Richard Harris
Richard St. John Harris (* 1. Oktober 1930 in Limerick, Irland; † 25. Oktober 2002 in London, Vereinigtes Königreich) war ein irischer Schauspieler und Sänger.
Leben und Werk
Richard Harris wurde 1930 im irischen Limerick als Sohn einer Bauernfamilie geboren und besuchte ein Jesuitencollege. Er strebte zunächst eine Karriere als Rugby-Spieler an, musste diesen Plan aber nach einer Tuberkulose-Erkrankung trotz seiner großen sportlichen Begabung wieder aufgeben. Nach dem Besuch der London Academy of Music and Dramatic Art war Harris seit den 1960er Jahren Mitglied der Royal Shakespeare Company in Stratford upon Avon, England. Sein größter Wunsch war es, einmal den Hamlet zu spielen, wozu es allerdings nie kam.
Harris debütierte 1958 in The Iron Harp als Fernsehdarsteller und startete im Jahr darauf seine erfolgreiche Kinolaufbahn. Im Jahr 1959 spielte er bereits neben der Hollywood-Filmikone Gary Cooper in Die den Tod nicht fürchten, im Jahr 1961 hatte er eine kleine Rolle in dem aufwendigen Kriegsfilm Die Kanonen von Navarone, wo er neben Gregory Peck auftrat. In Meuterei auf der Bounty (1962) agierte er neben Hauptdarsteller Marlon Brando als rebellischer Matrose. Seine Karriere erhielt einen entscheidenden Schub, als er 1963 für den Film Lockender Lorbeer für einen Oscar nominiert wurde. Für seine Leistung in diesem Film erhielt er den Darstellerpreis beim Filmfestival Cannes 1963.
In den 1960er und 1970er Jahren war der blonde, athletische Harris ein großer internationaler Star, der in zahlreichen Klassikern und Kinohits auftrat. Er spielte in künstlerisch anspruchsvollen Filmen wie Michelangelo Antonionis Die rote Wüste (1963), in Western wie Sierra Charriba (1964, neben Charlton Heston), unter der Regie von John Huston in dem Epos Die Bibel (1964) oder in Actionfilmen wie Kennwort „Schweres Wasser“ (1965, neben Kirk Douglas). Im Jahr 1967 war Harris Co-Moderator bei der 39. Oscar-Verleihung für den Preis bei den Dokumentarfilmen. Zwei Jahre später wurde der harte Spätwestern Ein Mann, den sie Pferd nannten zu einem der größten Erfolge für den Darsteller. Er verkörperte einen Europäer, der von Indianern gefangen genommen und nach äußerst grausamen Riten in den Stamm aufgenommen wird. Der Film zog die beiden Fortsetzungen Der Mann, den sie Pferd nannten – 2. Teil (1976) und Triumph des Mannes, den sie Pferd nannten (1982) nach sich.
In dem realitätsbezogenen Drama Verflucht bis zum jüngsten Tag spielte Harris im Jahr 1970 an der Seite von Sean Connery einen Bergarbeiter. Connery war – als gealterter Robin Hood – auch sein Schauspielpartner in Robin und Marian (1976), in dem Harris die historische Figur des grausamen Kreuzzüglers Richard Löwenherz porträtierte. Eine weitere historische Rolle übernahm er als Titeldarsteller in Cromwell – Krieg dem König (1970). Im Jahr 1974 agierte Harris als Bombenentschärfungsspezialist in dem Thriller 18 Stunden bis zur Ewigkeit, 1976 war er in dem Katastrophenfilm Cassandra Crossing zu sehen. In dem Actionfilm Die Wildgänse kommen agierte er 1978 als Söldner an der Seite von Richard Burton und Roger Moore. In Orca – Der Killerwal (1977) spielte er einen Fischer, der von einem riesigen Orca-Wal herausgefordert wird.
Harris war auch als Sänger erfolgreich. 1968 nahm er mit A Tramp Shining seine erste Schallplatte auf. Die Single-Auskoppelung MacArthur Park wurde ein großer internationaler Hit und über eine Million Mal verkauft. Dank seiner gesanglichen Talente hatte er auch einen Einsatz in der Kinoversion des Broadway-Stückes Camelot (1967), in der er den König Artus sang und spielte – neben Vanessa Redgrave als Guenevere und Italo-Western-Star Franco Nero als Lancelot Du Lac. Auf der Filmmusik-Schallplatte sind alle drei mit ihren Originalstimmen zu hören.
Im Jahr 1974 nahm er das Album The Prophet Kahlil [sic!] Gibran. A musical interpretation featuring Richard Harris auf Atlantic auf; dort las Harris ausgewählte Passagen aus Der Prophet von Khalil Gibran zu von Arif Mardin komponierter und arrangierter Musik.[1]
In den 1980er Jahren war Harris als Filmschauspieler kaum präsent, wurde dann aber ab den 1990er Jahren als gereifter Charakterdarsteller häufig in prägnanten Nebenrollen eingesetzt (Die Stunde der Patrioten, 1992, Erbarmungslos, 1993, Fräulein Smillas Gespür für Schnee, 1997). Im Jahr 2000 agierte er in Ridley Scotts erfolgreichen Monumentalfilm Gladiator als Kaiser Marc Aurel, der von seinem eigenen Sohn ermordet wird.
Im Jahr darauf spielte Harris erstmals seine populärste Altersrolle, den weißbärtigen Professor Albus Dumbledore, den er in den beiden ersten Harry-Potter-Filmen (Harry Potter und der Stein der Weisen und Harry Potter und die Kammer des Schreckens) darstellte. Er übernahm diese Rolle laut eigener Aussage, weil seine elfjährige Enkeltochter gedroht habe, sonst nie wieder mit ihm zu sprechen. Zwei Tage vor der US-amerikanischen Premiere von Harry Potter und die Kammer des Schreckens (2002) starb Harris an Morbus Hodgkin, einer Krebserkrankung des Lymphsystems. Bis zuletzt hatte er erklärt, er wolle auch im dritten Teil von Harry Potter wieder die Rolle von Dumbledore übernehmen. In den späteren Filmen wurde Dumbledore von Michael Gambon verkörpert, der ihn in Gedenken an Harris mit leichtem irischen Akzent sprach. In der deutschen Synchronfassung ist dies nicht zu hören. Harris’ Asche wurde bei seinem Haus auf den Bahamas verstreut.
Ehen und Familie
Harris war von 1957 bis 1969 mit Elizabeth Rees (Elizabeth Rees-Williams) verheiratet. Sie haben drei Söhne, den Regisseur und Drehbuchautor Damian Harris (* 1958) und die Schauspieler Jared Harris (* 1961) und Jamie Harris (* 1963, eigentlich Tudor St. John Harris). In zweiter Ehe war Harris von 1974 bis 1982 mit der US-amerikanischen Schauspielerin Ann Turkel verheiratet. Richard Harris galt jahrzehntelang als Alkoholiker, gab das Trinken aber in den frühen 1980er Jahren auf.
Deutsche Synchronsprecher
Richard Harris liehen mehrere Synchronsprecher ihre Stimmen. Besonders hervorzuheben sind Michael Chevalier (in Die Wildgänse kommen, Die Stunde der Patrioten oder Monte Cristo), Klaus Kindler (in 18 Stunden bis zur Ewigkeit) und der Schauspieler Klaus Höhne, der die Synchronrolle von „Prof. Albus Dumbledore“ in den Harry-Potter-Filmen übernahm. Weitere Sprecher von Harris waren Gert Günther Hoffmann, Reinhard Glemnitz, Claus Biederstaedt und Werner Ehrlicher.
Filmografie
- 1959: Munter und Lebendig (Alive And Kicking)
- 1959: Ein Händedruck des Teufels (Shake Hands with the Devil)
- 1959: Die den Tod nicht fürchten (The Wreck of the Mary Deare)
- 1960: Aufstand im Morgengrauen (A Terrible Beauty)
- 1960: Sieben gegen die Hölle (The Long and the Short and the Tall)
- 1961: Die Kanonen von Navarone (The Guns of Navarone)
- 1962: Meuterei auf der Bounty (Mutiny on the Bounty)
- 1963: Lockender Lorbeer (This Sporting Life)
- 1964: Die rote Wüste (Il deserto rosso)
- 1964: Carol for Another Christmas
- 1964: Die drei Gesichter einer Frau (I tre volti)
- 1964: Die Bibel (The Bible)
- 1965: Sierra Charriba (Major Dundee)
- 1965: Kennwort „Schweres Wasser“ (The Heroes of Telemark)
- 1966: Hawaii
- 1967: Caprice
- 1967: The Circle
- 1967: Camelot – Am Hofe König Arthurs (Camelot)
- 1969: Ein Mann, den sie Pferd nannten (A Man Called Horse)
- 1970: Cromwell – Krieg dem König (Cromwell)
- 1970: Verflucht bis zum jüngsten Tag (The Molly Maguires)
- 1971: The Snow Goose (Fernsehfilm)
- 1971: Ein Mann in der Wildnis (Man in the Wilderness)
- 1971: Bloomfield
- 1973: Bis zum letzten Atemzug (The Deadly Trackers)
- 1974: König Ballermann (99 and 44/100% Dead)
- 1974: 18 Stunden bis zur Ewigkeit (Juggernaut)
- 1976: Echos eines Sommers (Echoes of a Summer)
- 1976: Robin und Marian (Robin and Marian)
- 1976: Der Mann, den sie Pferd nannten – 2. Teil (The Return of a Man named Horse)
- 1977: Treffpunkt Todesbrücke (The Cassandra Crossing)
- 1977: Gullivers Reisen (Gulliver's Travels)
- 1977: Die Wildgänse kommen (The Wild Geese)
- 1977: Orca – Der Killerwal (Orca)
- 1977: Rendezvous mit dem Tod (Golden Rendezvous)
- 1978: Zum Überleben verdammt (Ravagers)
- 1979: Fort Travis – Ein Mann geht seinen Weg (The Last Word)
- 1979: Spiel der Geier (A Game for Vultures)
- 1981: Tarzan – Herr des Urwalds (Tarzan, the Ape Man)
- 1981: Your Ticket Is No Longer Valid
- 1982: Am Highpoint flippt die Meute aus (Highpoint)
- 1983: Triumph des Mannes, den sie Pferd nannten (Triumphs of a Man Called Horse)
- 1984: Flucht zurück (Martin's Day)
- 1988: Maigret
- 1988: Heroin Force (Trappola diabolica)
- 1989: König der Winde (King of the Wind)
- 1990: Das Feld (The Field)
- 1990: Mack the Knife
- 1990: Franky and the Goblin Band
- 1992: Die Stunde der Patrioten (Patriot Games)
- 1992: Erbarmungslos (Unforgiven)
- 1993: Die Bibel – Abraham (The Bible: Abraham)
- 1993: Walter & Frank – Ein schräges Paar (Wrestling Ernest Hemingway)
- 1993: Schweigende Zunge (Silent Tongue)
- 1993: Wie kommt man schnell ans große Geld (Savage Hearts)
- 1996: Cry, The Beloved Country
- 1995: The Great Kandinsky
- 1996: Trojan Eddie
- 1997: Der Glöckner von Notre Dame (The Hunchback)
- 1997: Fräulein Smillas Gespür für Schnee (Smilla's Sense of Snow)
- 1997: This Is the Sea
- 1999: Abenteuer im Land der Grizzlys (Grizzly Falls)
- 1999: Der Barbier von Sibirien (Sibirskiy tsiryulnik)
- 1999: To walk with Lions – Jagd in Afrika (To Walk with Lions)
- 2000: The Royal Way
- 2000: Gladiator
- 2001: My Kingdom
- 2001: Harry Potter und der Stein der Weisen (Harry Potter and the Philosopher's Stone)
- 2002: Julius Caesar
- 2002: Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Harry Potter and the Chamber of Secrets)
- 2002: Monte Cristo (The Count of Monte Cristo)
- 2002: Die Bibel – Apokalypse (San Giovanni – L'apocalisse)
- 2003: Kaena – Die Prophezeiung (Kaena: The Prophecy)
Auszeichnungen
- 1963: Internationale Filmfestspiele von Cannes 1963, Goldene Palme, bester Darsteller in Lockender Lorbeer (1963)
- 1964: Oscar-Nominierung, bester Hauptdarsteller in Lockender Lorbeer
- 1964: British-Film-Academy-Award-Nominierung, bester britischer Schauspieler in Lockender Lorbeer
- 1968: Golden Globe für Camelot – Am Hofe König Arthurs
- 1969: Grammy in der Kategorie „Bestes Arrangement mit Gesangsbegleitung“ für MacArthur Park
- 1971: Nominierung für den Goldenen Bären für Bloomfield
- 1971: „Bronze Wrangler“ des Western Heritage Awards für Ein Mann, den sie Pferd nannten
- 1971: Preis des Internationalen Filmfestivals Moskau für Cromwell – Krieg dem König
- 1982: Goldene-Himbeere-Nominierung, schlechtester Schauspieler in Tarzan – Herr des Urwalds
- 1991: Oscar-Nominierung, bester Hauptdarsteller in Das Feld
- 1991: Golden-Globe-Nominierung, bester Hauptdarsteller (Drama) in Das Feld
- 1993: „Bronze Wrangler“ des Western Heritage Awards für Erbarmungslos
- 2001: Dilys Powell Award der London Critics Circle Film Awards
- 2002: British Independent Film Award (posthum) für My Kingdom
Auszeichnungen für das Lebenswerk
- 2000 Wine Country Film Festival
- 2000 Europäischer Filmpreis
- 2001 Empire Awards
Richard Harris Award
Im Jahr 2002 stifteten die British Independent Film Awards (BIFA) im Gedenken an sein Lebenswerk den Richard Harris Award für herausragende Beiträge eines Schauspielers (Outstanding Contribution by an Actor). Der Preis wird seit 2003 jeweils im Rahmen der Preisverleihung der BIFA vergeben. Bisherige Preisträger sind John Hurt (2003), Bob Hoskins (2004), Tilda Swinton (2005), Jim Broadbent (2006), Ray Winstone (2007), David Thewlis (2008), Daniel Day-Lewis (2009), Helena Bonham Carter (2010), Ralph Fiennes (2011), Michael Gambon (2012), Julie Walters (2013), Emma Thompson (2014), Chiwetel Ejiofor (2015), Alison Steadman (2016), Vanessa Redgrave (2017), Judi Dench (2018).
Weblinks
- Richard Harris in der Internet Movie Database (englisch)
- Tonträger mit der Musik aus Camelot (Auf dem Original-Soundtrack ist Richard Harris' Stimme als König Artus zu hören.)
- The Round Table – Eine internationale Richard-Harris-Fanpage
- Nachruf auf R. Harris von G. Seeßlen auf www.filmzentrale.com
Einzelnachweise
- An der Aufnahmesession bei Atlantic nahmen u. a. Armen Halburian als Perkussionist und der Keyboarder Bob James teil, dazu gab auch Background-Gesang (zu den Background-Sängern gehörte u. a. ein junger Barry Manilow)