Principalía
Die Principalía oder Führungsschicht[1] war die gebildete Oberschicht in den Städten der kolonialen Philippinen, bestehend aus dem Gobernadorcillo (Bürgermeister), den Cabezas de Barangay (Anführern der Barangays), die die Distrikte regierten,[2][3] sowie den Trägern der Medaille für zivile Verdienste.[4]
Die Aufnahme in den Kreis der Principalía konnte gemäß dem Königlichen Erlass vom 20. Dezember 1863 – unterzeichnet im Namen der Königin Isabella II. von Spanien durch den Minister für Kolonien, José de la Concha – entweder erworben oder ererbt werden. Fertigkeiten der Spanischen Sprache waren Voraussetzung, wenn man in diesen Kreis aufstieg. Für diejenigen, die diese Ehre ererbt hatten, entfiel diese Voraussetzung.[5] Der königliche Erlass wurde in den Philippinen vom Generalgouverneur durch ein Rundschreiben bekanntgemacht.[6]
Mit dem Regierungswechsel von der Monarchie unter spanischer Herrschaft zur Demokratie unter den Vereinigten Staaten von Amerika verloren die Principalía und ihre Abkömmlinge ihre gesetzlich verankerte Macht und ihre sozialen Privilegien.
Privilegien
Diese vornehme Oberklasse war während der spanischen Kolonialzeit von der Zwangsarbeit befreit. Als Aristokraten der Städte konnten sie in etwa mit den Patriziern des Alten Roms oder den italienischen Stadtstaaten verglichen werden. Die Mitglieder dieser Klasse genossen exklusive Privilegien:
Die cabezas, ihre Ehefrauen und Erstgeborenen waren von den Tributzahlungen an die Spanische Krone ausgenommen.[7] Nur die Mitglieder der Principalía durften an Wahlen teilnehmen und zu öffentlichen Ämtern gewählt werden. Sie waren stets mit dem Titel Don oder Doña anzureden.[8] Sie nahmen auch gewisse Rollen in der Kirche wahr, wie etwa die Assistenz des Priesters in pastoralen und religiösen Aktivitäten.
Im Allgemeinen wurden die sozialen Privilegien der Adligen als gerechtfertigt angesehen, das sie auch höhere soziale Verantwortung trugen. Der Gobernadorcillo erhielt in dieser Zeit ein nominelles Gehalt und bekam keine staatliche Unterstützung für öffentliche Dienste. Vielmehr musste der Bürgermeister die Verwaltung seiner Gemeinde dadurch unterstützen, indem er sich um das Postamt oder das Gefängnis kümmerte sowie um die Errichtung und Reparatur der öffentlichen Infrastruktur und Gebäude.[9][10][11]
Geschichte und Entwicklung
Von Anfang der Kolonialzeit auf den Philippinen an baute die spanische Krone auf die althergebrachte sozio-politischen Strukturen der Barangays und gleichzeitig auf die traditionellen indigenen Anführer, wie etwa die Datus und machte dadurch ihren Herrschaftsanspruch indirekt geltend.[12] Zur Durchsetzung dieser Politik erließ König Philipp II. von Spanien am 11. Juni 1594 ein Gesetz, das die Würden und Regierungsprivilegien der Indianerhäuptlinge weiterhin garantierte, sofern sie den katholischen Glauben annahmen und ausübten. Er befahl auch den Spanischen Gouverneuren, diese einheimischen Adligen gut zu behandeln. Der König ordnete darüber hinaus an, dass die Eingeborenen diesen Adligen denselben Respekt wie vor der Kolonialisierung zu zollen hatten, jedoch ohne Beeinträchtigung der Dinge, die dem König selbst oder seinen encomenderos (Bevollmächtigten) gebührt.
Das königliche Dekret lautet: “Es ist nicht rechtens, dass die Indianerhäuptlinge der Philippinen nach der Bekehrung in einem schlechteren Zustand seien; vielmehr sollten sie eine dergestaltige Behandlung erfahren, die ihre Zuneigung gewinnt und sie uns ergeben macht, so dass zu den geistlichen Segnungen die Gott ihnen mit ihrer Bekehrung hat zuteil werden lassen, die zeitlichen Segnungen hinzukommen mögen und sie zufrieden und angenehm leben mögen. Daher befehlen wir den Gouverneuren dieser Inseln, sie gut zu behandeln und sie, in unserem Namen, mit der Regierung derjenigen Indianer zu betrauen, deren Anführer sie auch vorher waren. Auch sonst mögen die Gouverneure sehen, dass die Häuptlinge begünstigt werden und dass ihnen die Indianer etwas als Anerkennung bezahlen, genauso wie sie es taten als sie noch Heiden war, sofern es den Tribut, den sie an uns bezahlen nicht beeinträchtigt oder dem, was den Encomendores zusteht, abträglich ist.”[13]
Durch dieses Gesetz wurden die lokalen Filipinofürsten Gefolgsleute (encomenderos) des spanischen Königs, der das Land indirekt durch diese Adligen regierte, wenngleich unter der Aufsicht der spanischen Kolonialbeamten. Dieses System des indirekten Regierens war bei der Befriedung der ländlichen Gegenden äußerst hilfreich und institutionalisierte die Rolle einer Oberschicht der "Principalía" oder der "Principales" bis zum Ende der spanischen Kolonialzeit auf den Philippinen im Jahr 1898.
Die Principalía war größer und einflussreicher als die vor-koloniale indigene Adelsklasse. Sie half mit, in den spanischen Kolonien ein oligarchisches System aufzubauen und für mehr als dreihundert Jahre aufrechtzuerhalten.[14]
Die Gesetzgebung der spanischen Kolonialregierung verbot Ausländern, auf den Philippinen Land zu erwerben. Dies trug wesentlich dazu bei, diese besondere Form der Oligarchie zu fördern. In einigen Provinzen der Philippinen verheirateten sich viele Spanier und ausländische Händler mit dem dort ansässigen Malayo-Polynesischen Adel. Aus diesen Verbindungen ging eine neue kulturelle Gruppe hervor, die Mestizos. Ihre Nachkommen entwickelten sich zu einem einflussreichen Teil der Regierung und der Principalía.[15]
Symbolzeichen
In der späteren spanischen Kolonialzeit begann die Klasse der elitären christlichen Landbesitzer ein charakteristisches Salakot zu tragen, einen philippinischen Kopfschmuck, der traditionell von den Indianern getragen wurde.[16] Anstelle des für den Kopfschmuck von den Filipinos üblicherweise verwendeten Rattans oder Schilfgras oder verschiedenen Muscheln, benutzten die Principales wertvollere Materialien wie etwa Schildpatt oder wertvolle Metalle. Die Verzierungen dieser Salakots bestanden aus getriebenem Silber und waren manchmal mit silbernen Münzen verziert oder Anhängern, die vom Rand der Kopfbedeckung herabhingen.[17]
Siehe auch
Literatur
- Regalado Trota Jose, The Many Images of Christ (vor allem der Abschnitt: Spain retains the old class system) in Kasaysayan: The Story of the Filipino People, Jose S. Arcilla, ed, Philippines: Asia Publishing Company, Limited, 1998, Vol. III, pp. 178–179.
- Alfredo R. Roces, et al., eds., The Ruling Class in Filipino Heritage: The Making of a Nation, Philippines: Lahing Pilipino Publishing, Inc., 1978, Vol. V, pp. 1155–1158.
Einzelnachweise
- Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVII, p. 331.
- 1893 wurde das Mauragesetz beschlossen, um die Stadtverwaltungen zu reorganisieren, mit dem Ziel, sie effektiver und autonomer zu machen und in diesem Zusammenhang wurde 1895 der Begriff des 'gobernadorcillo' zum 'capitan municipal'
- Der Anstieg der philippinischen Bevölkerung während der spanischen Kolonialzeit erforderte konsequenterweise die Schaffung und Wahl einer neuen Führungselite und -klasse. Die Entstehung der Mestizenkultur (sowohl Filipinos chinesischer Abstammung als auch Filipinos spanischer Abstammung) machte dies ebenso notwendig, genauso wie die Schaffung verschiedener Gobernadorcillo-Posten für die verschiedenen Mestizengruppen und für die Indianderstämmer, die im gleichen Territorium oder in Städten mit großer Bevölkerung vgl. Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVII, pp. 324- 326.
- vgl. Principalía in Encyclopedia Universal Ilustrada Europeo-Américana, Madrid: Espasa-Calpe, S.A., 1991, Vol. XLVII, p. 410.
- Artikel 16 des Königlichen Erlasses vom 20. Dezember 1863 lautet: Nachdem nun eine Schule in einem Dorf mehr als 15 Jahren existiert, soll kein Eingeborener der die Kastilische Sprache nicht sprechen, lesen oder schreiben kann, Teil der principalía werden, es sei denn, er ererbt diese Ehren. Wenn die Schule dreissig Jahre besteht, sollen nur diejenigen die die oben genannten Bedingen erfüllen von der Kopfsteuer ausgenommen werden. Isabel II, Königlicher Erlass vom 20. Dezember, 1863, Art. 16 in The Philippine Islands (1493-1898), Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XLVI, p. 85.
- Sektion III des am 30. August 1867 unterzeichneten Schreibens lautet: Das Gesetz wurde sorgfältig bedacht und es ist geeignet, dass es der Aufseher vor den Augen der Eltern offenlegt, so dass ihr einfacher Intellekt gut verstehen möge, dass sie ihre Kinder nicht nur zur Schule senden sollen, sondern dass dies auch noch gewinnbringend sei, denn wenn die Schule fünfzehn Jahre im Dorf ihres Stammes besteht, dann können diejenigen, die nicht Kastilisch sprechen, lesen und schreiben können, nicht Gobernadorcillo werden, auch nicht Justizangestellte, noch können sie der Principalía angehören; außer sie haben dieses Privileg ererbt... General Gándara, Circular of the Superior Civil Government Giving Rules for the Good Discharge of School Supervision in The Philippine Islands (1493-1898), Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XLVI, 133.
- Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XLII, p. 326.
- Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XL, p. 218.
- H. de la Costa, S. J., Reading in Philippine History, Manila 1973, pp. 182-183
- Gregorio F. Elizalde, Pageant of Philippine History, Vol. I, p. 294
- Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVII, p. 326.
- Mehr Informationen über das soziale System der vor-kolonialen indigenen philippinischen Gesellschaft unter dem Stichwort Barangay in Enciclopedia Universal Ilustrada Europea-Americana, Madrid: Espasa-Calpe, S. A., 1991, Vol. VII, p.624. Dieser Artikel sagt auch: Los nobles de un barangay eran los más ricos ó los más fuertes, formándose por este sistema los dattos ó maguinoos, principes á quienes heredaban los hijos mayores, las hijas á falta de éstos, ó los parientes más próximos si no tenían descendencia directa; pero siempre teniendo en cuenta las condiciones de fuerza ó de dinero...Los vassalos plebeyos tenían que remar en los barcos del maguinoo, cultivar sus campos y pelear en la guerra. Los siervos, que formaban el término medio entre los esclavos y los hombres libres, podían tener propriedad individual, mujer, campos, casa y esclavos; pero los tagalos debían pagar una cantidad en polvo de oro equivalente á una parte de sus cosechas, los de los barangayes bisayas estaban obligados á trabajar en las tieras del señor cinco días al mes, pagarle un tributo anual en arroz y hacerle un presente en las fiestas. Durante la dominación española, el cacique, jefe de un barangay, ejercía funciones judiciales y administrativas. A los tres años tenía el tratamiento de don y se reconocía capacidad para ser gobernadorcillo, con facultades para nombrarse un auxiliar llamado primogenito, siendo hereditario el cargo de jefe. Es sollte auch darauf hingewiesen werden, dass Cabeza de Barangay der weitaus bekanntere Ausdruck für die Distriktshäuptlinge cacique während der spanischen Kolonialzeit war
- Felipe II, Ley de Junio 11, 1594 in Recapilación de leyes, lib. vi, tit. VII, ley xvi. Die Übersetzung des Gesetz ins Englische von Emma Helen Blair und James Alexander Robertson ist nachzulesen in The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVI, pp. 155-156. Der Originaltext (Recapilación de leyes) in Spanisch lautet: No es justo, que los Indios Principales de Filipinas sean de peor condición, después de haberse convertido, ántes de les debe hacer tratamiento, que los aficione, y mantenga en felicidad, para que con los bienes espirituales, que Dios les ha comunicado llamándolos a su verdadero conocimiento, se junten los temporales, y vivan con gusto y conveniencia. Por lo qua mandamos a los Gobernadores de aquellas Islas, que les hagan buen tratamiento, y encomienden en nuestro nombre el gobierno de los Indios, de que eran Señores, y en todo lo demás procuren, que justamente se aprovechen haciéndoles los Indios algún reconocimiento en la forma que corría el tiempo de su Gentilidad, con que esto sin perjuicio de los tributos, que á Nos han de pagar, ni de lo que á sus Encomenderos. Juan de Ariztia, ed., Recapilación de leyes, Madrid (1723), lib. vi, tit. VII, ley xvi. Diese Quelle befindet sich in der Bibliothek der Estudio Teologico Agustiniano de Valladolid in Spanien.
- Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVII, p. 331; Ibid., Vol. XL, p. 218.
- The Impact of Spanish Rule in the Philippines in www.seasite.niu.edu.Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 1. Oktober 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Blair and Robertson bezeichnen das Salakot als Teil der üblichen Kleidung der Principalía. Sie nennen den Kopfschmuck "Pilzhut": Sie (die Principalía) tragen normalerweise ein schwarzes Jacket, europäische Hosen, Pilzhut und farbige (Samt) Slipper; manche sogar Lackschuhe. Das Hemd ist kurz und über den Hosen getragen. Der Gobernadorcillo Stock mit Quasten (baston), die Lieutenants Gerten (varas). Bei größeren Zeremonien kleiden sie sich ganz formell im Gehrock und hohem Hut... vgl. Emma Helen Blair and James Alexander Robertson, The Philippine Islands (1493-1898), Cleveland: The A.H. Clark Company, 1903, Vol. XVII, p. 331.
- Alfredo R. Roces, et al., eds., Ethnic Headgear in Filipino Heritage: the Making of a Nation, Philippines: Lahing Pilipino Publishing, Inc., 1977, Vol. IV, pp. 1106-1107.