Petschaft
Ein Petschaft (das Petschaft, fälschlich auch feminin) ist ein kleiner Siegelstempel aus einem harten Material, der geeignet ist, ein Siegel in eine Siegelmasse (Siegellack usw.) einzudrücken. Typischerweise besteht das Petschaft aus Metall, häufig ist die gravierte Stempelfläche als Halbedelstein eingelassen. Hergestellt wurden solche auch als Schmuck an der Uhrkette getragenen Instrumente von Steinschneidern und Goldschmieden, oft auch von spezialisierten Petschierern; heute ist das Schneiden einer individuellen Stempelfläche die Aufgabe des Graveurs.
Verwendung
Die Verwendung eines Petschafts erfolgt ohne Stempelkissen. Ein Petschaft besteht aus einem harten Material, in das spiegelbildlich ein Siegel eingraviert ist. Es wird in eine (zuvor aufgetragene) weiche Masse (Wachs, warmer Siegellack etc.) gedrückt und hinterlässt dort einen – meist erhabenen – Abdruck des Siegels. Dies kann wie eine Stempelung erfolgen, um ein Schriftstück zu siegeln und so seine Authentizität zu garantieren (letztlich über die anerkannte Stellung des Siegelnden); besonders Lacksiegel wurden und werden jedoch oft zum Verschließen verwendet, um unbefugtes Öffnen von vertraulichen Schriftstücken (Briefe, Dokumente) zu verhindern.
Petschafte finden heute vor allem in Bereichen mit starkem Geheimnisschutz, insbesondere dem militärischen Bereich, Verwendung. Häufiger als Siegelmasse ist heute die Verwendung eines Petschafts mit einem Siegeltopf: An verschließbaren Aufbewahrungsorten wie Stahlschränken oder Stahlkassetten ist am Türspalt bzw. der Deckelöffnung auf der einen Seite des Öffnungsspaltes ein Metalltopf mit 3 bis 4 cm Durchmesser aufgeschweißt, in dem sich eine weiche Knetmasse befindet. Auf der anderen Seite der Öffnungsspalte ist eine Kette, ein Faden oder ein zweiter Metalltopf angeschweißt. Eine Kette wird nun über die Öffnung bzw. den Öffnungsspalt hinweg in die Töpfe hineingedrückt, und mit der Knetmasse abgedeckt. Anschließend wird das Petschaft in die Knetmasse gedrückt, so dass sich ein Abbild abzeichnet. Auf diese Weise kann ermittelt werden, wer zuletzt den Metallschrank bzw. die Metallkassette verschlossen (und vorher geöffnet) hatte. Ein Petschaft enthält dazu in der Regel im Siegelbild nur eine Kurzbezeichnung der Behörde und eine Registriernummer. Anhand dieser Informationen kann der Träger des Petschafts eindeutig identifiziert werden, und ob dieser zum Öffnen des versiegelten Bereiches berechtigt war.
Während ein Schlüssel für einen Schrank oder eine Kassette weitergegeben oder auch nachgefertigt werden kann, ist das Petschaft einer bestimmten Person zugeordnet und darf nicht aus der Hand gegeben werden. Oftmals ist ein modernes Petschaft nur mit einem sehr kurzen Stiel versehen, der gerade zwischen zwei Fingerkuppen passt. Oft ist der Stiel mit einem Loch versehen, um das Petschaft am Schlüsselbund zu befestigen.
Wortbedeutung
Der Begriff Petschaft selbst ist ein Lehnwort aus dem Slawischen. Das Wort petschat taucht bereits im Mittelhochdeutschen auf. In der Folgezeit wandelte sich der Begriff in volksetymologischer Anlehnung an das deutsche Wortbildungsmorphem -schaft.[1] Frühe Belege aus dem süddeutschen Sprachraum könnten darauf hinweisen, dass es sich um eine Entlehnung aus dem Altslowenischen bzw. Alttschechischen pečat (mit der Bedeutung Siegel) handeln könnte. Pfeiffer gibt an, dass der Begriff möglicherweise durch die Verwendung in der Prager Kanzlei verbreitet wurde.[2] In vielen slawischen Sprachen existieren zum Teil sehr ähnliche Wörter; beispielsweise slowakisch pečať (dt. Siegel) oder pečiatka (dt. Stempel) sowie russisch печать (dt. Stempel). Auch im Ungarischen wurde die Bezeichnung aus den slawischen Sprachen entlehnt (pecsét).
Vom Siegelstempel unterscheidet sich das Petschaft nicht prinzipiell, doch wurde und wird es vor allem für kleine, handliche Stempel und Siegelringe, die zum Verschließen von privaten Briefen mit Siegellack dienen, verwendet. Auch auf die so entstandenen Siegel wurde der Begriff häufig übertragen. Dagegen ist die Bezeichnung "Petschaft" für größere Siegelstempel, die etwa in Korporationen und Ämtern zur Beurkundung dienten, heute ungewöhnlich und eher irreführend, ganz falsch überdies für Papierpräge-, Gummi- und andere Farbstempel.
Bilder
- Kästchen mit Siegellack in verschiedenen Farbgebungen und Petschaft, MEK
- Briefbeschwerer und Petschaft, im Bestand des MEK
Sammlungen
- Das Museum Lebensspuren in Wels hält Petschafte historischer Persönlichkeiten, wie etwa von Gustav Klimt und Ludwig XIV., und zeigte 2008/2009 Neuerwerbungen in der Ausstellung Faszination Siegel.[3]
- Das Kestner-Museum in Hannover weist eine Sammlung an Siegelstempeln auf.[4]
- Das Koenraad-Bosman-Museum in Rees am Niederrhein besitzt eine spätmittelalterliche Sammlung von Petschaften.
Siehe auch
Literatur
Belletristik
- Das Petschaft. Eine abentheuerliche Geschichte. Verlag Johann Ludwig Zessler, Frankfurt/M. 1797/1800 (3 Bände).
Sachbücher
- Christoph Battenberg: Die Sammlung der Siegelstempel im Kestner-Museum Hannover. Hannover 1985, ISBN 3-924029-05-9.
- Dagmar Blaha: Erschließung der Siegel- und Petschaftensammlungen für die historische Forschung. In: Archive in Thüringen, Band 2003, S. 15–23.
Weblinks
- Petschaften-Archiv
- 360°-Ansicht der Petschaft der Grobschmiede zu Stargard von 1714. Virtuelles Landesmuseum Mecklenburg
Einzelnachweise
- Günther Drosdowski: Duden, Band 7: Etymologie. Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. 2. Auflage. Dudenverlag, Mannheim 1989, S. 522, ISBN 3-411-20907-0.
- Petschaft. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 26. Oktober 2019
- Archivierte Kopie (Memento vom 23. Januar 2016 im Internet Archive) Faszination Siegel – Sonderausstellung, Neuerwerbungen eines leidenschaftlichen Sammlers, lebensspuren museum > Archiv > Sonderausstellungen, Wels, März 2008 – Juli 2009, abgerufen 23. Januar 2016.
- Kestner-Museum: Die Sammlung der Siegelstempel im Kestner-Museum Hannover. Sammlungskatalog, 1985, 204 Seiten, ISBN 978-3-924029-05-0.