Poeler Kogge
Unter Poeler Kogge versteht man einen Wrackfund nahe Timmendorf auf der Insel Poel, aber auch einen Nachbau in der Interpretation als mittelalterliche Kogge unter dem Namen Wissemara.
Nachbau der Poeler Kogge | ||||||||||||
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Fund
Das Wrack des aufgrund seines Fundortes als Poel 11 bezeichneten Schiffs wurde 1999 nordwestlich der Mole von Timmendorf auf der Insel Poel geborgen. Erste Untersuchungen des Wrackholzes ergaben zunächst, dass die Kiefern um das Jahr 1354 im Gebiet der Stadt Thorn gefällt worden seien, was auf Danziger Herkunft hindeutete. Spätere dendrochronologische Untersuchungen widerlegten diese Datierung, als vermutliches Baujahr wird nun die Zeit um 1773 genannt und die Herkunft nach Finnland verortet.[1][2] Aufgrund des neuzeitlichen Baujahres, mehr als ein Jahrhundert nach dem Niedergang der Hanse und somit weitab von deren Blütezeit, ist es unwahrscheinlich, dass es sich beim Poeler Wrack tatsächlich um den Schiffstyp Hansekogge gehandelt hat. Das Schiff wurde in Klinkerbauweise gebaut.[3]
Anfangs galt der Fund des Poeler Wracks als erster archäologischer Beleg für den speziellen Typ einer „baltischen Kogge“. Diese regionale Form einer Kogge wäre besonders groß und flach, um somit bei geringerem Tiefgang besser auf flachen Bodden- oder Haffgewässern fahren zu können. Durch die neuen Erkenntnisse über das tatsächliche Baujahr lassen sich diese Einschätzungen nun nicht mehr aufrechterhalten.[1] Es ist unklar, ob der Typ einer "baltischen Kogge" so jemals existierte.
Nachbau
Im Wismarer Hafen liegt ein vom Wrackfund Poel 11 inspirierter Nachbau einer Hansekogge. Dieser Nachbau erfolgte unter wissenschaftlicher Anleitung in bewusster Anlehnung an Schiffsbaumethoden des 14. Jahrhunderts. Das Schiff wurde am 29. Mai 2004 per Stapelhub ins Wasser gesetzt und auf den Namen Wissemara getauft. Nach dem Setzen des Mastes, dem Bau des Achterkastells, der Montage eines (zwingend vorgeschriebenen) Hilfsmotors sowie weiterer Arbeiten erfolgte am 9. August 2006 die Jungfernfahrt der Kogge zur Hanse Sail nach Rostock.
Der Nachbau dient während der Liegezeiten im Wismarer Hafen als touristischer Anziehungspunkt. Er wird aber auch für Untersuchungen der experimentellen Archäologie eingesetzt. So können u. a. die Fahr- und Segeleigenschaften am Objekt studiert werden.
Daten
- Typ: Kogge(?) frühneuzeitlicher Bauart
- Beplankung: klinkergebaut
- Länge: 31,50 m
- Breite: 8,50 m
- Tiefgang: 2,00 m
- Material: Kiefer
- Höhe des Mastes: 32,00 m
- Segelfläche: 276 m²
- Antrieb: ein Rahsegel mit drei Bonnets
- Hilfsantrieb: Wellenanlage mit 5-flügeligem Festpropeller aus Bronze
- Besatzung: 10 Personen
Siehe auch
Literatur
Sachliteratur
- Thomas Förster: Große Handelsschiffe des Spätmittelalters. Untersuchungen an zwei Wrackfunden des 14. Jahrhunderts vor der Insel Hiddensee und der Insel Poel. Kuden 2008, ISBN 978-3-86633-012-2.
- Thomas Förster: Schiffe der Hanse. Rostock 2009, ISBN 978-3-356-01336-8.
Belletristische Literatur
- André Jortzik: Hanse, Ritter und Patrizier. Eine Erzählung um die Poeler Kogge. Weiland, Wismar 2008, ISBN 978-3-87890-097-9.
- Birgit Lohmeyer: Nur die Kogge war Zeuge. Hinstorff Verlag, Rostock 2015, ISBN 978-3-356-01872-1.
Einzelnachweise
- SpiegelOnline vom 10. August 2011, abgerufen 23. November 2019
- A. Daly, M. Belasus: The dating of Poel 11 and Hiddensee 12, Mecklenburg-West Pomerania, Germany. In: Int J Nautical Archaeol. 45(1), 2016, S. 170–174.
- M. Belasus: Tradition und Wandel im neuzeitlichen Klinkerbau der Ostsee am Beispiel der Schiffsfunde Poel 11 und Hiddensee 12. Dissertation. Universität Rostock, 2014. (rosdok.uni-rostock.de)