Reinhold Nägele

Reinhold Nägele (* 17. August 1884 in Murrhardt; † 30. April 1972 in Stuttgart) war ein deutscher Maler und Grafiker.

Büste Reinhold Nägele im Stuttgarter Weißenburgpark

Leben

Reinhold Nägele ging als Jugendlicher bei seinem gleichnamigen Vater, einem Dekorationsmaler und Sohn des Murrhardter Schlossers und Abgeordneten Ferdinand Nägele, in die Lehre. Er war Schüler am Dillmann-Realgymnasium in Stuttgart. Danach besuchte er die Kunstgewerbeschule in Stuttgart. 1907/1908 wurden seine Werke in Berlin bei Paul Cassirer ausgestellt; dies verhalf ihm zu größerer Bekanntheit. Während des Ersten Weltkriegs war er 1916 bei der Fliegerersatzabteilung (FEA 10) in Böblingen stationiert.

Stuttgarter Zeit

Nägele war 1923 einer der Mitbegründer der Stuttgarter Secession (der späteren Stuttgarter Neuen Sezession) und deren stellvertretender Leiter. In dieser Zeit freundete er sich mit dem Künstler Paul Kälberer an. Von 1931 an schloss er sich mit diesem und anderen (z. B. Wilhelm Geyer) in der Vereinigung Freunde schwäbischer Grafik zusammen, die 1937 offiziell aufgelöst wurde, nachdem sie sich weigerte, Nägele als „jüdisch versippten“ Künstler auszuschließen.

Verfemung und Emigration

1937 erging ein Berufsverbot. Im gleichen Jahr wurde Nägele aus der Reichskammer der Bildenden Künste ausgeschlossen.[1]

Nägeles jüdische Ehefrau Alice Nördlinger durfte bereits seit 1933 nicht mehr als Ärztin praktizieren. Nägele und seine Familie unterlag seitens der Nationalsozialisten einem weitgehenden Kontaktverbot. Nur wenige Künstler- und Stuttgarter Sezessionskollegen wie Georg Alfred Stockburger und Tell Geck hielten weiter den Kontakt zu Familie Nägele.[2]

1939 emigrierte Nägele mit Ehefrau und drei Kindern auf Vermittlung seines Förderers, des Kunstmäzens Hugo Borst (kaufmännischer Direktor der Firma Robert Bosch, Stuttgart) und des von ihm eingeschalteten Robert Bosch über Paris und London nach New York City. Nägele war zur äußeren Emigration gezwungen, denn er wollte und konnte Frau und Kinder nicht durch eine Scheidung verraten. Seine Sezessionskollegen Stockburger und Geck dagegen gingen als „entartete Künstler“ diffamiert auf je eigene Weise in die Innere Emigration und gaben ihr öffentliches Leben als bildende Künstler auf.

Rückkehr nach Stuttgart

Nach dem Tod seiner Frau kehrte Nägele 1963 nach Deutschland zurück, wo er 1972 verstarb.[3] Reinhold Nägele war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[4]

Werk

Nägele entwickelte die alte, anspruchsvolle Technik der Hinterglasmalerei zu seinem speziellen Bildmedium.

Bekannt wurde er vor allem durch seine Stadtansichten von Stuttgart, aber auch anderer Städte, und Darstellungen schwäbischer Landschaften, aber auch (Selbst-)Porträts und surreale Bilder. In den USA schuf er Stadtansichten wie Times Square New York (1953).

Das Kunstmuseum Stuttgart hat 116 Exponate des Œvres in seiner Sammlung.[5] Einige seiner Bilder sind:[6]

  • 1909: Selbstbildnis
  • 1924: Bauausstellung Stuttgart
  • 1924: Abbrucharbeiten am alten Stuttgarter Bahnhof
  • 1925: Straßenkampf
  • 1926: Stuttgarter Bahnhofsvorplatz
  • 1928: Weißenhofsiedlung Stuttgart bei Nacht
  • 1930: Aussicht vom Bahnhofsturm auf die nächtliche Königstraße und Umgebung
  • 1938: Stuttgart (vom Kriegsberg) bei Nacht

Ehrungen

Gedenktafel zum 100-jährigen Geburtstag am Geburtshaus in Murrhardt
  • Am 5. August 1960 wurde Reinhold Nägele die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt Murrhardt verliehen.
  • Am 15. September 1971 wurde in Weinstadt eine Realschule nach Reinhold Nägele benannt.
  • Am 6. Juni 2008 wurde im Weißenburgpark in Stuttgart eine Stele mit der Büste von Reinhold Nägele aufgestellt.[7]
  • Am 16. Oktober 2010 wurde im Stuttgarter Stadtteil Killesberg eine Straße nach Reinhold Nägele benannt.

Ausstellungen

Literatur

  • Franz Menges: Nägele, Reinhold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, ISBN 3-428-00199-0, S. 698 f. (Digitalisat).
  • Thomas Naegele: Reinhold-Nägele-Exlibris. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0557-4.
  • Brigitte Reinhardt: Reinhold Nägele. Theiss, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0296-6.
  • Kunstmuseum Stuttgart (Hg.): Reinhold Nägele. Chronist der Moderne, Stuttgart: Kunstmuseum 2018.
Commons: Reinhold Nägele – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Susanne Rueß: Das Schicksal jüdischer Ärzte in Württemberg und Hohenzollern. Hrsg.: Heinz Högere/Peter Müller/Martin Ulmer. Ausgrenzung Raub Vernichtung. NS-Akteure und "Volksgemeinschaft" gegen die Juden in Württemberg und Hohenzollern 1933 bis 1945, ISBN 978-3-945414-69-9.
  2. vgl. hierzu: Brigitte Reinhardt, Reinhold Nägele, Dieter Hannemann: Reinhold Nägele. 1984, ISBN 3-80620296-6, Seite 191.
  3. Günther Wirth: Kunst im deutschen Südwesten von 1945 bis zur Gegenwart. Hatje, Stuttgart 1982.
  4. kuenstlerbund.de: Ordentliche Mitglieder des Deutschen Künstlerbundes seit der Gründung 1903 / Nägele, Reinhold (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kuenstlerbund.de (abgerufen am 19. November 2015)
  5. Monika Köhler: Bis ins kleinste Detail. In: „Südkurier“, 1. März 2018.
  6. VG Bild-Kunst, Bonn.
  7. Heidemarie A. Hechtel: Herr Nägele ist wieder da. In: Stuttgarter Zeitung. 12. August 2017, S. 24.
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