Paul Germann
Paul Germann (geb. 12. Februar 1884 in Sargstedt (bei Halberstadt); gest. 1966 ebenda) war ein deutscher Kunsthistoriker und Anthropologe,[1] der zu Afrika forschte. Er zählt zu den zentralen Figuren der deutschen Kolonialforschung in der Zeit des Nationalsozialismus.[2]
Biografie
Germann hörte an den Universitäten von Freiburg, Jena und Leipzig. Völkerkunde studierte er in Leipzig und Jena. Zu seinen Lehrern zählten Schmarsow (Kunstgeschichte), Weule (Anthropologie), Wundt und Lamprecht. Seit 1909 war er am Leipziger Museum für Völkerkunde tätig, dessen Afrikanische Abteilung ihm später übertragen wurde. Er nahm 1913 als Vizechef der Deutschen Inner-Afrikanischen Forschungsexpedition (D.I.A.F.E.) unter Leo Frobenius an dessen Expedition in die Atlasländer teil. Vom Staatlichen Forschungs-Institut sowie von den Museen für Völkerkunde in Berlin und Leipzig wurde ihm 1928/1929 die Leitung einer Expedition in das Hinterland von Liberia übertragen.[3] Er ist Verfasser zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen. In der von dem deutschen Ethnologen Hans Plischke (und späteren NSDAP-Funktionär) begründeten und ab 1922 herausgegebenen Buchreihe Alte Reisen und Abenteuer (die in Leipzig bei F. A. Brockhaus erschien) betreute er die Bände Vom Gambia zum Niger (Mungo Park) und Reise zum Vorgebirge der Guten Hoffnung (Peter Kolb).
Die Historikerin Marlite Halbertsma urteilt über Germann:
„Die Überlegenheit der abendländischen Kultur war für ihn selbstverständlich, schloß aber Bewunderung und Interesse für die afrikanische Kultur nicht aus.[4]“
Publikationen (Auswahl)
- Die afrikanische Kunst, in: A. Springer (Hg.), Handbuch der Kunstgeschichte, Bd. 6: Die außereuropäische Kunst, Leipzig 1929, S. 551–589.
- Die Völkerstämme im Norden von Liberia: Ergebnisse einer Forschungsreise im Auftrage des Staatlich-Sächsischen Forschungsinstitutes für Völkerkunde in Leipzig in den Jahren 1928/29. Leipzig : Voigtländer, 1933 (Veröffentlichungen des Staatlich-Sächsischen Forschungsinstitutes für Völkerkunde in Leipzig, Erste Reihe: Ethnographie und Ethnologie, Bd. 11).
- Die Grundlagen der afrikanischen Kultur. Leipzig : Volk u. Buch Arbeitsgruppe G. Mindt,[5] 1948 (Die Humboldt-Bücherei, Bd. 4).
- Beiträge zur afrikanischen Kunst. Berlin: Akademie-Verl., 1958, 3., unveränd. Aufl.
- Afrikanische Kunst, in: Koloniale Völkerkunde, Koloniale Sprachforschung, Koloniale Rassenforschung: Berichte über die Arbeitstagung im Januar 1943 in Leipzig, mit Beiträgen von Hermann Baumann [u. a.]. Berlin : D. Reimer. 1943. Beiträge zur Kolonialforschung; Tagungsbd. 1 (Inhaltsverzeichnis).
- Artikel: Afrikanische Wurfeisen und Wurfhölzer im Völkerkundemuseum zu Leipzig. In: Jahrbuch des Städtischen Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Bd. 8, 1918/21(1922), S. 41–50.
Siehe auch
Literatur
- Marlite Halbertsma: Fremde Welten und vertraute Methoden: die deutsche Weltkunstforschung des frühen 20. Jahrhunderts, Bd. 31 Nr. 2 (2003): kritische berichte (Online verfügbar am 18. März 2021)
- Horst Junginger: Völkerkunde und Religionswissenschaft, zwei nationalsozialistische Geisteswissenschaften? – publikationen.uni-tuebingen.de
Weblinks
- Paul Germann (Christine Seige)
Einzelnachweise und Fußnoten
- Die DNB führt außerdem „Kameramann“ und „Tontechniker“ als Berufsbezeichnungen auf.
- vgl. z. B. seinen Beitrag „Afrikanische Kunst“ (S. 71 ff.) und die der anderen Beitragenden im Bericht über die Arbeitstagung im Januar 1943 in Leipzig (Beiträge zur Kolonialforschung, Tagungsband, 1943, mit Beiträgen v. Hermann Baumann u. a. – Inhaltsverzeichnis). – Zu dieser Leipziger Veranstaltung vgl. Horst Junginger, S. 62.
- Vgl. die biographische Notiz in seiner Nachkriegspublikation Die Grundlagen der afrikanischen Kultur (1948).
- Marlite Halbertsma, S.35.
- vgl. Mindt, Gerhard, Buchhändler, Soldat, Bild-Verlag, später „Volk und Buch“ Verlag G.m.b.H., Arbeitsgruppe Gerhard Mindt, Leipzig