Rauhebergtunnel
Der Rauhebergtunnel (auch: Tunnel Rauheberg) ist ein 5.210 m langer Eisenbahntunnel der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg (Streckenkilometer 114,399 bis 119,610[1]). Er unterquert, östlich der niedersächsischen Stadt Hann. Münden den Rauheberg und trägt daher seinen Namen.[2] Nach dem Ortsteil Lippoldshausen, der etwa 600 m nördlich des Südportals liegt, wird er auch Lippoldshauser Tunnel genannt. Er ist der zweitlängste Tunnel in Niedersachsen.
Rauhebergtunnel Tunnel Rauheberg | ||||
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Südportal des Rauhebergtunnels | ||||
Verkehrsverbindung | Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg | |||
Ort | Hann. Münden | |||
Länge | 5210 m | |||
Anzahl der Röhren | 1 | |||
Größte Überdeckung | ca. 120[1] | |||
Bau | ||||
Bauherr | Deutsche Bundesbahn | |||
Baubeginn | 1983 | |||
Fertigstellung | ca. Dezember 1987 | |||
Betrieb | ||||
Betreiber | Deutsche Bahn | |||
Freigabe | 1991 (kommerzielle Inbetriebnahme) | |||
Lage | ||||
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Koordinaten | ||||
Portal 1 | 51° 26′ 15″ N, 9° 47′ 7″ O | |||
Portal 2 | 51° 24′ 35″ N, 9° 43′ 32″ O |
Verlauf
Der Tunnel verläuft in südwestlicher Richtung und unterquert dabei die Wasserscheide zwischen Leine und Werra.
Die Trasse verläuft Richtung Süden zunächst in einer Rechtskurve und geht anschließend in eine lange Gerade über.[1] Die Gradiente fällt im Tunnel mit 12,499 Promille zum Südportal hin ab. Die Überdeckung erreicht bis zu 120 m[3], nach anderer Quelle 118 m[4].
Nördlich schließt sich an den Tunnel ein 490 m langer (Bau-Km 113,910 bis 114,400) Voreinschnitt an, südlich ein Voreinschnitt von 775 m Länge (Bau-Km 119,610 bis 120,385), die als Überleitstelle genutzt wird (Stand aller Längenangaben: etwa 1986). Die Gradiente fällt Richtung Süden kontinuierlich ab.[2] Im Norden schließt sich (nach einem 900 m langen Einschnitt[5]) der Mackenrodttunnel, im Süden die Werratalbrücke Hedemünden an.
Im nördlichen Bereich durchörtert die Röhre Schichten des Unteren Muschelkalks, im mittleren Teil liegen Schichten des Oberen Buntsandsteins an. Im Südabschnitt liegen Schichten von Lockergestein aus Muschelkalk und Röt sowie Sand- und Kies-Ablagerungen an, im Südabschnitt[3] überwiegend Quartär. Der Bergwasserspiegel liegt überwiegend unterhalb der Sohle.[2]
Geschichte
Planung
Der südliche Abschnitt, mit einer Länge von 1020 m, sollte ursprünglich als bis zu 20 m tiefer[6] Einschnitt ausgeführt werden. Um die Eingriffe in den Naturpark Münden zu minimieren, wurde hier letztlich ein Tunnelabschnitt in offener Bauweise erstellt.[7]
In den Jahren 1980 und 1981 wurde der Baugrund durch ein geologisches und hydrologisches Vorerkundungsprogramm untersucht.[2]
Der Tunnel war Teil eines 6.475 m langen Bauloses, das sich über die Baukilometer 113,910 bis 120,385 erstreckte.[2]
Bau
Die Bauarbeiten begannen im Spätsommer 1983.[2] Der Vortrieb wurde im November 1983 aufgenommen.[7] Der Tunnel wurde am 28. November 1983 angeschlagen.[8]
Ausgehend von einem Zwischenangriff wurde der Großteil des Tunnels, auf einer Länge von 4.190 m (Bau-Km 114,400 bis 118,590) in Spritzbetonbauweise errichtet.[2][1] Die südlichsten 1.020 m (Bau-Km 118,590 bis 119,610) wurden in offener Bauweise errichtet.[3]
Im bergmännischen Vortrieb wurden der Tunnel von Süd nach Nord bei Abschlagslängen von 0,75 bis 2,0 m vorgetrieben. Der Vortrieb der Kalotte lief dem Strossenvortrieb 120 bis 200 m voraus. Bei der offenen Bauweise wurden in einem Taktverfahren jeweils 11 m lange Abschnitte erstellt. Der Tunnel weist ein Maulprofil von rund 9 m Höhe und einer lichten Weite von 12,50 m auf. Das Sohlgewölbe wurde, je nach geologischen Erfordernissen, bis zu 90 cm stark ausgeführt.[2]
Der Ausbruchsquerschnitt lag zwischen 124 und 142 m², die ausgebrochenen Massen wurden überwiegend im Umkreis deponiert.[2] Im bergmännischen Vortrieb wurden 540.000 m³ Material ausgebrochen und ca. 198.000 m³ Spritzbeton, rund 110.000 m³ Folienabdichtung, etwa 32.000 m³ Stahlbeton (für die Innenschale) und ca. 2.000 t Betonstahl verbaut. Im offenen Abschnitt wurden 700.000 m³ Erde bewegt, 36.000 t Stahlbeton und 3.500 t Betonstahl verbaut. Für die beiden Voreinschnitte wurden weitere 700.000 m³ Erde bewegt.[2] (Eine andere Quelle spricht von 590.000 m³ Materialausbruch im Tunnel sowie weiteren 1.035.000 m³ Material in den Voreinschnitten. Insgesamt wurden demnach 187.000 m³ Beton und 17.000 t Stahl eingebaut.[3])
Am Übergang vom Buntsandstein zum Muschelkalk musste der Vortrieb im März 1986 vorübergehend eingestellt werden, nachdem statt der prognostizierten 20 Liter bis zu 400 Liter Bergwasser pro Sekunde angefallen waren. Nach Herstellung eines zirka 70 m langen Vorstollen zur Entwässerung sowie Gebirgsvergütungen konnte der Vortrieb nach drei Monaten wieder aufgenommen werden.[3]
Die Vortriebsarbeiten endeten im Juli 1987.[7]
Die Röhre wurde im Auftrag der Projektgruppe Nord der Bahnbauzentrale bei der Bundesbahndirektion Hannover von einer Arbeitsgemeinschaft von Ingenieure Mayreder, Kraus & Co.[4] (München) unter Federführung der Philipp Holzmann AG errichtet.[2] Die Bausumme lag bei rund 200 Mio. D-Mark (etwa 105 Mio. Euro).[3]
Betrieb
Der Tunnel wurde 1989 in Betrieb genommen.[1]
Bei einer Routeinspektion wurden 2007 im Bereich des Übergangs vom Muschelkalk zum Buntsandstein kleine Risse in der Innenschale dokumentiert. Bei Arbeiten zur Spülung der Entwässerung fielen im April 2011 deutlich ausgeprägtere Risse auf, die im selben Monat ausgeführt wurden. Die Standsicherheit im Schadensbereich wurde durch Ertüchtigungsmaßnahmen wiederhergestellt.[1]
Nachdem es Ende August 2011 zu einem Wassereinbruch gekommen war, wurde der Tunnel zunächst gesperrt. Vom 1. November bis 20. Dezember 2011 sollte eine Sanierung laufen (Stand: Oktober 2011). Aufgrund der damit verbundenen Kapazitätsbeschränkungen sollten zwei IC-Linien in diesem Bereich über die Bestandsstrecke umgeleitet werden.[9]
Im Jahr 2013 wurde eine automatisierte messtechnische Überwachung im Schadensbereich durch automatisierte Tachymeter und Ankerkraftmessungen ergänzt. Daneben erfolgten Entlastungsbohrungen und -leitungen durch Gewölbe und Sohle.[1]
Am frühen Morgen des 18. Mai 2014 fand im Rauhebergtunnel eine Rettungsübung statt.[10]
In die Sanierung des Streckenabschnitts Kassel–Göttingen, zwischen dem 23. April 2021 bis 16. Juli 2021, war auch der Tunnel einbezogen. Die Sanierung im Tunnelbereich fiel der DB Bahnbau Gruppe zu.[11] Im Vorfeld dazu wurden geologische Erkundungsbohrungen ausgeschrieben.[12] Die Erkundungen waren zwischen km 115,9 und km 116,4 vorgesehen.[1]
Da die Rissbildung im problematischen Abschnitt des Tunnels trotz der Sanierung im Jahr 2011 weiter voranschreitet, wird voraussichtlich im Jahr 2024 eine erneute hinhaltende Ertüchtigung notwendig werden, bevor der Abschnitt in den 2030er Jahren grundhaft erneuert werden soll.[13]
Technik
Der nördliche Abschnitt wurde aufgrund des starken Bergwasseranfalls nachträglich angepasst und ausgelegt, dauerhaft dem Druck des etwa 50 m über dem First liegenden Wassers standzuhalten. Die Innenschale wurde in diesem Bereich bis zu 60 cm stark ausgeführt, die Sohle aus bis zu 2 m starken, wasserundurchlässigen Stahlbeton. Die Gewölbedicken liegen im Bereich der offenen Bauweise zwischen 60 und 130 cm.[3]
Der Wasserdruck, gegen den der Tunnel bemessen wurde, liegt bei bis zu sieben Bar.[14]
Weblinks
Einzelnachweise
- Christoph Flohr: Bohrarbeiten Rauheberg Tunnel. (PDF) In: bieterportal.noncd.db.de. 4. November 2020, S. 3 f., 6, 8 f., archiviert vom Original am 7. November 2020; abgerufen am 7. November 2020 (Datei Anlage 3.00 Vorbemerkungen Rauheberg Tunnel.pdf in verschachteltem ZIP-Archiv der Ausschreibungsunterlagen).
- Philipp Holzmann AG: Rauheberg-Tunnel, Datenblatt, 4. S., Frankfurt am Main, ca. 1986.
- Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Hannover, Projektgruppe Hannover–Würzburg Nord der Bahnbauzentrale: Tunnelbau im Nordabschnitt der Neubaustrecke Hannover–Würzburg, Broschüre (22 Seiten), Stand: Januar 1987, S. 17.
- Erprobung von Spritzbetontechniken und ihr Einfluß auf den Baufortschritt bei zwei Tunneln der DB-Neubaustrecke Hannover–Würzburg. In: Forschung + Praxis, ZDB-ID 250683-x, Jahrgang 30, S. 52–58.
- DB Projektgruppe Hannover-Würzburg (Nord) (Hrsg.): Neubaustrecke Hannover–Würzburg: Rosdorf, Mengershausen, Broschüre (12 Seiten, gefaltet) mit Stand vom 1. September 1983.
- Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe Hannover–Würzburg Nord der Bahnbauzentrale, Bundesbahndirektion Hannover: Die Neubaustrecke Hannover–Würzburg. Der Abschnitt Göttingen–Kassel. Broschüre (36 Seiten), Oktober 1983, S. 24.
- Projektgruppe NBS Hannover der Bahnbauzentrale, Bundesbahndirektion Hannover (Hrsg.): Tunnelbau im Nordabschnitt der Neubaustrecke Hannover – Würzburg. Broschüre mit Stand von November 1987, S. 19.
- Belter: Große Fortschritte beim Bau der Tunnel für die Neubaustrecken. In: Der Eisenbahningenieur, Jg. 34, 1983, Heft 12, S. 661 f.
- DB AG: Tunnelsanierung der SFS Göttingen – Kassel. Eurailpress.de, Meldung vom 20. Oktober 2011.
- Landkreis Göttingen (Hrsg.): Einsatzübung der Feuerwehren am Rauhebergtunnel. Presseinformation vom 18. Mai 2014.
- Thomas Heise, Thomas Skodowski, Chris-Adrian Dahlmann, Andreas Stoppel: SFS 1733: Sanierung in Rekordzeit. In: Der Eisenbahningenieur. Band 72, Nr. 10, Oktober 2021, ISSN 0013-2810, S. 21–24.
- Bohrarbeiten Rauheberg Tunnel. In: bieterportal.noncd.db.de. Deutsche Bahn, 6. November 2020, archiviert vom Original am 7. November 2020; abgerufen am 7. November 2020.
- Gutachten Strecke 1733 Risssanierung Rauhebergtunnel. In: bieterportal.noncd.db.de. Deutsche Bahn, archiviert vom Original; abgerufen am 24. November 2021.
- Friedrich Schrewe, Leo Glatzel: Sind Eisenbahntunnel umweltschonend?. In: Die Bundesbahn, Jahrgang 65 (1969), Heft 7, ISSN 0007-5876, S. 603–606.