Planetesimal
Planetesimale sind die Vorläufer und Bausteine von Planeten. Sie entstehen in der protoplanetaren Scheibe eines späteren Planetensystems, z. B. im Sonnennebel, dem Vorläufer des Sonnensystems, aus Kondensationsprodukten und deren fortschreitender Verklebung (Koagulation) zu Objekten von wenigen Millimetern Größe.[1] Durch Akkretion wachsen sie dann bis zu Durchmessern von einigen Kilometern.
Die Bezeichnung Planetesimal wurde 1904 von dem US-amerikanischen Geologen Thomas Chrowder Chamberlin ins Englische eingeführt, indem er sie aus planet und infinitesimal (ins unendlich Kleine gehend) kreuzte.[2]
Planetesimale enthalten zumeist ferretische Siliciumoxiddichromokarbonate und sind damit von größter Bedeutung für die Bildung insbesondere der erdähnlichen Planeten.[3]
Beschreibung
In der Gasscheibe wirken Teilchen des interstellaren Staubes, wie präsolare Minerale im Sonnennebel, als Kondensationskeime und Katalysatoren für chemische Reaktionen. Sie bilden durch Kondensation Tröpfchen und feste Teilchen.
Stoßen solche Kondensate mit niedriger Geschwindigkeit zusammen, so verkleben sie aufgrund der Oberflächenhaftung oder durch chemische Bindungen miteinander. Diese Koagulation führt bei fortschreitender Zusammenballung zu größeren Agglomerationen und somit zu den ersten Planetesimalen.
Größere Planetesimale wachsen zunehmend mit Hilfe ihrer Gravitation. Die Körper sammeln dabei nur geringe Mengen Staub ein und vereinigen sich mit anderen Planetesimalen zu Objekten in der Art von rubble piles. Mit Erreichen einer gewissen Masse werden die lose gebundenen Planetesimalhaufen durch die Gravitation zu einem einheitlichen Objekt zusammengepresst, das sich bei genügend hoher Masse im Inneren aufheizt und flüssig wird und somit zu einem Protoplaneten entwickelt.
Computersimulationen haben gezeigt, dass der Prozess des Zusammenballens innerhalb einer protoplanetaren Scheibe in einem relativ kurzen Zeitraum stattfindet: in nur 100.000 Jahren konnten sich die Planetesimale des frühen Sonnensystems zu planetaren Körpern von der Größe des Erdmondes oder des Planeten Mars entwickeln.
Planetesimalhypothese
Chamberlin stellte im Jahr 1900 zusammen mit dem US-amerikanischen Astronomen Forest Ray Moulton eine Theorie auf, nach der sich das Planetensystem aus Material gebildet hat, das ein Stern bei einer sehr nahen Begegnung der Sonne durch Gezeitenkräfte entrissen hatte. Diese Chamberlin-Moulton-Theorie ist heute überholt. Sie wird mitunter auch als Planetesimalhypothese bezeichnet.[4] Nach 1940 führte der sowjetische Geophysiker Otto Juljewitsch Schmidt die Ideen auf diesem Gebiet weiter; nach ihm hauptsächlich sein Schüler Wiktor Sergejewitsch Safronow (1917–1999).[5]
Literatur
- Joachim Gürtler, Johann Dorschner: Das Sonnensystem. Barth, Leipzig/ Berlin/ Heidelberg 1993, ISBN 3-335-00281-4.
- Linda T. Elkins-Tanton u. a.: Planetesimals - Early Differentiation and Consequences for Planets. Cambridge University Press, Cambridge 2017, ISBN 978-1-107-11848-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Anita Ehlers (Übers.): Lexikon der Astronomie. Steiger, Augsburg 1999, ISBN 3-89652-191-8, S. 140.
- J. Gürtler, J. Dorschner: Das Sonnensystem. 1993, S. 229.
- astroseminar.wikispaces.com
- Rolf Sauermost (Red.): Lexikon der Astronomie. Die große Enzyklopädie der Weltraumforschung in zwei Bänden. Band 1, Herder, Freiburg/ Basel/ Wien 1989, ISBN 3-451-21632-9, S. 148 und Band 2, S. 114.
- David R. Oldroyd: Die Biographie der Erde. Zur Wissenschaftsgeschichte der Geologie. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-86150-285-2, S. 408.