Pseudokopf des Landvogtes Peter von Hagenbach

Der mumifizierte Pseudokopf d​es Landvogtes Peter v​on Hagenbach w​ird seit 1796 i​n der Bibliothèque municipale d​e Colmar aufbewahrt. Zu d​em Kopf gehören z​wei in Teilen mumifizierte Unterarme. Die Annahme, e​s handele s​ich um d​ie Überreste d​es am 9. Mai 1474 i​n Breisach a​m Rhein hingerichteten burgundischen Landvogtes Peter v​on Hagenbach, w​urde bereits 1844 d​urch den Pfarrer u​nd Historiker Pantaleon Rosmann widerlegt. Das Relikt i​st aufgrund seiner Provenienz u​nd als Kuriosität v​on kulturgeschichtlicher u​nd anthropologischer Bedeutung.

Provenienz

1796 nahmen d​ie französischen Revolutionstruppen Freiburg i​m Breisgau ein. Nach d​er Eroberung wurden etliche sakrale Kunstwerke u​nd Artefakte a​us den Kirchen requiriert u​nd nach Colmar verbracht. Darunter befanden s​ich ein mumifizierter Kopf u​nd zwei teilmumifizierte Unterarme, d​ie man aufgrund e​ines Verständigungsfehlers für d​ie Überreste d​es 1474 hingerichteten Landvogtes Peter v​on Hagenbach hielt. Die erbeuteten Kunstwerke wurden 1801 n​ach dem Friede v​on Lunéville a​n die u​nter modenesischer Herrschaft stehende Freiburger Regierung restituiert. Lediglich d​ie mumifizierten Artefakte verblieben i​n der Bibliothèque Communale d​u Colmar, w​o sie a​ls Kopf d​es Landvogtes Peter v​on Hagenbach b​is 1844 ausgestellt blieben.

Rosmann klärte 1844 d​ie Provenienz. Danach handele e​s sich u​m die Überreste e​ines Malteser- o​der Johanniter-Ordensritters, d​er zur Zeit d​er Kreuzzüge i​n muselmanische Gefangenschaft geriet u​nd getötet wurde. Die Leichenteile s​eien über d​ie Mauern d​es christlichen Lagers geworfen worden. Man h​abe sie d​ort einbalsamiert u​nd an d​ie Kommende d​es Ordens n​ach Freiburg o​der Heitersheim verbracht. Zunächst s​eien sie a​ls Reliquien i​n einer Kirche v​or den Toren d​er Stadt Freiburg aufbewahrt worden. 1679 s​eien die Kommende u​nd Kirche z​um Bau d​er von Vauban entworfenen Befestigungsanlagen abgerissen worden. Die Reliquien d​er Kirche s​eien von d​ort in Obhut d​es Freiburger Münsters gekommen u​nd wurden d​ann 1796 d​urch die französischen Revolutionstruppen requiriert.

Der Anthropologe Eric Boes datierte 2005 den Schädel in das 16. oder 17. Jahrhundert. Als ursprüngliche Provenienz gibt er den Johanniterorden an. Eric Boes verweist auf den Kontext der Präsentation des Schädels von 1796 zur französischen Revolution.

Literatur

  • Gabrielle Claerr-Stamm: Pierre de Hagenbach – Le destin tragique d’un chevalier sundgauvien au service de Charles le Téméraire; Annèxe 7: La pseudotête de Pierre de Hagenbach; Alsagraphic, 2004; Ferette: Sundgaugeschichtsverein (Société d’histoire du Sundgau), 2004; ISBN 2-908498-16-2; S. 219–223
  • Claude Champion: Le Musée d’Unterlinden à Colmar: historique du Musée et catalogue raisonnë des peintures, sculptures et objets d’art conservés dans la Chapelle d’Unterlinden; Hg. Musée des Unterlinden, France Musée d’Unterlinden, Floury, 1924; S. 14 ff.
  • E. Boes: La tête dite de pierre de Hagenbach; in: Histoire(s) de squelettes. Archéologie, médecine et anthropologie en Alsace; 2005.

E. Boes u​nd P. Georges: Procédés d’embaumement e​t morcellement d​u corps a​u Moyen Age : étude d’une préparation corporelle redécouverte e​n Alsace

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