Peter Spuhler (Intendant)
Peter Spuhler (* 7. Juli 1965 in Berlin) ist ein deutscher Dramaturg und Theaterintendant. Er war Intendant des Landestheaters Tübingen, des Theaters und Orchesters Heidelberg und bis 2021 des Badischen Staatstheaters Karlsruhe.
Leben
Peter Spuhler studierte Regie und Dramaturgie am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Er erhielt sein Diplom mit Auszeichnung sowie einen Preis des Österreichischen Wissenschaftsministeriums für seine Diplominszenierung. Nach diversen Hospitanzen und Regieassistenzen an verschiedenen Wiener Theatern arbeitete von 1990 bis 1991 als Dramaturg am Schauspielhaus in Wien. Von 1993 bis 1996 leitete er die Kinder- und Jugendarbeit am Theater der Altmark in Stendal und war zudem als Regisseur und Dramaturg tätig. 1996 wurde er zum Leitenden Dramaturgen und Schauspieldirektor am Volkstheater Rostock ernannt. Danach ging Spuhler von 2002 bis 2005 als Intendant ans Landestheater Tübingen. Von 2005 bis 2011 war er Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg. Seit 2011 ist Spuhler Generalintendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe.
Ab 1993 übernahm er für drei Jahre die Leitung des Kinder- und Jugendtheaters und war Regisseur und Dramaturg am Theater der Altmark / Landestheater Sachsen Anhalt-Nord in Stendal. In diesem Zeitraum erweiterte er das theaterpädagogische Angebot, konzipierte neue Vorstellungsreihen, steigerte die Besucherzahlen erheblich und beteiligte sich an öffentlichen Diskussionen zur Bedeutung des Kinder- und Jugendtheaters.
Später wechselte er zum Volkstheater Rostock, wo er während seiner Amtszeit verschiedene Leitungspositionen bekleidete. So war Spuhler leitender und geschäftsführender Dramaturg und übernahm die dortige Schauspieldirektion. Darüber hinaus war er maßgeblich daran beteiligt, das Haus gegen Spartenschließungen zu verteidigen.
Im Anschluss an seine Amtszeit in Rostock wurde Peter Spuhler zum Intendanten des Landestheaters Württemberg-Hohenzollern in Tübingen/Reutlingen gewählt.
Von 2005 bis 2011 war Peter Spuhler Intendant des Theaters und Philharmonischen Orchesters der Stadt Heidelberg.[1] Die Arbeit von Spuhler und seinem Team stand unter dem Motto „Sehnsucht“ mit jährlich wechselnden Schwerpunktthemen. Alle Inszenierungen und Konzerte waren thematisch am jeweiligen Spielzeitmotto ausgerichtet. In der Jahresumfrage der Deutschen Bühne erreichte Heidelberg viermal einen vorderen Platz in der Rubrik „außergewöhnliche Theaterleistung abseits der großen Theaterzentren“. Bereits in den drei Jahren in Tübingen hatten Spuhler und sein Team mit ihrer Arbeit diesen Platz eingenommen. Darüber hinaus gewann das Heidelberger Theater eine Auszeichnung für das „Beste Konzertprogramm“, den „Junge Ohren Preis“ für sein spartenübergreifendes Projekt „Das neue Wunderhorn“, Förderungen der Bundeskulturstiftung für beispielgebende Projekte und diverse Einzelnennungen in Jahresumfragen für die Künstler des Hauses. Der Opernregisseur Benedikt von Peter erhielt für seine Heidelberger Inszenierung von Hans Zenders Chief Joseph den Götz-Friedrich-Preis. 2010 wurde das Heidelberger Theater aufgrund seines Engagements, Oper Blinden und Sehbehinderten zugänglich zu machen, einer der 365 Orte bei „Deutschland – Land der Ideen“.
1996 war Spuhler Mitbegründer des „Forums junge Dramaturgie“ innerhalb der Dramaturgischen Gesellschaft, deren langjähriges Vorstandsmitglied er ab 1998 und deren Vorsitzender er von 2007 bis Januar 2011 war. Anschließend wurde er zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt. Darüber hinaus ist er Mitglied der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins, des Verleger- und Rundfunkausschusses des Bühnenvereins sowie Stellvertretendes Mitglied im Verwaltungsrat des Bühnenvereins und Mitglied im Verwaltungsrat der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen. Im Sommer 2011 wurde er in den Vorstand des Landesverbands Baden-Württemberg des Bühnenvereins gewählt, im Januar 2012 als sachverständiges Mitglied in den Kulturausschuss der Stadt Karlsruhe. Darüber hinaus ist er Mitglied der Akademie für Darstellende Kunst und der Freien Akademie der Künste Rhein-Neckar, des Chambre Professionnelle des Directeurs d’Opéra, der französischen Intendantenvereinigung, Vorstandsmitglied des europäischen Opernnetzwerkes „Opera Europa“.
Peter Spuhler lehrt als Honorarprofessor an der Karlshochschule International University in Karlsruhe und wird immer wieder als Gastdozent angefragt, so von der Ludwig-Maximilians-Universität München in Verbindung mit der dortigen Theaterakademie, von der Universität Mannheim, der Universität Heidelberg und auch für den Studiengang Arts-Administration der Universität Zürich. Er war und ist in verschiedenen Jurys und Beiräten tätig, auch für die Evangelische Kirche und z. B. zur Erstellung der Kunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg, der Studienstiftung des Deutschen Volkes, des Rotary Clubs Karlsruhe und des Heidelberg Clubs International.
Von Juli 2006 bis Oktober 2010 war Peter Spuhler, der innerhalb seiner Heidelberger Intendanz auch die Festivals „Heidelberger Stückemarkt“, „Heidelberger Schlossfestspiele“ und „Winter in Schwetzingen“ verantwortet, Sprecher der Festivalgruppe der Metropolregion Rhein-Neckar, die sich mit der Profilierung der Metropolregion als Festivalregion beschäftigt. Zusammen mit dem Nationaltheater Mannheim und dem Theater im Pfalzbau Ludwigshafen rief das Theater Heidelberg das Theaterfestival „Junges Theater im Delta“ ins Leben. Das Festival vernetzt die theaterpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Rhein-Neckar-Region. Für diese Initiative erhielten die beteiligten Theater 2010 mit der BASF den „Kulturpreis der Deutschen Wirtschaft“. Als weitere Auszeichnungen erhielt das Heidelberger Theater darüber hinaus den „1. Preis des Deutschen Musikrats“ für das Konzert „Rap it Like Heidelberg“ sowie der „Götz-Friedrich-Studiopreis“, der erstmals vergeben wurde, für den Heidelberger Regieassistenten Elmar Supp und die Kirchenoper „Noahs Flut“. Als weitere Anerkennung war die Förderung aus dem „Wanderlust“-Fonds der Bundeskulturstiftung. Das Theater kooperierte zwei Jahre lang mit dem Beit-Lessin-Theater in Tel Aviv und gestaltete so eines der umfangreichsten deutsch-israelischen Kulturprojekte der letzten Jahre. Darüber hinaus wurde das Heidelberger Theater Mitglied der europäischen Theaterverbände „Opera Europa“ und „European Theater Convention (ETC)“. Innerhalb der ETC entstand ein Klassenzimmerstück mit dem Théâtre de Genève im Rahmen der Initiative „Young Europe“. Die Produktionen des Heidelberger Theaters wurden zu verschiedenen Festivals eingeladen, so u. a. zur Wiesbadener Biennale oder zu „Augenblick mal“, dem Theatertreffen des Kinder- und Jugendtheaters in Berlin.
Spuhler leitete eine Generalsanierung des Heidelberger Theaters in die Wege. Mit Hilfe eines „Bürgerkomitees zur Rettung des Theaters“ gelang es, innerhalb von nur wenigen Jahren, fast 20 Millionen an Spendengeldern für dieses Vorhaben zu sammeln. Diese Initiative wurde 2007 ebenfalls vom Bundespräsidenten als einer der „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Im März 2009 wurden Cornelius Meister und er erste Ehrenmitglieder des „Bürgerkomitees“; Spuhler war darüber hinaus bis zum Ende seiner Intendanz in Heidelberg Mitglied der Lenkungsgruppe der Theatersanierung. Im Herbst 2012 wurde das sanierte und erweiterte Theater wiedereröffnet und erhielt zahlreiche positive Würdigungen in der Fachwelt. Auch für den Theaterbetrieb konnte Spuhler das Spenden- und Sponsoringaufkommen erheblich steigern.
Anlässlich seines Abschieds in Heidelberg wurde Spuhler von Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner in Anerkennung seiner Verdienste um das Heidelberger Theater zu dessen Ehrenmitglied ernannt. Weitere Ehrenmitgliedschaften verliehen der Theaterfreundeskreis, den Spuhler ins Leben gerufen hatte, wie auch die Heidelberger AIDS-Hilfe.
Im Frühjahr 2009 wurde Peter Spuhler zum Generalintendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe gewählt und trat sein Amt mit Beginn der Spielzeit 2011/12 an. Er gründete zwei neue Sparten, das „Junge Staatstheater“ und die Bürgerbeteiligungssparte „Volkstheater“ und eröffnete eine neue Studio-Bühne sowie ein Probebühnenzentrum. Das Staatstheater wurde Mitglied der ETC und gewann eine Förderung aus dem Fonds „Heimspiel“ der Bundeskulturstiftung für sein Projekt Gastfreund / Die Argonauten. Darüber hinaus wurde es „Ort im Land der Ideen“ mit seiner Idee einer Recyclingoper und war eines von drei nominierten Projekten als Bundessieger „Kultur“. Zum Ende der ersten Spielzeit erzielte das Staatstheater den 3. Platz in der Kritikerumfrage der „Deutschen Bühne“ 2012 in der Rubrik „beste Gesamtleistung eines Theaters“ und den Preis des deutschen Verlegerverbands 2012 für das interessanteste Musiktheaterprogramm. Im gleichen Jahr ging auch der Preis für das beste Konzertprogramm an die Badische Staatskapelle. Die stetige Öffnung des Theaters nach außen führte 2014 zur Nominierung des Staatstheaters bei den „International Opera Awards“ in der Kategorie Accessibility.
Im Frühjahr 2012 beschloss der Verwaltungsrat des Staatstheaters Karlsruhe einstimmig eine Generalsanierung sowie den Neubau eines Schauspielhauses mit integriertem Kinder- und Jugendtheater in einem Kostenrahmen von 120 Millionen Euro. Im Herbst 2012 entschied der Verwaltungsrat ebenfalls einstimmig, einen Architektenwettbewerb vorzubereiten, der im Frühjahr 2014, nach vorheriger einstimmiger Bestätigung der Maßnahme im Karlsruher Gemeinderat, ausgeschrieben wurde.
Im Jahr 2015 wurde erstmals über Differenzen zwischen Spuhler und Theaterbeschäftigten berichtet. Im Jahr 2020 wurde erneut Kritik am Führungsstil von Peter Spuhler öffentlich. Vorwürfe betrafen unter anderem Arbeitsüberlastung der Mitarbeiter und einen übermäßig kontrollierenden Führungsstil des Intendanten.[2] Dennoch wurde der Vertrag von Peter Spuhler 2019 um weitere sechs Jahre verlängert.[3]
Am 17. Juli 2020 wurde nach einer Tagung das Verwaltungsrats bekanntgegeben, dass Peter Spuhler im Amt bleiben wird.[4] Zuvor hatten *rund 270 Mitarbeiter vor dem Theatergebäude demonstriert.[5]
Auf Beschluss des Verwaltungsrats des Theaters wurde Spuhlers Vertrag vorzeitig zum 31. August 2021 aufgelöst.[6] Als Nachfolger Spuhlers im Amt des Generalintendanten wurde Ulrich Peters ernannt.[7]
Weblinks
- Peter Spuhler auf der Website des Badischen Staatstheaters Karlsruhe
Einzelnachweise
- Spuhler und Meister verlängern in Heidelberg (Memento vom 29. Juli 2008 im Internet Archive) im ZDFtheaterkanal am 24. Juli 2008
- Andreas Jüttner: „Klima der Angst“ – Staatstheater Karlsruhe: Schwere Vorwürfe von scheidenden Mitarbeitern. In: Badische Neueste Nachrichten. 27. Juni 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Andreas Jüttner: Verwaltungsrat tagt in Karlsruhe – „Stichtag” in Staatstheater-Krise: großer Knall oder kleiner Kompromiss? In: Badische Neueste Nachrichten. 16. Juli 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Andreas Jüttner: Verwaltungsrat hat entschieden – Peter Spuhler bleibt Generalintendant des Badischen Staatstheaters. In: Badische Neueste Nachrichten. 17. Juli 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Andreas Jüttner: Politiker umgehen Demo in Karlsruhe durch vorzeitiges Eintreffen – Hunderte Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters demonstrieren vor Verwaltungsratssitzung. In: Badische Neueste Nachrichten. 17. Juli 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Staatstheater Karlsruhe: Trennung von Spuhler zieht sich hin. 21. Mai 2021, abgerufen am 18. Juni 2021.
- Stuttgarter Zeitung, Stuttgart Germany: Badisches Staatstheater: Ulrich Peters löst als Interimsintendant Peter Spuhler ab. Abgerufen am 18. Juni 2021.