Patrizio Bertelli
Patrizio Bertelli (* 6. April 1946 in Arezzo, Italien) ist ein italienischer Unternehmer, Ehemann von Miuccia Prada und CEO des Modekonzerns Prada.
Leben
Patrizio Bertelli stammt aus einer toskanischen Rechtsanwalts-Familie. Als er sechs Jahre alt war, starb sein Vater im Alter von 39 Jahren.[1] Er wurde von seiner Mutter, einer Lehrerin, großgezogen. Schon früh zeigte sich ein gewisses Talent für Zeichnen und Malen. 1967 gründete Bertelli im Alter von 21 Jahren in seiner Heimatstadt Arezzo eine Lederwaren-Fabrik namens Sir Robert.[2] Er gab Ende der 1960er Jahre sein begonnenes Ingenieurs-Studium an der Universität von Bologna ohne Abschluss auf, um damals hochmodische Ledergürtel für Herren zu produzieren. Innerhalb von knapp 10 Jahren entwickelte sich das Unternehmen zu einem mittelständischen Hersteller von Gürteln sowie Taschen mit 30 Mitarbeitern und firmierte als I Pellettieri d’Italia.[3] 1977 lernte der völlig unbekannte Gürtelfabrikant auf einer Mode-Messe in Mailand Miuccia Prada, eine Tochter aus bester Mailänder Familie, kennen. Bertelli hatte Designs aus dem Hause Prada kopiert und somit die, zunächst negative, Aufmerksamkeit der zukünftigen Firmenerbin auf sich gezogen.[4] Dennoch trat Miuccia Prada mit Bertelli zunächst als Zulieferer für den elterlichen Betrieb geschäftlich in Kontakt, zog nach zwei Jahren mit ihm zusammen und heiratete ihn schließlich 1987.[5]
Die Familie Prada-Bertelli lebt heute mit ihren zwei Söhnen, Lorenzo (* 1988), einem erfolgreichen Rallyefahrer, und Giulio (* 1991), in der Mailänder Stadtwohnung der Pradas.
Bertelli ist eigentlich Linkshänder, wurde aber aus gesellschaftlichen Gründen als Rechtshänder erzogen. Er hat eine Vorliebe für Autos und besitzt einige Porsche-Modelle. Er ist begeisterter Hobby-Koch und leidenschaftlicher Restaurant-Besucher.[6] Bei den Journalisten ist Bertelli wegen seiner cholerischen Ausbrüche gefürchtet. Er gilt als charismatisch, fachlich kompetent, unermüdlich, anspruchsvoll und aufbrausend.[7] Wenn seine Frau Miuccia, mit welcher er oftmals lautstarke Diskussionen führt, über ihn spricht, redet sie nicht von "Patrizio", sondern von "Bertelli".[8][9] Die deutsche Designerin Jil Sander, deren Unternehmen von 1999 bis 2006 im Besitz der Prada-Gruppe war, kam mit dem Temperament Bertellis nicht zurecht und beendete die Zusammenarbeit nicht nur ein-, sondern gleich zweimal im Streit.[10] Auch der österreichische Designer Helmut Lang verließ 2005 sein Unternehmen, nachdem es 1999 von Prada gekauft worden war. Allerdings waren, nachdem Bertelli die Marken Jil Sander und Helmut Lang schließlich mit Verlusten weiterveräußert hatte, Pradas ehemals größte Konkurrenten auch ihrer Gründer/Designer beraubt.
Im Jahr 1997 gründete der passionierte Segler Bertelli das Yachtsyndikat Luna Rossa Challange, um den America’s Cup zu gewinnen.[11] In den Jahren 2000 bis 2013 trat das Team Luna Rossa vier Mal beim America’s Cup als Herausforderer an, ohne den Pokal zu gewinnen. Im Jahr 2000 schaffte es Luna Rossa aber nach dem Gewinn des Louis Vuitton Cup bis in die Final Series.[12]
Prada
Ab 1979 baute Bertelli den kleinen, etwas angestaubten, Ledertaschen- und Kofferhersteller Prada, den seine Frau geerbt hatte, zu einem internationalen Modekonzern aus.[13] Bertelli gilt als der Macher hinter der Marke Prada, während seine Frau für das Design und die Ästhetik zuständig ist.[14] Die Kombination der beiden Charaktere macht die Marke Prada aus. Bertelli überredete Miuccia Prada 1986 zur Ansiedlung einer Prada-Boutique in New York City, drängte 1988 auf das Lancieren von Prada-Damenmode und schließlich 1993 von Prada-Herrenbekleidung.[15] Gegen Ende der 1990er verfolgte Bertelli mit Prada eine massive Akquisitions-Strategie und kaufte unter Anhäufung immenser Schulden ganze Unternehmen bzw. Anteile an Unternehmen wie Fendi, Gucci, Helmut Lang, Jil Sander und andere, um sie zwecks internationaler Wettbewerbsfähigkeit in den Prada-Konzern zu integrieren.[16] Die meisten Firmen-Käufe mussten später, oftmals unter Verlust, wieder verkauft werden. Im Rückblick bezeichnet Bertelli diese Strategie als Fehler, auch wenn sie zur damaligen Zeit plausibel schien. Dennoch veränderte Bertelli das Unternehmen in dieser Zeit von einem Betrieb mit zweistelligem Millionen-Umsatz in einen milliardenschweren Global Player.[17][18] Nach mehreren vergeblichen Anläufen platzierte Bertelli das Unternehmen Prada im Juni 2011 an der Hong Konger Börse.[19]
Weblinks
- Andre Tauber: Das Raubein. In: WamS. 14. Oktober 2012.
Einzelnachweise
- SZ-Magazin Nr. 18, 30. April 2015, S. 37.
- Prada Goes Shopping, CNN Money (engl.), 27. September 1999
- The House of Prada, Forbes, 15. September 2003
- Prada Goes Shopping, CNN Money (engl.), 27. September 1999
- Miuccia Prada, Deutsche Vogue, abgerufen: 28. September 2010
- Ein Stich ins Schräge, Die Zeit, November 1997
- Vita Prada! (Memento vom 10. September 2012 im Webarchiv archive.today), Hype Magazine, 12. Januar 2010
- Miuccia Prada, Amica, abgerufen: 28. September 2010
- Gestatten, Herr Prada, Focus, 17. März 2003
- Jil Sander - An die Mode-Kette gelegt, FAZ, 25. März 2009
- Porträt Bertelli: Website: Americas Cup Hall of Fame (englisch), Abgerufen am 31. August 2015
- Italian Bid for Top Title Blends Passion With Optimism, New York Times (engl.), 5. Juni 2007
- Prada - Das Imperium der Miuccia Prada, Manager-Magazin, 14. Dezember 2001
- Smart Sex, W Magazine (engl.), September 2009
- Miuccia and Me, Wall Street Journal (engl.), 11. März 2010
- Wölfe im Kaschmirpelz, Der Spiegel, 23. August 1999
- Modeunternehmen: Nicht nur der Teufel trägt Prada, FAZ
- Modewelt: Vom Laufsteg auf das Börsenparkett S.2 FAZ.net
- Glanzloser Börsengang von Prada, manager-magazin.de, 24. Juni 2001