Ouranopithecus turkae
Ouranopithecus turkae ist eine ausgestorbene Art der Primaten aus der Gattung Ouranopithecus, die während des späten Miozäns in der Türkei vorkam. In Zentralanatolien, am nordöstlichen Rand des Çankırı-Beckens entdeckte Fossilien, die zu dieser Art gestellt wurden, datierten ihre Entdecker im Jahr 2007 anhand von biostratigraphischen Analysen in die Zeit vor rund 9 bis 7 Millionen Jahren.[1]
Ouranopithecus turkae | ||||||||||||
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Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
spätes Miozän | ||||||||||||
8,7 bis 7,4 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Ouranopithecus turkae | ||||||||||||
Güleç et al. 2007 |
Die genaue Einordnung von Ouranopithecus turkae in den Stammbaum der Menschenaffen ist ungeklärt.
Namensgebung
Die Bezeichnung der Gattung Ouranopithecus ist abgeleitet von altgriechisch Οὐρανός Ouranos, deutsch ‚Himmel‘ und πίθηκος píthēkos, deutsch ‚Affe‘. Das Epitheton turkae verweist auf den Fundort in der Türkei. Ouranopithecus turkae bedeutet folglich sinngemäß ‚Himmelsaffe aus der Türkei‘. Laut Erstbeschreibung[2] ist die Bezeichnung der Gattung jedoch abgeleitet « du grec ‚ouranos‘ = pluie », also von ‚Regen‘, was Bezug nimmt auf die Fundstelle des ersten Fossils der Gattung, die von den französischen Ausgräbern Ravin de la Pluie ‚Regenschlucht‘ benannt wurde. Diesem Hinweis zufolge hätte die Gattung folglich offenbar als ‚Regenaffe‘ bezeichnet werden sollen.
Erstbeschreibung
Als Holotypus von Ouranopithecus turkae wurde in der Erstbeschreibung[1] durch Erksin Savas Güleç et al. das Fragment eines Oberkiefers mit 13 erhaltenen Zähnen eines erwachsenen Individuums ausgewiesen (Archivnummer CO-205). Als Paratypen wurden dem Holotypus der teilweise bezahnte Unterkiefer eines jugendlichen Individuums (CO-300) und ein gleichfalls teilweise bezahntes Fragment des Unterkiefers eines erwachsenen Individuums (CO-710) von der gleichen Fundstelle beigegeben. Alle drei Fossilien werden in der Universität Ankara aufbewahrt.
Merkmale und Habitat
Die Körpergröße von Ouranopithecus ist vergleichbar mit der von weiblichen Gorillas. In der Erstbeschreibung von Ouranopithecus turkae werden die unterschiedlich großen Kiefer der Fundstücke als Zeichen eines möglichen Sexualdimorphismus gedeutet. Das Habitat wurde aufgrund der Begleitfunde als savannen-artig interpretiert, das heißt als Grasland mit lockerem, teilweise – belegt durch Schlank- und Stummelaffen sowie Meerkatzenverwandte – aber auch dichterem Baumbestand.
Verwandtschaftliche Nähe zu anderen Arten
In der Erstbeschreibung wurde erörtert, dass die schon länger aus Griechenland bekannte und auf ein Alter von 9,6 bis 8,7 Millionen Jahre[3] datierte Schwesterart Ouranopithecus macedoniensis aufgrund von Merkmalen der Zähne wiederholt als möglicher Vorfahre von Australopithecus interpretiert worden sei. Die Bearbeiter der Fossilien von Ouranopithecus turkae kommen jedoch zu dem Schluss, dass dessen Bezahnung im Unterschied zu Orrorin, Ardipithecus, Sahelanthropus und den Arten der Gattung Australopithecus an eine hartfaserige, abrasive Nahrung angepasst war. Daher könne Ouranopithecus nicht der direkten Vorfahrenlinie der Schimpansen und der Hominini zugeordnet, sondern müsse als zeitlich parallele Gattung zu dieser Entwicklungslinie interpretiert werden; die Merkmalsähnlichkeiten von Ouranopithecus turkae und den späteren Australopithecinen werden somit als konvergent interpretiert.
Von einigen Forschern war die Gattung Ouranopithecus nach deren Erstbeschreibung Ende der 1970er-Jahre zunächst in den Formenkreis von Sivapithecus und somit zeitweise in die verwandtschaftliche Nähe der Orang-Utans gerückt worden.[4] Die Abgrenzung von Ouranopithecus und Graecopithecus ist gleichfalls umstritten; ein Teil der Fachautoren vertritt die Auffassung, dass Ouranopithecus die nordgriechische Variante des im Süden Griechenlands entdeckten Graecopithecus freybergi sei;[5][6] die Art Graecopithecus freybergi war 1972 anhand eines einzelnen Unterkiefers[7] von Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald definiert worden.
Ähnliche Merkmale wie Ouranopithecus weist die nahezu gleich alt datierte, in Kenia entdeckte Gattung Nakalipithecus auf.
Belege
- Erksin Savas Güleç, Ayla Sevim, Cesur Pehlevan und Ferhat Kaya: A new great ape from the late Miocene of Turkey. In: Anthropological Science. Band 115, Nr. 2, 2007, S. 153–158, doi:10.1537/ase.070501.
- Louis de Bonis und Jean Melentis: Un nouveau genre de Primate hominoïde dans le Vallésien [Miocène supérieur] de Macédoine. In: Comptes Rendus de l’Académie des Sciences, Paris. Band 284, Nr. 15 [Série D], 1977, S. 1396, Anmerkung 6.
- Raymond L. Bernor: New apes fill the gap. In: PNAS. Band 104, Nr. 50, 2007, S. 19661–19662, doi:10.1073/pnas.0710109105.
- Peter Andrews und İbrahim Tekkaya: A revision of the Turkish Miocene hominoid Sivapithecus meteai. In: Palaeontology. Band 23, 1980, S. 85–95.
- George D. Koufos und Louis de Bonis: The Late Miocene hominoids Ouranopithecus and Graecopithecus. Implications about their relationships and taxonomy. In: Annales de Paléontologie. Band 91, Nr. 3, 2005, S. 227–240, doi:10.1016/j.annpal.2005.05.001.
- David W. Cameron: The taxonomic status of Graecopithecus. In: Primates. Band 38, Nr. 3, 1997, S. 293–302, doi:10.1007/BF02381616.
- Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald: Ein Unterkiefer eines fossilen Hominoiden aus dem Unterpliozän Griechenlands. In: Proceedings of the Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen. Series B, Band 75, 1972, S. 385–394.