Paul de Chapeaurouge
Paul Henri Adolph Wilhelm Franz de Chapeaurouge (* 11. Dezember 1876 in Hamburg; † 3. Oktober 1952 ebenda) war ein deutscher Jurist und Hamburger Politiker. In der Weimarer Republik war er Hamburger Senator und gehörte 21 Jahre der Hamburgischen Bürgerschaft an, nach dem Krieg wurde er außerdem Mitglied des Parlamentarischen Rates. Aus seiner Familie Chapeaurouge gingen mehrere Staatsräte und Hamburger Senatoren hervor. Verheiratet war de Chapeaurouge mit Oscar Louis Tesdorpfs Tochter Elise.
Leben und Beruf
Nach dem Abitur auf der privaten Bertram-Schule in Hamburg studierte de Chapeaurouge Rechtswissenschaften. Er war seit 1904 Notar in Hamburg und nahm von 1914 bis 1917 als Soldat am Ersten Weltkrieg teil.
Partei
Paul de Chapeaurouge gehörte im Kaiserreich der Nationalliberalen Partei an, die sich 1918 in die Deutsche Volkspartei umgründete. Dieser gehörte er dann bis 1933 an. Bereits zur Jahreswende 1931/32 stellte er Überlegungen über eine Zusammenarbeit mit der NSDAP an, die aber mangels Mehrheit von DVP, DNVP und NSDAP nicht zu eigentlichen Koalitionsverhandlungen führten. Im Januar 1933 gelang es jedoch, die Staatspartei für Verhandlungen zu gewinnen, an denen auch de Chapeaurouge beteiligt war. Die Verhandlungen scheiterten aber im Februar 1933 noch an der Weigerung einiger Staatspartei-Abgeordneter in der Bürgerschaft, NSDAP-Senatoren mitzuwählen. Nach dem Ausschluss der KPD von der Teilnahme an Reichs- und Landtagssitzungen durch eine Notverordnung der Reichsregierung hatten die Rechtsparteien auch ohne die Staatspartei eine Mehrheit in der Bürgerschaft.
Nach dem Zweiten Weltkrieg schloss sich de Chapeaurouge zunächst dem Verein der Mitglieder und Freunde der Deutschen Volkspartei von Erich Röper und Hermann Carl Vering an, der das Ziel verfolgte, eine bürgerliche Sammlungsbewegung unter Führung ehemaliger DVP-Mitglieder zustande zu bringen. Ein Angebot von Christian Koch, dessen Partei Freier Demokraten, des späteren Hamburger FDP-Landesverbandes, beizutreten, lehnte er ab. Schließlich gründete er Ende 1945 den Vaterstädtischen Bund Hamburg, dessen Vorsitzender er auch war. Ein Großteil der Mitglieder des DVP-Freundeskreises und der von dem Kaufmann Franz-Josef Weiss gegründeten Liberalen Partei schloss sich Anfang 1946 dem VBH an.
Neben seiner Führungsrolle im VBH knüpfte de Chapeaurouge Kontakte zum früheren DNVP- und DVFP-Reichstagsabgeordneten Reinhold Wulle, der gerade die Deutsche Aufbaupartei, eine Keimzelle der späteren DKP/DRP, gegründet hatte. Als diese Kontakte nach Rechtsaußen die Zulassung des VBH gefährdeten, zog de Chapeaurouge sich von Wulle zurück und intensivierte die Bemühungen um kleine Gruppen in Hamburg, wie die Partei der bürgerschaftlichen Rechten um das ehemalige DVP-Mitglied Wilhelm Kohrs, die er ebenfalls zum Übertritt in den VBH bewegen konnte. Im Juli 1946 gelang es Chapeaurouge dann schließlich, die Zulassung für seine Partei von der Militärregierung zu erhalten. Wohl wissend, dass die personelle Decke seiner Organisation sehr dünn war, bot er CDU, FDP, Deutscher Konservativer Partei und Niedersächsischer Landespartei an, unter dem Dach des VBH gemeinsam zu kandidieren. Nachdem die FDP dieses Angebot am 22. September 1946 endgültig ablehnte, gelang es Chapeaurouge lediglich noch für sich und Vering, dessen Platz aufgrund des Wahlergebnisses dann nicht einmal zum Einzug in die Bürgerschaft reichte, Listenplätze bei der CDU zu sichern; für eine eigenständige Kandidatur des VBH war es bereits zu spät.
1949 wurde der nur noch formal bestehende VBH dann zur Hülle für die Listenverbindung aus CDU, FDP und DKP. Bereits seit Ende 1948 hatte Chapeaurouge mit CDU, FDP und Deutscher Partei und später auch der DKP erneute Verhandlungen über ein Wahlbündnis geführt, wobei die FDP schließlich ein Bündnis mit der DP ablehnte, so dass lediglich CDU, FDP und DKP gemeinsam antraten. Neben de Chapeaurouge wurde der FDP-Politiker Edgar Engelhard zum gleichberechtigten Vorsitzenden des VBH gewählt. Als sich nach der Wahl CDU, FDP und DKP nicht auf eine gemeinsame Fraktion einigen konnten, löste sich der VBH auch formell auf und de Chapeaurouge und die wenigen verbliebenen Mitglieder des Vaterstädtischen Bundes traten der CDU bei.
Abgeordneter
Von 1917 bis 1933 war Chapeaurouge Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Bei der ersten Bürgerschaftswahl nach dem Zweiten Weltkrieg kandidierte Chapeaurouge im Rahmen einer Wahlabsprache seines VBH auf der Liste der CDU und zog wieder in das Parlament ein. Bei der Bürgerschaftswahl 1949 war er Spitzenkandidat des nun als Listenverbindung fungierenden VBH und gehörte der Bürgerschaft dann bis zu seinem Tode an. Bereits nach Bildung des Wahlbündnisses am 27. September 1949 wurde de Chapeaurouge zum Vorsitzenden der nun gebildeten VBH-Fraktion gewählt und behielt dieses Amt bis zur Bürgerschaftswahl 1949.
Vom 1. September 1948 bis zum 23. Mai 1949 war er neben Adolph Schönfelder eines der beiden von der Hamburgischen Bürgerschaft entsandten Mitglieder des Parlamentarischen Rates. In den Beratungen über das Grundgesetz sprach er sich gegen die verfassungsrechtliche Abschaffung der Todesstrafe aus.
Sein Sohn Alfred gehörte von 1953 bis 1986 ebenfalls der Bürgerschaft an. Sein Onkel Charles Ami de Chapeaurouge war von 1869 bis 1892 Hamburger Senator.
Paul de Chapeaurouge wurde auf dem Familiengrab Jacques Henri de Chapeaurouge, Friedhof Ohlsdorf in Hamburg, Planquadrat Q 25 (nördlich Wasserturm), beigesetzt.
Öffentliche Ämter
Vom 18. März 1925 bis zum 6. März 1933 gehörte de Chapeaurouge dem Hamburger Senat an. Er war dort für das Ressort Hochschule und Wissenschaft zuständig. Nach dem Rücktritt des sozialdemokratischen Polizeisenators Adolph Schönfelder am 3. März 1933 übernahm er auch dieses Amt. Bereits drei Tage später trat er jedoch verärgert aus dem Senat zurück, nachdem die Polizeigewalt durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick an den SA-Standartenführer Alfred Richter übertragen worden war. Neben dieser Brüskierung war für den Rücktritt auch maßgeblich, dass de Chapeaurouge den Rückhalt in der DVP verloren hatte, weil er in der immer weiter nach rechts driftenden Partei inzwischen als linker Flügelmann galt.
Als Hochschulsenator sprach er sich bereits 1929 in der Schrift „Für und wider die Akademische Stadt“ dafür aus, das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv zu verselbständigen und in eine Stiftung zu überführen.
Auszeichnungen
- 1951: Bürgermeister-Stolten-Medaille des Hamburger Senats
- 1952: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland[1]
- 1952: Ehrensenatorenwürde der Universität Hamburg[2]
Veröffentlichungen
- Staatliche Neubautätigkeit in Hamburg nach dem Kriege. Handfeste-Verlag, Hamburg 1926.
- Für und wider die Akademische Stadt. Beilage in Hamburgischer Correspondent vom 1. Januar 1929.
Literatur
- Helmut Stubbe da Luz: Chapeaurouge, Paul de. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 5. Wallstein, Göttingen 2010, ISBN 978-3-8353-0640-0, S. 80–82.
- Helmut Stubbe da Luz: Die Politiker Paul de Chapeaurouge, Rudolf Petersen, Kurt Sieveking. Hamburg 1990, ISBN 3-923356-39-0.
- Michael F. Feldkamp: Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Die Entstehung des Grundgesetzes. (= Sammlung Vandenhoeck), Göttingen 1998.
- Christof Brauers: Die FDP in Hamburg 1945 bis 1953–Start als bürgerliche Linkspartei. Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München 2007, ISBN 978-3-89975-569-5.
Weblinks
- Literatur von und über Paul de Chapeaurouge im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Paul de Chapeaurouge in der Pressemappe 20. Jahrhundert der ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft
- Erhard H.M. Lange: Paul de Chapeaurouge (CDU). In: bpb.de. Bundeszentrale für politische Bildung, 1. September 2008, abgerufen am 29. April 2015.
- Andreas Grau: Paul de Chapeaurouge (1876–1952): Notar, Hamburg. (PDF) In: kas.de. Konrad Adenauer Stiftung, abgerufen am 29. April 2015.
Einzelnachweise
- „Hamburger Rundblick“, in Hamburger Abendblatt vom 1. Februar 1952, abgerufen am 4. Juli 2020.
- Ehrensenatorinnen und Ehrensenatoren der Universität Hamburg (Memento vom 4. Dezember 2016 im Internet Archive)