springs Art Museum, Palm Springs, Kalifornien, USA.
- 2010: Robert Mapplethorpe, NRW-Forum, Düsseldorf
- 2011: Robert Mapplethorpe. Retrospektive, C/O Berlin, Berlin
- 2014: Robert Mapplethorpe, Grand Palais, Paris[9]
Weblinks
- Literatur von und über Robert Mapplethorpe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Robert Mapplethorpe in der Internet Movie Database (englisch)
- Robert Mapplethorpe in der Notable Names Database (englisch)
- The Robert Mapplethorpe Foundation Homepage
- Robert Mapplethorpe: A Season in Hell / Eröffnung und Performance von Patti Smith Alison Jacques Gallery, London, Oktober 2009.
Einzelnachweise
- The Robert Mapplethorpe Foundation. Abgerufen am 12. März 2017.
- Abbildung unter uscb.edu (Memento vom 1. Juli 2010 im Internet Archive)
- Douglas McLeod, Jill MacKenzie: Print Media and Public Reaction to the Controversy over NEA Funding for Robert Mapplethorpe’s “The Perfect Moment” Exhibit,. Hrsg.: J&MC Quarterly. Vol. 75, 1998, S. 281.
- Zeit Magazin Nr. 11, 11. März 2010, S. 20.
- Zeit Magazin Nr. 11, 11. März 2010, S. 18.
- Judith Tannenbaum: Robert Mapplethorpe. The Philadelphia Story. Vol. 50, 1991, S. 71–76.
- Japan erlaubt Mapplethorpe-Bilder. Queer.de, 20. Februar 2008.
- Filminformation der Berlinale 2016, online abgerufen am 16. Februar 2016
- Robert Mapplethorpe. Abgerufen am 12. Oktober 2020 (französisch).